"Ich fühlte mich beim BVB nirgends zugehörig": Luca Unbehaun im Interview über seine Karriere bei Borussia Dortmund

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Luca Unbehaun spielte sieben Jahre lang für Borussia Dortmund und wechselte im vergangenen Sommer zum Drittligisten SC Verl. Im Interview spricht der 22-Jährige ausführlich über seinen Werdegang beim BVB, düstere Gedanken, Jude Bellingham und Erling Haaland und erklärt, weshalb er die Westfalen verließ.

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Herr Unbehaun, Sie wechselten einst mit 15 zur Saison 2016/17 vom VfL Bochum in die U17 des BVB. Bereits ein Jahr später gewannen Sie mit der B-Jugend die deutsche Meisterschaft, was Ihnen auch 2019 mit der Dortmunder U19 gelang. Am Ende sind Sie sieben Jahre bei der Borussia geblieben. Wie nah standen Sie damals schon vor einem Abgang, nachdem Sie ja mit guten Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hatten?

Luca Unbehaun: Ich hatte einige Angebote, über die man hätte nachdenken können. Den BVB habe ich aber sehr schnell ins Herz geschlossen. Ich habe dort nach meinem Wechsel fast mein gesamtes Leben verbracht und kannte alles. Daher war es lange nicht in meinem Kopf, einen solchen Klub zu verlassen.

Im März 2019 belohnte Sie der Verein mit einem Profivertrag bis 2022. Inwiefern veränderte sich dadurch auch Ihr Leben?

Unbehaun: In meinen Augen bin ich derselbe geblieben und nicht abgehoben. Das zeigt sich ja vielleicht auch daran: Meine Mama verwaltet bis heute mein Konto - zum Glück. (lacht) Es hält einen auch auf dem Boden, wenn man unter der Woche noch bei Manchester City in der Champions League auf der Bank sitzt, ein paar Tage später dann aber gegen - natürlich nicht despektierlich gemeint - den FC Wegberg Beeck antritt.

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Wurden Sie nun häufiger in der Öffentlichkeit erkannt?

Unbehaun: Anfangs war es noch sehr ruhig. Das wurde nach rund einem Jahr schwieriger. Auszugehen und nicht mehr erkannt zu werden, das ist gerade in einer fußballverrückten Stadt wie Dortmund schwer möglich. Ich habe daher auch mit einigen Profis darüber gesprochen und mir Ratschläge eingeholt. Nach gewisser Zeit häuften sich schon Momente, die eher unangenehm waren. Wenn man mit seinen Eltern Essen geht und merkt, dass jemand vermeintlich heimlich Fotos von einem macht, ist das nicht so toll.

Sie sollen sich bei der Unterschrift unter den Profivertrag gegen eine finanziell lukrativere Offerte von RB Leipzig entschieden haben. Stimmt das?

Unbehaun: Ja. Leipzig hatte angefragt, aber das wäre für dieselbe Position wie in Dortmund gewesen. Daher kam das für mich nicht in Frage.

Nur ein paar Wochen nach der Vertragsunterzeichnung zogen Sie sich eine schwere Knieverletzung zu. Sie mussten operiert werden und feierten erst zehn Monate später Ihr Comeback. Es hieß, dass die Blessur zunächst falsch diagnostiziert wurde und sich daher der Heilungsprozess in die Länge zog.

Unbehaun: Das stimmt nicht. Zur Erklärung muss ich ins Jahr 2018 zurückgehen: Ich war damals schon in der U19, hatte mich nach Saisonende aber breitschlagen lassen, noch das Meisterschafs-Halbfinale für die U17 zu spielen. Im Hinspiel habe ich erstmals die Knieprobleme bekommen. Man sagte mir, dass da etwas Flüssigkeit sei, aber nichts kaputt ist und es mich nicht beeinträchtigen würde. Durch Behandlungen ging das auch weg, kam in der Rückrunde der folgenden Saison bei höheren Belastungen aber leider zurück.

Um welche Problematik handelt es sich genau?

Unbehaun: Der Knorpel im linken Knie war zum Teil abgebrochen. Das hat schließlich auch den Meniskus angegriffen. Ich ging erneut ins MRT, hätte die Schmerzen aber aushalten und auch spielen können, wenn es nach meinem Gefühl gegangen wäre. Die Ärzte habe mich aber zum Glück in meinem Eifer gebremst und eine OP empfohlen, weil es weitaus schlimmer werden konnte, wenn noch einmal etwas passiert. Nach der OP bekam ich aber doch wieder Schmerzen. Daher verzögerte sich das alles. Wir haben das Knie in aller Ruhe wieder aufgebaut.

