EM

Der Fehler liegt im System

Thomas Müller musste nach Mario Gomez' Verletzung den Stoßstürmer geben
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft hat den EM-Titel durch das Halbfinal-Aus gegen Frankreich verpasst. Die Europameisterschaft offenbarte, was dem DFB-Team abhanden gekommen ist: Torgefahr. Der Fehler liegt im System. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Benedikt Treuer.

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Den Gegner tief in seine Hälfte gedrückt, das eigene Spiel extrem stimmig in seinen Abläufen. Auch ohne die Invaliden und den gesperrten Mats Hummels zeigte das DFB-Team im EM-Halbfinale seine Stärken.

Und seine Schwächen: Was fehlte, war das Tor.

Von den Spielanteilen her habe man gewinnen müssen, befand Oliver Bierhoff. Seine Aussage verdeutlicht, welche Entwicklung der deutsche Fußball in den vergangenen Jahren genommen hat - und woran es ihm mangelt.

Torjäger in Kaderarchitektur außen vor

Bundestrainer Joachim Löw wird seit Jahren nicht müde zu betonen, welch großen Gefallen er an technisch starken, flexibel einsetzbaren Spielern hat. Mario Götze war dahingehend lange ein Paradebeispiel, ähnlich Mesut Özil und der verletzte Marco Reus. Julian Draxler ist die neue Generation dieses Schlags. Löws Kaderarchitektur ist auf diese Spielertypen ausgerichtet. Ballbesitz und Kontrolle sind das Credo.

Dabei blieb die wichtigste Eigenschaft einer Fußballmannschaft auf der Strecke: das Toreschießen.

Aufgabe eines wichtigen Spielertypus

Die EM 2016 ist keinesfalls das erste große Turnier, bei dem Chancenerarbeitung beziehungsweise -verwertung zentrale Themen rund um die deutsche Nationalmannschaft sind. Selbst in der EM-Quali waren sie ständige Wegbegleiter: Nur 24 Tore schoss Deutschland, davon 15 gegen Georgien und Gibraltar. Das DFB-Team verlor gegen Polen und Irland. Bei der EM? Kein Sieg in der regulären Spielzeit gegen Polen, Italien und Frankreich, dabei in diesen drei Spielen enorme Schwierigkeiten in der Offensive.

Das Problem geht so weit, dass es die spielstärkste Mannschaft des Turniers um ihren Erfolg bringt. Der Mangel an Durchschlagskraft und die Abkehr von echten Torjägern ist für das Aus verantwortlich.

Seit dem Rücktritt Miroslav Kloses aus der Nationalmannschaft ist die Thematik präsenter denn je. Viel wurde in den letzten Jahren über falsche Neunen debattiert. Spieler, die nicht nur den klassischen Strafraumstürmer verkörpern, sondern vor allem mit ihrer Kreativität zwischen den Räumen aktiv sind.

Nur: Warum hat Deutschland überhaupt aufgehört, den Spieltypen Klose als wichtig zu empfinden?

Ballbesitz braucht ein Ziel

Dem DFB-Team fehlt mindestens eine weitere Spitze. Mit Gomez' Ausfall wurde der Adler kopflos. Fünf Offensiven an vorderster Front fehlte eine Wand, die ihnen Bälle ablegte - oder sich selbst im entscheidenden Moment richtig im Strafraum postierte. Der deutschen Mannschaft fehlte Instinkt.

Neben der Technikschule muss der DFB den Abschluss viel stärker in den Mittelpunkt rücken. Es ist eine Aufgabe, die Hansi Flick langfristig und Löw schon in den kommenden zwei Jahren bis zur WM in Russland angehen müssen.

Der Fußball des DFB ist ansehnlich. Was fehlt, ist Torgeilheit. Das muss nicht zwangsläufig der Stoßstürmer im klassischen Sinne sein. Griezmann ist das beste Beispiel: Der Franzose ist nicht der typische Strafraumstürmer. Doch er strahlt Torgefahr aus, wo immer er ist. Solche Spielertypen braucht Deutschland.

Deutschland - Frankreich: Die Statistik zum Spiel

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