"Podolski wäre bei mir aus dem Stadion geflogen"

SID
Lukas Podolski und Michael Ballack haben ihren Streit zu den Akten gelegt
© Getty

Bundestrainer Joachim Löw gibt Lukas Podolski eine zweite Chance, auch Michael Ballack hat die Ohrfeigen-Affäre bereits abgehakt - doch Franz Beckenbauer kann den laxen Umgang mit dem Angreifer von Bayern München innerhalb der deutschen Nationalmannschaft nicht nachvollziehen.

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"Wenn das bei mir passiert wäre, dann hätte ich ihm einen Tritt in den Hintern gegeben und er wäre aus dem Stadion geflogen wie eine Rakete. Man sollte sich noch einmal zusammensetzen und im kleinen Kreis darüber sprechen, damit da endlich Ruhe einkehrt", sagte Beckenbauer bei "Premiere".

Podolski tut Ohrfeige "schrecklich leid"

In einem persönlichen Gespräch vor der blamablen 0:4-Pleite von Rekordmeister Bayern München beim FC Barcelona am Mittwoch hatte Podolski gegenüber Beckenbauer erklärt, dass ihm die Ohrfeige gegen Ballack in der 67. Minute des WM-Qualifikationsspiels der deutschen Mannschaft gegen Wales in Cardiff vor rund einer Woche "schrecklich leid" täte.

Zuvor hatte sich Podolski sowohl persönlich als auch öffentlich bei Ballack für seine Kurzschlussreaktion entschuldigt. Dementsprechend gelassen reagierte dann auch der 32 Jahre alte Kapitän der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf die Tatsache, dass die Backpfeife von Podolski auch eine Woche nach dem unrühmlichen Vorfall in Wales noch hohe Wellen schlägt.

So wurde beispielsweise bei der Kölner Staatsanwaltschaft anonym Anzeige gegen Podolski wegen Körperverletzung erstattet. "Ich verfolge die deutschen Medien nicht so. Und ich bin auch nicht verantwortlich dafür, etwaige Konsequenzen zu ziehen. Ich habe mich nach dem Spiel in Wales mit Poldi ausgesprochen, rein sportlich betrachtet gibt es da überhaupt keine Probleme", sagte Ballack, nachdem er mit einer gewissenhaften Leistung seinen Beitrag zum 3:1-Erfolg des FC Chelsea im Champions-League-Viertelfinale beim FC Liverpool geleistet hatte.

Ballack wohl einziger deutscher Vertreter in der Königsklasse

Nach der Bayern-Pleite in Barcelona wird Ballack voraussichtlich als einziger deutscher Profi im Halbfinale der Königsklasse noch vertreten sein. Ganz anders Podolski, der in Barcelona nicht zum Einsatz kam und wegen seines Wechsels zum 1. FC Köln auch in den kommenden Jahren wohl kaum in der Champions League zu sehen sein wird.

Und seine Zukunft als Stammspieler in der Nationalmannschaft wird entscheidend davon abhängen, ob der gebürtige Pole trotz seiner bereits 62 Länderspiele in den kommenden Monaten bis zur WM 2010 in Südafrika gewillt ist, sich wieder unterzuordnen.

"Auch bei uns ist sein Kredit aufgebraucht. Seine Rolle als Vorbild hat stark gelitten. Er weiß, dass er viele Sympathien verloren hat und künftig ständig unter starker Beobachtung der Fans steht. Ein weiterer Fehler dieser Art hätte sicher weitreichende Konsequenzen", sagte Löw, der aber zunächst von einer Bestrafung für Podolski absieht und dem 23-Jährigen eine zweite Chance geben will, in einem Interview mit der "Badischen Zeitung": "Lukas hat Grenzen überschritten, aber eine neue Chance verdient, denn bisher hat er sich bei uns immer tadellos verhalten."

Strafverfolgung unwahrscheinlich

Grenzwertig ist auch die anonyme Anzeige gegen Podolski wegen Körperverletzung. Allerdings hat der Bald-Kölner offenbar nichts zu befürchten.

"Solange Michael Ballack nicht selbst Strafantrag stellt, darf die Sache nur verfolgt werden, wenn die zuständige Staatsanwaltschaft München das besondere öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Hierfür gibt es aber überhaupt keine Anhaltspunkte. Ein besonderes öffentliches Interesse besteht nur in Ausnahmefällen, wenn ein Täter zum Beispiel einschlägig vorbelastet ist. Der Umstand, dass Podolski als Nationalspieler Vorbildfunktion hat, ist hierfür unbeachtlich", sagte der Frankfurter Rechtsanwalt Nicolas Rössler.

Abseits der Diskussionen um Podolski beschäftigt Bundestrainer Löw nach dem erfolgreichen Pflichtspielauftakt des Jahres 2009 die Personalpolitik für die WM 2010. Der 49-Jährige will den für die WM infrage kommenden Spielerkreis in Kürze verkleinern.

"Im Gegensatz zur vergangenen EM plane ich in Richtung WM ein bisschen anders. Mit Beginn der neuen Saison wird es einen relativ knappen Kader geben", sagte Löw, der nicht mehr als 30 Spieler im erweiterten Aufgebot haben will und auch Jens Lehmann keine Chancen auf eine Rückkehr einräumt: "Was seine Comeback-Pläne betrifft: Ich sehe da keinen Bedarf."

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