Sie hatten gerade erst den Profivertrag erhalten, mussten den schwierigen Übergang vom Junioren- in den Seniorenbereich bewältigen und waren Stammkeeper der zweiten Mannschaft in der Regionalliga West - diese Verletzung kam zur absoluten Unzeit, oder?

Unbehaun: Ich hätte mir keinen schlimmeren Zeitpunkt aussuchen können. Gerade hatte ich das Gefühl, dass ich in meiner Entwicklung vorwärtskomme. Plötzlich wurde ich so zurückgeworfen. Das war echt sehr hart für mich. In den ersten rund zwei Monaten bin ich in ein Loch gefallen. Da ich damals noch im Internat wohnte und man irgendwann ja auch allein auf seinem Zimmer ist, hatte ich schon düstere Gedanken und keinen Bock mehr.

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Nachdem Sie wieder genesen waren, bestritten Sie noch ein paar Partien, ehe die Corona-Pandemie den Spielbetrieb lahmlegte. Trotzdem folgte kurz darauf ein Highlight für Sie: Am 20. Juni 2020 standen Sie am 33. Spieltag beim Auswärtsspiel in Leipzig erstmals im Bundesligakader der Profis. Wie haben Sie davon erfahren?

Unbehaun: Im Quarantäne-Hotel hat mir Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber gesagt, dass Marwin Hitz nicht rechtzeitig fit wird und ich mitkommen werde. Da habe ich vor Freude natürlich direkt alle Freunde und Familienmitglieder angerufen. Den gesamten Ablauf rund um ein Bundesligaspiel mitzuerleben, war beeindruckend und etwas ganz anderes, als nur mit den Profis zu trainieren.

Was meinen Sie dabei konkret?

Unbehaun: Zum ersten Mal mit dem Flugzeug zu einem Spiel zu fliegen, im Hotel ein Einzelzimmer und unfassbar gutes Essen von den Köchen zu bekommen, dann das Warmmachen vor Anpfiff, überhaupt so nah dabei zu sein - das war Wahnsinn für mich. Während des Spiels habe ich schon mal kurz gedacht: Wenn jetzt irgendwas passiert, dann musst halt echt du rein. Einfach eine krasse Nummer.

Wie war es denn grundsätzlich, das erste Mal zu den Profis zu kommen?

Unbehaun: Überragend! Das war im Sommer-Trainingslager. Da habe ich mich ganz still irgendwo hingestellt, weil ich nicht wusste, wohin ich mich setzen darf. Ich habe meine Klappe gehalten und so trainiert, wie es mir gesagt wurde. Ich habe auch erst später so richtig verstanden, dass du auch achtmal Meister in der Jugend werden kannst - im Profibereich bringt dir das genau gar nichts. Da startet man von Null und merkt das auch relativ zügig.

Zu jener Zeit war Lucien Favre der Coach der Profis und Sie dort offiziell Torwart Nummer vier. Wie sah der Austausch mit Favre aus oder bekamen Sie nur Rückmeldung von Kleinsteiber?

Unbehaun: Nein, Favre hat mich oft zur Seite genommen. Wenn ich bei Spielformen etwas gemacht habe, was zwar geklappt hat, man aber auch hätte anders machen können, zeigte er mir das sofort auf. Auch nach dem Training kam er oft zu mir und ging die einzelnen Dinge nochmal durch. Er gab mir vor allem für das Spielerische viele Tipps. Ich weiß auch noch: Als er zum BVB kam, war ich am Ende meiner Reha und lief Runden. Meine Kondition war so gut, dass ich fast gerannt bin und nicht wirklich müde wurde. Dort begegnete ich ihm erstmals. Er fragte, wie schnell ich denn gerade laufe und ob ich kaputt bin. Ich habe verneint und ihm meine Uhr gezeigt. Er sagte nur: 'Das ist echt sehr schnell.' (lacht)

In der zweiten Mannschaft verfuhr der BVB ab der Saison 2018/19, als man Eric Oelschlägel verpflichtete und diesen zwei Jahre später durch Stefan Drljaca ersetzte, mit dem Modell, dass diese beiden sich mit Ihnen zwischen den Pfosten abwechselten. Dennoch erhielten Sie die Mehrzahl an Einsätzen. Wie wurde dieses Vorgehen vom Verein begründet?

Unbehaun: Gar nicht. Nach der Rückkehr von meiner Verletzung fuhren Eric und ich mit ins Profi-Trainingslager nach Marbella. Dort hat uns Sebastian Kehl gesagt, dass sich hier entscheiden würde, wer von uns beiden spielt. Das war schließlich ich. Als Stefan kam, war es mehr ein Zweikampf. Dann wurde der Torwart regelmäßiger nach ein paar Spielen getauscht.

