Gedränge in der 2. Klasse

Von Für SPOX bei der Nationalmannschaft: Stefan Rommel
Etliche Spieler aus der zweiten Reihe drängen dauerhaft in die deutsche Nationalmannschaft
© Getty

Im Freundschaftsspiel gegen Australien lässt Bundestrainer Joachim Löw die Reservisten des DFB-Teams ran. Aber wer ist eigentlich nah dran an der Startelf, wer schon ziemlich weit weg - und wer lauert bereits dahinter?

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Nach dem glatten 4:0 über Kasachstan und dem fünften Sieg im fünften Spiel der EM-Qualifikation ruft Löw die Zeit der Experimente aus, "ohne dabei aber die Wertigkeit der Partie zu untergraben".

Das Testspiel gegen Australien in Mönchengladbach (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) dürfen die Ergänzungsspieler zu Werbezwecken in eigener Sache nutzen.

Die erste Elf ist bis auf zwei Ausnahmen gesetzt, in der Innenverteidigung und links in der Viererkette besteht noch größerer Handlungsspielraum. Aber was macht eigentlich der große Rest dahinter?

TORHÜTER

Rene Adler: Eine Torhüterdiskussion existiert seit der Weltmeisterschaft nicht mehr, seit sich Löw im Vorfeld auf Manuel Neuer als Nummer eins festgelegt hat. Adler ist die erwünschte stille Nummer zwei, klaglos und respektvoll im Umgang mit dem Kontrahenten. Das ist umso bemerkenswerter, da der Leverkusener vor etwa einem Jahr eigentlich selbst als Stammtorhüter erkoren wurde und ihn erst eine Verletzung jäh stoppte.

Tim Wiese: Im Prinzip gilt für den Bremer dasselbe. Wiese ist eine starke Nummer 2, die Reihenfolge der beiden Nachrücker ist nicht fix geregelt. Immerhin hat Wiese den Mini-Vorteil, inklusive des anstehenden Spiels gegen Australien im letzten halben Jahr dreimal zwischen den Pfosten gestanden zu haben. In keinem anderen Mannschaftsteil sind die Positionen so klar abgesteckt wie bei den Torhütern. Auf absehbare Zeit wird sich daran auch nichts ändern - größere Verletzungen einmal ausgenommen.

ABWEHR

Mats Hummels: Überreif sei er, bereit für den Posten neben Mertesacker in der Innenverteidigung. In der Tat ist es an der Zeit, dem Dortmunder Spielzeit in der Startelf zu geben. Keiner verteidigt diese Saison in der Liga souveräner und ist dazu noch torgefährlich (fünf Treffer). Dazu kommen Hummels' ausgeprägte Spielintelligenz und sein eloquentes Auftreten außerhalb des Platzes, die ihn zu einem wertvollen Bestandteil der Mannschaft machen. Keiner ist näher dran an der Startelf als Hummels.

Jerome Boateng: Seine Vielseitigkeit ist Segen und Fluch zugleich. Als Rechtsfuß ist er für die Position links in der Viererkette eine vernünftige Notlösung, mehr aber auch nicht. Löw sieht ihn entweder zentral, wo die Konkurrenz aber zahlreich und qualitativ hochwertig ist, oder als Backup für Philipp Lahm. Boateng selbst ist "gekommen, um Innenverteidiger zu spielen". Spielt allerdings auch im Verein meist auf einem der Flügel. Eigentlich eine Verschwendung von ungeheuer viel Talent und Potenzial, immerhin ist Boateng fester Bestandteil des engeren Kaders.

Arne Friedrich: Die WM wurde zu seiner ganz persönlichen Sensation - danach wurde es aber schnell auch wieder still um ihn. Das Spiel um Platz drei gegen Uruguay im Juli letzten Jahres war sein letztes im DFB-Dress, eine Wirbelsäulenverletzung drängte ihn aus dem Team. Friedrich geht jetzt wieder mit einem Rückstand ins Rennen, ein Einsatz gegen Australien könnte ihn wieder ins Gedächtnis rufen.

Marcel Schmelzer: Der Dortmunder wird gegen Australien beginnen. Er ist einer der ganz wenigen Hoffnungsträger für die einzig echte Problemzone im deutschen Team, die Linksverteidigerposition. Beim BVB schwimmt er die Erfolgswelle in dieser Saison mit, auf höchstem Level fehlen Schmelzer aber doch noch ein paar Prozentpunkte. Vor allem die Präzision seiner Flanken verträgt noch ein bisschen Justierung. Aber: Als Mangelerscheinung (ausgebildeter Linksverteidiger, Linksfuß, jung, dynamisch) hat er sehr gute Chancen auf einen dauerhaften Aufenthalt im Team.

