Der Giftzwerg ist erwachsen

Erwachsener Dauerbrenner: Rafinha
© getty

Rafinha ist unter Pep Guardiola ein Stammspieler beim FC Bayern München. Sein Aufstieg vom Dauerreservisten zum Dauerläufer hat längst nicht nur mit Philipp Lahms Umzug ins Mittelfeld zutun. Der Brasilianer ist ein taktisch wichtiger Bestandteil des Systems. Dass Rafinha derweil auch einen persönlichen Wandel genommen hat, kommt ihm zu Gute.

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Der FC Bayern München im DFB-Pokal zu Hause gegen Eintracht Braunschweig (20.30 Uhr im LIVE-TICKER). Das klingt nicht nur so wie es ist. Es ist auch so wie es ist: Der Zweitligist zu Gast bei dem für viele besten Klub der Welt, für den das Spiel mehr oder weniger eine lästige Pflichtaufgabe auf dem Weg zum Finale ist.

Für Rafinha (29) wäre so eine Pflichtveranstaltung früher noch eine der wenigen Gelegenheiten gewesen, sich der bayerischen Anhängerschaft zu präsentieren.

Der brasilianische Außenverteidiger, der im Powerranking der Bayern-Profis klar in der zweiten Hälfte anzusiedeln war, war gerade prädestiniert dazu, in so einem Spiel Philipp Lahm zu vertreten, damit der Bayern-Kapitän für weit wichtigere Aufgaben geschont werden kann.

Nur neun Spiele nicht in der Startelf

Wenn die Bayern am Mittwochabend auf Braunschweig treffen und Rafinha auf dem Platz stehen sollte, wird das weniger damit zu tun haben, andere Spieler zu schonen, sondern vielmehr um Rafinha wieder auf die maximale Schlagzahl zu bringen.

Der Brasilianer erlitt zum Rückrundenstart eine Sprunggelenksverletzung und war zwei Wochen raus. Allmählich findet er wieder zu der Form, die man von ihm aus den letzten Wochen und Monaten gewohnt ist.

Rafinha ist mittlerweile Stammspieler beim FC Bayern, für Pep Guardiola ein fester Baustein in seinem variablen Gebilde: In 60 von 69 Spielen stand unter Pep in der Startelf. Eine überragende Quote für einen Spieler, der in der Triplesaison überhaupt nur 17 Mal zum Einsatz kam.

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Rafinha hat Pep kapiert

Dass Rafinha unter Guardiola mehr Einsatzzeit bekommt, weil vor allem Philipp Lahm unter die Mittelfeldspieler gegangen ist, ist hinlänglich bekannt. "Damals war das so. Aber was hätte passieren sollen? Philipp raus? Das ging nicht", sagt Rafinha, der aber über früher eigentlich nicht sprechen mag. Dass Rafinha nur spielt, weil Lahm woanders gebraucht wird, ist als Erklärung aber auch zu einfach.

Guardiola ist ein Trainer, der bei der Besetzung seiner Mannschaft primär auf die speziellen Fähigkeiten seiner Spieler achtet, ob diese auch seine Idee des Fußballspielens umsetzen können. Das ist bei Guardiola, der seinen Spielern positionsgebunden komplexe Aufgaben mit auf dem Weg gibt, ein nicht zu verachtendes Kriterium.

Zum anderen - und da unterscheidet sich der Katalane nicht von all den anderen Trainern auf dem Planeten - geht es um das einfache Leistungsprinzip: Wer gut trainiert, wer gut spielt, wird belohnt.

Der Trainingsweltmeister

Rafinha erfüllt beide Kriterien. Ein Trainingsweltmeister war er schon immer. Bei Schalke 04 schätzte man die Hingabe des Südamerikaners, in Genua war das nicht anders und auch beim FC Bayern ist er seit seiner Ankunft 2011 immer einer der fleißigsten.

Aber es ist eben auch die Art und Weise, wie er spielt: "Rafinha hat viel Erfahrung. Er ist intelligent und hat wenige Ballverluste. Ich mag intelligente Spieler", sagt Guardiola. Rafinha hat den Pep-Fußball schnell begriffen, Kurzpassspiel ist genauso kein Problem wie die aktive Gestaltung des Aufbauspiels.

Rafinha ist nominell Rechtsverteidiger, bleibt in dieser Position aber nie strikt hängen. Er kippt oft ins zentrale Mittelfeld ein, meistens als verkappter Sechser neben Bastian Schweinsteiger oder Xabi Alonso, um den Aufbau mitzugestalten oder im Raum zu stehen, wenn sich Lücken auftun. Seine Laufstärke kommt ihm dabei genauso so zu Gute wie sein mittlerweile verblüffend starkes taktisches Verständnis.

Die Ergebnisse der Statistik-Analyse des Pep-Spielers Rafinha erscheinen nicht überraschend. Er hat laut Opta mehr Ballaktionen, eine bessere Passquote, eine deutlich höhere Quote bei der Genauigkeit seiner Flanken und bereitet auch deutlich öfter Torschüsse und damit Großchancen.

Rafinha im Spiel gegen den HSV: Der Rechtsverteidiger mit Hang zum Zentrum

Ruhiger geworden

Was aber besonders auffällt: Rafinha ist deutlich abgeklärter und ruhiger geworden. Der foul- und kartenanfällige Spieler von einst ist er längst nicht mehr. Unter Jupp Heynckes foulte Rafinha im Schnitt noch alle 58 Minuten, bei Guardiola sind es 115 Minuten. In 23 Pflichtspielen hat Rafinha in dieser Saison gerade mal eine Gelbe Karte gesehen - beim 7:1 in Rom.

Es sind aber nicht nur die Statistiken, die den Wandel Rafinhas offensichtlich machen. Gab es früher eine Rudelbildung, war Rafinha mittendrin oder nicht selten auch der Anstifter. Inzwischen entdeckt man ihn als Schlichter, auch wenn er dann doch mal einen Spruch fallen lässt. So ganz kann man das Ich dann doch nicht ablegen, aber der Giftzwerg von einst ist erwachsen geworden.

"Ich bin meinem Stil treu geblieben. Auf dem Platz bin ich nach wie vor giftig, aber vielleicht nicht mehr ganz so giftig wie bei Schalke. Wenn man ein bisschen mehr Erfahrung hat, weiß man schon, was man machen kann und was man lieber lässt", sagt Rafinha: "Ich bin fast 30 - und deshalb auch ein bisschen ruhiger geworden."

Guardiola mag die Art seines kleinsten Profis: "Er gibt immer hundert Prozent, egal, ob er fünf oder 90 Minuten spielt. Er ist ein super Teamspieler und ich hätte gerne 18, 19 Rafinhas", sagte Pep vor einiger Zeit. Rafinha schmeichelt die Aussage. Er sagt aber auch: "Ein Rafinha reicht."

Rafinha im Steckbrief

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