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Hätten Sie sich denn ein anderes Modell gewünscht, in dem Sie die unumstrittene Nummer eins gewesen wären?

Unbehaun: Ich war jedenfalls kein Freund davon, wenn ich ehrlich bin. Man kommt nie wirklich in seinen Spielrhythmus hinein. Ich merke das auch jetzt wieder: In Verl bin ich die klare Nummer eins, meine ersten Spiele waren aber aufgrund meiner langen Abwesenheit absolut kacke. Das hat sich nach einer Weile richtig stabilisiert. Auch für eine Mannschaft ist es nicht so leicht, sich alle paar Spiele wieder auf einen neuen Torhüter einzustellen.

Im Jahr 2021 wurden Sie mit einem Wechsel zu Union Berlin und der TSG Hoffenheim in Verbindung gebracht. Wie sehr haben Sie sich während dieser Zeit mit einem Tapetenwechsel beschäftigt?

Unbehaun: Einige Male habe ich schon darüber nachgedacht, ob das Sinn ergibt. Es gab interessierte Vereine, doch da wurde aufgrund meiner Vertragslaufzeit nie etwas total konkret. Dazu sind wir mit der U23 in die 3. Liga aufgestiegen. Dort wollte ich Spielpraxis sammeln, anstatt woanders wieder bei Null zu starten.

Wie groß war in dieser Phase die Hoffnung, es irgendwann auf Dauer zu den Profis zu schaffen?

Unbehaun: Ich habe stets darauf hingearbeitet, im Tor der ersten Mannschaft zu stehen. Nachdem wir mit der U23 aufgestiegen sind, holte der Verein Gregor Kobel. Man merkte sehr schnell, dass der nicht ganz so schlecht ist. (lacht) Ich habe daher gedacht: Das könnte jetzt schwierig werden. Trotzdem hatte ich auf jeden Fall den großen Wunsch, dann eben zur Nummer zwei zu werden.

Wie realistisch hatten Sie es zwischenzeitlich eingeschätzt, ein Pflichtspiel für die Profis zu bestreiten - vielleicht auch einfach als Anerkennung? Zum Beispiel unter Marco Rose am 33. Spieltag der Saison 2021/22 gegen Greuther Fürth, als Kobel verletzt war.

Unbehaun: Bei diesem Spiel habe ich mir schon Chancen ausgerechnet. Auch weil mich vorher viele in der Mannschaft gefragt haben, ob ich fit fürs Wochenende bin. Erling Haaland meinte zum Beispiel, dass er das nicht zum Spaß fragt, weil er mir eine richtig gute Form bescheinigte. Er hat es am Ende freilich nicht entschieden. Wenn du aber mehrfach diese Bestätigung bekommst und auch dein Gefühl dir sagt, dass du es verdient hättest, dann malt man sich etwas aus. Ich war ein bisschen enttäuscht, dass sich anders entschieden wurde. Zumal keiner mit mir sprach, warum das so geschehen ist. Ich glaube vielmehr, dass ein Einsatz von mir gar nicht wirklich in Frage kam.

Eine Woche später gegen Hertha BSC erhielt dann Roman Bürki sein Abschiedsspiel. Wie haben Sie ihn erlebt, nachdem er aufs Abstellgleis geschoben wurde und nur noch auf der Tribüne saß?

Unbehaun: Ich hatte zu ihm ein sehr gutes Verhältnis. Ich kann mir denken, was in ihm vorging. Im Training hat er immer alles gegeben, zu jeder Zeit war er ein Vollprofi. Das war sehr beeindruckend und hat mir später enorm geholfen, als ich bei der U23 eine ähnliche Situation durchmachen musste.

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Mit welchem Profi sind Sie am besten zurechtgekommen?

Unbehaun: Ich kann jetzt keinen nennen, der mein enger Kumpel wurde. Verstanden habe ich mich mit allen ziemlich gut. Ich würde Jude Bellingham nennen, weil wir uns gerade nach dem Training noch einige Privat-Duelle geliefert haben. Ob das klassisches Elfmeterschießen war oder dass ich ihm den Ball zuspiele, er zwei Kontakte nimmt und dann schießt. Das hat immer viel Spaß gemacht.

Welchen Eindruck hatten Sie von Bellingham, den ja eine gewisse Frühreife ausgezeichnet hat?

Unbehaun: Es war absolut erstaunlich, wie schnell und mit welchem Eifer er in die Rolle als dritter Kapitän geschlüpft ist. Trotzdem war er total nahbar und hat sich innerhalb der Kabine nie als etwas Besseres gefühlt. Immer Vollgas, das war Jude.