Marcel Schäfer: Während Wolfsburgs Meister-Saison vor rund zwei Jahren spielte sich Schäfer in den Fokus und galt nach Lahms Wechsel nach rechts als der kommende deutsche Linksverteidiger. Seitdem kam von Schäfer nicht mehr viel. Trotzdem lobte ihn Löw nach dem Kasachstan-Spiel verdächtig offen und attestierte ihm ein "gutes Jahr". Der Wolfsburger wird wohl schon bald wieder eine Chance erhalten.

Marcell Jansen: Auch um ihn ist es still geworden, was nicht zuletzt an einer verkorksten Saison mit dem HSV und etlichen Verletzungen liegt. Jansens großer Vorteil ist allerdings sein bevorzugtes Einsatzgebiet auf der linken Seite, mit Abstrichen in der Defensivbewegung könnte er sogar wieder zu einem Kandidaten für die Viererkette werden. Dazu muss aber die Leistung im Verein über einen längeren Zeitraum wieder passen.

Benedikt Höwedes: Er gilt latent als Geheimtipp, wurde bisher aber noch nicht berücksichtigt. Dabei bringt Höwedes alles mit, was Löw verlangt und ist im Verein auch auf seiner Lieblingsposition Stammspieler. Eigentlich müsste Höwedes schon bald auf dem Sprung zu Löw sein.

Heiko Westermann: Der Immer-mal-wieder-Stammspieler ist eine Blaupause von Tasci. Allerdings waren Löws Beweggründe pro Westermann immer andere. Der Wechsel von Schalke, wo er der Allrounder schlechthin war, zum Hamburger SV sollte ihn als Innenverteidiger etablieren - er hat ihn letztlich sogar aus dem Kader gespült. Pech kam allerdings auch dazu: Ohne die Verletzung kurz vor der WM wäre er sicher mit nach Südafrika geflogen. Damals stritt er noch mit Friedrich um den Platz neben Mertesacker...

Serdar Tasci: Für ihn gilt ähnliches, nur war Tasci ein Jahr früher dran und für die Innenverteidigerposition bestimmt. Nach Metzelders Aus nach der EM 2008 war Tasci Löws Premiumlösung für den Posten neben Mertesacker, unter anderem deshalb, weil der Stuttgarter mit seiner feinen Technik für den Wandel hin zu noch mehr spielerischer Qualität im deutschen Spiel prädestiniert schien. Dann fiel Tasci aber immer wieder mal in ein größeres Loch, kämpfte sich wieder ran und packte den Sprung doch nie so ganz. Jetzt drängen sich die Jungen auf und Tasci hat es schwer, mitzuhalten.

Andreas Beck: Er war der letzte vieler Pechvögel der WM-Vorbereitung, wurde als Letzter von der Kaderliste gestrichen. Seitdem ist er ein wenig in Vergessenheit geraten, die durchwachsene Saison bei Hoffenheim tut ihr übriges. Beck wird es schwer haben, den Anschluss wieder zu finden, aus dem Blickfeld des Bundestrainers ist er aber nicht.

Clemens Fritz: Seit zweieinhalb Jahren hat Fritz kein Länderspiel mehr bestritten, zuletzt im Oktober 2008 beim 1:0 gegen Wales. Seitdem ist viel schief gelaufen beim Bremer, der in Nuancen zurückfindet zu seiner alten Stärke, aber noch weit von seinem tatsächlichen Leistungsvermögen entfernt ist. Derzeit stellt sich die Frage nach einem Comeback nicht - so ganz abschreiben sollte man Fritz aber auch nicht.

Philipp Wollscheid: Der Nürnberger spielt zwar erst seine erste "richtige" Bundesliga-Saison, angesichts von Löws Testfreude und weil er mit seiner Art gut ins Raster passt, ist eine Einladung in naher Zukunft aber gar nicht so abwegig. Vorausgesetzt natürlich, Wollscheid bestätigt seine starken Leistungen in den letzten Spielen.

Gonzalo Castro: Wurde seit der U-21-Europameisterschaft nicht mehr zum DFB eingeladen und wird trotz ansprechender Leistungen bei Bayer weiter auf seinen sechsten Einsatz für das A-Team warten müssen. In Leverkusen spielt der vielseitige Außenspieler derzeit links im Mittelfeld - da hat die Nationalmannschaft zu Castros Pech derzeit wieder viele Alternativen.

Hier geht's weiter mit Mittelfeld und Sturm

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