DFB: Marode Männerwirtschaft soll enden - Frauenpower für den DFB

SID
Katja Krause (links) soll nach dem Willen der Initiative für mehr Frauenpower im DFB, der u.a. auch Bibiana Steinhaus-Webb angehört, neue DFB-Präsidentin werden.
© getty

Der DFB soll erstmals von einer Präsidentin geführt werden. Dafür wirbt ein Netzwerk prominenter Frauen. Das Verfahren gegen Ex-Boss Keller wurde eingestellt.

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Die marode Männerwirtschaft soll mit dem geschlossenen "Keller-Kapitel" ihr Ende finden: Nachdem Fritz Keller durch seinen Rücktritt vom Amt des Präsidenten einer Strafe durch das Sportgericht entgangen ist, erhöhen die Pläne für mehr Frauenpower in den Chefetagen inklusive des krisengeplagten DFB den Reformdruck auf die verbliebene Riege der Anzugträger.

Während das Verfahren gegen Keller wegen des von ihm ausgelösten Nazi-Eklats am Mittwoch nur eingestellt wurde, weil ein Sperre nach seinem Abgang "ins Leere" gelaufen wäre, sind die Frauen nach vorne geprescht. Neun Prominente fordern in einem Positionspapier mit dem Titel "Fußball kann mehr" weitreichende Veränderungen - und eine neue DFB-Präsidentin haben Bibiana Steinhaus-Webb und Co. auch gleich im Gepäck.

Die frühere Nationaltorhüterin Katja Kraus soll nach dem Willen ihrer Unterstützerinnen Keller beerben. Das ehemalige Vorstandsmitglied des Hamburger SV wurde von dem Frauenbündnis - zu dem neben Ex-Schiedsrichterin Steinhaus-Webb auch Nationaltorhüterin Almuth Schult, ZDF-Journalistin Claudia Neumann und die einstige ran-Moderatorin Gaby Papenburg gehören - dazu auserkoren, den zerrissenen Verband in eine bessere Zukunft führen.

Obwohl Kraus sich noch ein wenig ziert, ist die 50-Jährige wohl für die "Machtübernahme" bereit. "Ich habe keine Ambition auf irgendein Amt", sagte die Agentur-Geschäftsführerin bei Zeit-Online: "Aber klar, eine Forderung nach Veränderung ist auch eine Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen. Ich schaue mir sehr genau an, wo, unter welchen Umständen und vor allem in welchen Konstellationen ich das tun würde."

Papenburg: Kraus "perfekte" DFB-Präsidentschaftskandidatin

Aus Sicht von Papenburg wäre Kraus "die perfekte Kandidatin", wie sie dem SID erklärte. Neben ihrer fachlichen Expertise schon aus HSV-Zeiten stehe sie für Glaubwürdigkeit und bringe "wahnsinnig große Liebe zum Fußball" mit, durch die auch wieder Kontakt zur Basis hergestellt werden könne.

Dass der DFB nach dem dritten Rücktritt eines Präsidenten in Folge und einem monatelangen Machtkampf tief in der Krise steckt, kann nach Ansicht von Papenburg ein "Glücksfall" für die Ambitionen der Frauen werden. "Viele haben erkannt, dass diese Führungsriege ein hermetisches System ist. Dieses System ist gerade dabei, sich selbst zu zerbröseln. Und das ist unsere große Chance, etwas dagegen zu setzen", sagte Papenburg, die sich selbst um das Präsidentenamt des Berliner Fußball-Verbandes (BFV) bewirbt.

Konkret fordert das Bündnis in seinem Papier mehr weibliche Spitzenkräfte: "Frauen in Führungspositionen erhöhen nachweislich die Wahrscheinlichkeit zukünftigen Herausforderungen mit neuen Lösungen zu begegnen, strukturelle Schwächen schneller zu erkennen und Handlungsmuster zu hinterfragen, die sie nicht selbst etabliert haben."

In dem Konzept wird unter anderem eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent in Führungspositionen bei Fußballverbänden bis zum Jahr 2024 verlangt. Genauso soll es in den Aufsichtsräten und Chefetagen aller Klubs in den Männer- wie Frauenprofiligen aussehen. Zu den insgesamt acht geforderten Regeln "im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit" gehört auch die "konsequente Sanktionierung jeder Form von Sexismus und Diskriminierung".

Frauenquote beim DFB? "Gewinn durch Diversität nachgewiesen"

Den Frauen geht es darum, die Gesellschaft auch im bisher weitgehend männlich dominierten Fußball abzubilden. Laut Kraus ist der "Gewinn durch Diversität nachgewiesen". Für sie steht deshalb auch fest, dass das Trauerspiel beim DFB in den vergangenen Wochen "nicht passiert wäre, wenn Frauen mindestens Teil des Teams gewesen wären".

Dass die ewig Gestrigen beim Verband die Initiative argwöhnisch betrachten, ist den Frauen bewusst. So berichten Kraus und Papenburg bereits von Stör- oder Einschüchterungsversuchen in Richtung von Mitgliedern oder Unterstützerinnen des Netzwerks. "Erstaunlich, dass wir über so etwas reden müssen, wir sind schließlich keine terroristische Zelle, sondern Frauen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit engagieren", äußerte Kraus.

Derzeit sitzt im DFB-Präsidium in Hannelore Ratzeburg nur eine Frau. Die Regional- und Landesverbände werden ausschließlich von Männern geführt. Eine Frau auf dem Chefsessel wäre ein Novum in der 121-jährigen DFB-Geschichte. Zuletzt hatte bereits die Amateursportvertreterin Ute Groth angekündigt, sich erneut um das Amt der Präsidentin bewerben zu wollen.