Vollgas kennt man auch von Haaland.

Unbehaun: Er hatte den härtesten Schuss von allen. Der hat mir mal ein Ding volley um die Ohren gefeuert, danach habe ich Sterne gesehen. Er war ein Fitness-Monster und dermaßen ehrgeizig, das war nicht mehr normal. Ich glaube, dass er nun in Manchester etwas mehr gelernt hat, auf seinen Körper zu hören. Anfangs in Dortmund gab es für ihn gar keine Pause, er hat gefühlt von morgens bis abends trainiert. Ich weiß noch, wie wir einmal einen Konditions- und Fitnesstest gemacht haben, der durchaus anstrengend ist. Erling ist den in unglaublich hohem Tempo gelaufen, zog danach noch schnell einen Sprint in die Kabine an und ging ins Gym. Irre.

Wer war ganz anders als sein Ruf oder wie er in der Öffentlichkeit dargestellt wird?

Unbehaun: Niklas Süle. Er entsprach am wenigsten dem Klischee vom Profifußballer, doch das öffentliche Bild von ihm ist total falsch. Er ist extrem professionell. Wer einmal ein Laufduell mit ihm gemacht und gesehen hat, wie brutal schnell er ist, kann das bestätigen. Dazu hat er immer herrliche Sprüche drauf und ist sehr schlagfertig. Ein absolut geiler Typ.

Als Trainer haben Sie Favre, Rose und Edin Terzic erlebt. Mit wem war der Kontakt am besten?

Unbehaun: In Sachen Empathie würde ich Edin nennen. Favre hat mit mir am meisten unter vier Augen gesprochen und viel von seinem Wissen mitgegeben. Marco Rose war ein sehr cooler Typ und hat tolle Trainingseinheiten ausgearbeitet.

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Im Februar 2022 verlängerten Sie als U23-Stammtorhüter und dritter Torwart des Profikaders schließlich Ihren im Sommer auslaufenden Vertrag um ein Jahr und sagten: "Mein Ziel ist es, irgendwann bei den Profis anzukommen." Wenn Sie nun zwei Jahre später darauf zurückschauen: Wieso haben Sie dieses Ziel nicht erreicht?

Unbehaun: Rückblickend hätte ich nicht verlängern sollen. Ich hatte eine starke Phase und habe gute Leistungen in der 3. Liga gezeigt. Das wäre wohl der richtige Zeitpunkt gewesen, um etwas anderes auszuprobieren. Doch es war eben auch klar, dass Bürki und Hitz gehen werden. Mir wurde gesagt, man schaue, ob man noch einen neuen Keeper holen kann. Dies sei aber nicht sicher. Es gab also keine Nummer zwei und ich war gut drauf. Daher war die Verlängerung für mich nur logisch, da genau dann für mich eigentlich die beste Chance bestand, auf diesen Platz zu rutschen.

Sie sollen bewusst nur um ein Jahr verlängert haben. Hätte Ihnen der BVB auch eine längere Laufzeit angeboten?

Unbehaun: Es ging um ein Jahr oder einen Fünfjahresvertrag.

Das ist ein beträchtlicher Unterschied. Wie kam's?

Unbehaun: Das weiß ich selbst nicht. Es war mir jedenfalls viel zu lang. Ich wollte lieber abwarten und schauen, was letztlich passiert, so dass ich notfalls nach einer Saison frei bin und gehen kann.

Der BVB verpflichtete schließlich für die zweite Mannschaft mit Marcel Lotka einen Torwart, der kurz zuvor bei Hertha BSC bereits Bundesligaerfahrung sammelte. Wussten Sie von diesem Vorhaben, als Sie Ihren neuen Vertrag unterschrieben?

Unbehaun: Nein.

Neben Lotka kam auch noch Alexander Meyer als neue Nummer zwei zu den Profis. Wie haben Sie auf diese beiden Transfers reagiert?

Unbehaun: Ich war gut drauf, hatte das Gefühl den nächsten Schritt zu gehen und war bereit, den Konkurrenzkampf aufzunehmen.

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Beim Saisonstart 2022/23 der 3. Liga standen dann aber Sie am 1. Spieltag gegen Wehen Wiesbaden im Kasten. In der 56. Minute kam es zu einer sehr unglücklichen Aktion: Sie hatten einen Pfiff gehört, wo es keinen gab, so dass der gegnerische Stürmer Ihnen im Strafraum den freien Ball abluchste und ins leere Tor traf.

