Länderspiel des DFB abgesagt

SID
15 Minuten nach Öffnung räumte die Polizei das Stadion
© getty

Es sollte ein Fußballspiel als "Symbol für Freiheit und Demokratie" werden, doch der Sport musste sich dem Terror beugen: Das Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande wurde am Dienstag knapp anderthalb Stunden vor dem Anpfiff aus Sicherheitsgründen wegen einer "konkreten Gefährdungslage" abgesagt.

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DFB-Interimspräsident Reinhard Rauball zeigte "großen Respekt" vor der Entscheidung: "Der Schutz der Menschen muss höchste Priorität haben." Er erklärte aber auch, es sei "ein trauriger Tag für Deutschland und den deutschen Fußball". Sein Eindruck sei, dass der Fußball in Deutschland mit dem heutigen Tagen in vielen Facetten eine andere Wende bekommen hat".

Polizeipräsident Volker Kluwe war der einzige hochrangige Vertreter, der zu den Vorfällen konkrete Angaben machte, während etwa Bundesinnenminister Thomas de Maizière während einer Pressekonferenz aus Sicherheitsgründen keine Details nannte.

Kluwe erklärte im NDR, dass es "einen konkreten Hinweis" gegeben habe, "dass im Stadion ein Sprengstoffanschlag geplant gewesen ist. Wir nehmen den Hinweis sehr, sehr ernst, deshalb hat diese Maßnahme gegriffen, die uns nicht leicht gefallen war, aber konsequent war."

Präsenz in der ganzen Stadt

Kluwe sprach von einer "konkreten Gefahrenlage für ganz Hannover": "Was diejenigen, die etwas geplant haben im Stadion, ansonsten noch planen, ersatzweise, das wissen wir nicht. Deswegen versuchen wir, auch in der Stadt überall präsent zu sein." Das Stadion wurde evakuiert, von Verletzten war zunächst nichts bekannt.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius erklärte, es habe "keinerlei Platz für Fehlinformationen oder unterschiedliche Interpretationen" gegeben: "Eine Austragung des Spieles wäre nicht zu verantworten gewesen." Es sei aber noch kein Sprengstoff gefunden und niemand verhaftet worden, erklärte Pistorius gegen 21.30 Uhr. Gerüchte, es sei ein mit Sprengstoff beladener Rettungswagen vor dem Stadion gefunden worden, wollte er ebenfalls nicht kommentieren.

Bundesinnenminister de Maizière nannte auf der eilig einberufenen Pressekonferenz im niedersächsischen Innenministerium keine Details, "weil diese unsere Bevölkerung verunsichern und unser Handeln erschweren würden und nicht der nationalen Sicherheit dient".

Er stellte aber klar: "Wir hatten gute und bittere Gründe. Die Hinweise haben sich im Laufe des frühen Abends so verdichtet, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes und ich nach Abwägung der Vor- und Nachteile aus Gründen des Schutzes der Bevölkerung dringend empfohlen haben, dieses Länderspiel abzusagen."

Politiker reisen wieder ab

Nach den Vorfällen von Paris galt für die Begegnung gegen den WM-Dritten aus den Niederlanden in Hannover die höchste Sicherheitsstufe. Unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere hochrangige Politiker hatten ihr Kommen angekündigt. Manche von ihnen waren zum Zeitpunkt der Absage bereits im Stadion und wurden ebenfalls wieder herausgeführt. Merkel reiste umgehend zurück in Berlin. Die deutsche Mannschaft war noch auf der Fahrt in die Arena, etwa fünf Kilometer vor dem Ziel, bevor sie an einen sicheren Ort geleitet wurde. Der Bus mit den Niederländern fuhr direkt dahinter, das Oranje-Team fuhr direkt zum Flughafen und reiste zurück in die Heimat.

"Wir sind auf dem Weg ins Stadion von der Polizei umgeleitet worden und an sicherem Ort. Mehr können wir derzeit nicht sagen, Bitte um Verständnis", twitterte Nationalmannschafts-Sprecher Jens Grittner kurz nach der Absage. DFB-Interimspräsident Rainer Koch bestätigte dies dem SID: "Reinhard Rauball hat als Delegationsleiter Kontakt zur Mannschaft, sie ist in Sicherheit", sagte Koch dem SID und lobte die Polizei Hannover: "Wir stehen in engem Kontakt mit den Sicherheitsbehörden. Wir stellen hier fest, dass die niedersächsische Polizei und auch die Bundespolizei hochprofessionell arbeitet."

Fund schon vor dem Spiel

Schon eine Stunde vor der Absage hatte die Polizei wegen des Fundes eines verdächtigen Gegenstandes einen Bereich vor dem Stadion abgesperrt. Nach eingehender Kontrolle wurde da aber noch Entwarnung gegeben: "Der verdächtige Gegenstand an der Robert-Enke-Straße hat sich als ungefährlich herausgestellt", teilte die Polizei Hannover zu diesem Zeitpunkt mit.

Die Zuschauer wurden nach der Absage gebeten, das Stadion ruhig, aber zügig zu verlassen. Rund ums Stadion bestimmten Blaulicht und Sirenen die Szene. Größtenteils verlief die Evakuierung zügig und ruhig. Rund ums Stadion wurden alle Autos kontrolliert, es bildeten sich kilometerlange Staus, der Verkehr kam teilweise zum Erliegen. Zudem wurden einige U-Bahn-Stationen gesperrt.

Spiel als Friedens-Botschaft

"Sicherheit geht immer vor. Es ist eine Befürchtung, die man immer hat. Ich vertraue der Polizei, dass sie hier die richtige Entscheidung getroffen hat. Wenn eine Gefährdungslage vorliegt, dann müssen solche Schritte eingeleitet werden", sagte Hannovers Bürgermeister Stefan Schostok dem SID.

Vor dem Stadion sagte die Polizei per Megafon durch: "Meine Damen und Herren, liebe Fußballfreunde. Es tut mir leid, aber das Spiel ist kurzfristig abgesagt worden. Bleiben Sie bitte ruhig, es ist keine Gefahr im Anmarsch. Gehen Sie einfach ganz normal nach Hause."

Nach den Terroranschlägen von Paris, die die Nationalmannschaft durch das zeitgleiche Spiel aus nächster Nähe erlebt hat, war bereits im Vorfeld die Absage des Spiels diskutiert worden. Der DFB hatte sich gemeinsam mit den Niederländern aber entschieden, zu spielen. Das Spiel "sollte eine klare Botschaft und ein klares Symbol für die Freiheit und für die Demokratie" sein, hatte Bundestrainer Joachim Löw erklärt.

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