Unbehaun: Was ich daraus vor allem gelernt habe ist, den Schiri seitdem ganz genau zu beobachten. Wenn er mir anzeigt, dass ich den Ball nicht hinlegen darf, lege ich ihn halt auch nicht hin. (lacht) Wird also Abseits oder Foul gepfiffen, warte ich gerade in größeren Stadien so lange, bis er mir das entsprechende Signal gibt.

War diese Episode mit Blick auf die kommenden Monate, wo Sie auch rund acht Wochen lang von einem Sehnenanriss am Hüftbeuger geplagt wurden, und auf Ihren Abschied vom BVB nach dieser Spielzeit so etwas wie der Anfang vom Ende?

Unbehaun: Nein. Als Lotka kam, hieß es, dass die Vorbereitung entscheidet, wer das erste Ligaspiel bestreitet. Derjenige sei dann die klare Nummer eins und die Nummer drei bei den Profis. Ich stand dann die beiden ersten Partien im Tor, doch danach kam wieder das Thema mit dem Abwechseln auf.

Während die Borussia im April 2023 mit Lotka vorzeitig verlängerte, blieben Sie seit Mitte September 2022 ohne Pflichtspieleinsatz. Als Sie wieder fit waren, erhielten Sie keinen Kaderplatz mehr. Die Trainer Christian Preußer und Jan Zimmermann entschieden sich für Silas Ostrzinski oder Niklas Lübcke. Warum bekamen Sie auf einmal keine Chance mehr?

Unbehaun: Als im Januar die Rückrunde begann, suchte ich das Gespräch mit den Verantwortlichen. Beide Seiten wollten nicht mehr verlängern. Damit hatte ich von Vereinsseite aus nicht gerechnet und es hat mich auch überrascht, aber es war in Ordnung. Denn selbst wenn man mir eine erneute Verlängerung angeboten hätte, ich wollte nun unbedingt gehen.

So kam es letztlich auch, im Sommer waren Sie ablösefrei auf dem Markt. Es gab erneut Gerüchte um ein Interesse aus Leipzig, aber auch Arminia Bielefeld, die PSV Eindhoven und HJK Helsinki wurden genannt. Was war da dran?

Unbehaun: Es stimmt, dass mehrere Vereine ihr Interesse bekundet haben. Die Offerten waren vielfältig. Sie reichten von der Rolle als Nummer eins bis drei, wobei die Angebote aus unterschiedlichen Ligen kamen und dementsprechend verschiedene Rollen für mich vorsahen. Einige Gespräche waren allerdings eher unverbindlich und haben nicht zu konkreten Angeboten geführt. Mein Ziel war es vor allem, regelmäßig zu spielen und als klare Nummer eins auf dem Feld zu stehen. Gerade für diese Saison ist das für mich essentiell, da ich das Jahr nutzen möchte, um mich wieder stärker in den Vordergrund zu spielen.

Wie groß war überhaupt die Auswahl für Sie als Drittligatorwart, der dann fast ein ganzes Jahr lang kein Pflichtspiel mehr bestritten hatte?

Unbehaun: Ich habe auf jeden Fall gemerkt, dass das ein Problem für viele Vereine war. Die Gründe dafür mussten erst einmal erklärt werden. Und zu sagen, ich kann auch vernünftige Leistungen bringen, obwohl ich so lange nicht gespielt hatte, hören die meisten Klubs von irgendwelchen Spielern 80-mal am Tag.

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Sie gingen schließlich zum SC Verl und blieben somit in der 3. Liga. Was boten die Ostwestfalen, was andere nicht boten?

Unbehaun: Den Stammplatz in einer ersten Mannschaft, eine tolle Spielidee und einen klaren Plan. Es war auch von Anfang an klar, dass wir nur ein Jahr machen und danach weitersehen. Bislang hat sich dieser Schritt absolut gelohnt. Beim BVB spielte ich natürlich auch in der 3. Liga, aber eben in einer zweiten Mannschaft. Ich hatte nie so wirklich ein festes Team. Man trainiert unter der Woche bei den Profis, macht freitags das Abschlusstraining bei der U23 mit und spielt dort am Wochenende. Ich fühlte mich mit der Zeit nirgends so richtig zugehörig.

Sie werden Ende Februar 23. Wo sehen Sie sich in drei bis fünf Jahren?

Unbehaun: Das ganz klare Ziel lautet: Bis dahin will ich in einer renommierten ersten Liga Stammtorhüter sein.

Luca Unbehaun: Die Statistiken seiner Karriere

VereinSpieleGegentoreZu-Null-Spiele
Borussia Dortmund U17282612
Borussia Dortmund U19608013
Borussia Dortmund II597114
SC Verl23327
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