Plötzlich schlottern beide Beine

Jürgen Klopps Dortmunder verloren gegen Arsenal die erste CL-Partie dieser Saison
© getty

Gegen Arsenal gab es für Borussia Dortmund erstmals in dieser Saison auch in der Champions League einen Dämpfer. Dabei offenbart das 0:2 gegen die Gunners erst das volle Ausmaß der BVB-Krise.

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"Wenn wir Fußball spielen, spielen wir nicht mit halber Kraft", kündigte Dortmund-Trainer Jürgen Klopp vor der Partie gegen den FC Arsenal an und versprach, dass man "garantiert nicht auf Unentschieden spielen werde".

Bisher war die Champions League die Wohlfühloase der in der Bundesliga so geschundenen Borussen. Eine weitere überzeugende Vorstellung in der Königsklasse sollte die katastrophale zweite Halbzeit in Paderborn aus den Köpfen der Spieler vertreiben und den Kanister wieder auftanken - mit Selbstvertrauen und dem Glauben an die Stärke des gesamten Teams.

Einige Stunden später muss man feststellen, dass der Mannschaft in der aktuellen Form schlichtweg die Mittel fehlen, um diesen Aussagen auf dem Platz Ausdruck zu verleihen. Kopf- und ideenlos rannte der BVB immer wieder auf das Tor der Gunners an, ohne dabei wirklich Gefahr erzeugen zu können.

'Hast du Scheiße am Fuß...'

Der ein oder andere Fan hatte seinen Platz auf der Tribüne des Emirates Stadiums noch gar nicht eingenommen, da zappelte der Ball schon im Netz von BVB-Keeper Roman Weidenfeller. Dabei wollte Dortmund den Fehlstart mit allen Mitteln verhindern und war durchaus darauf vorbereitet, dass "Arsenal schon in den ersten Minuten Vollgas geben" würde, wie Ilkay Gündogan gegenüber "Sky" erklärte. "Wir wollten früh da sein, sind beim 0:1 zwar auch in Überzahl, agieren aber viel zu passiv", analysierte Gündogan, der seit dem Finale 2013 erstmals wieder in der Königsklasse von Beginn an auf dem Platz stand, weiter.

Dass Yaya Sanogo bei seinem ersten Pflichtspieltreffer für die Gunners deutlich im Abseits stand, passt zur Gesamtsituation der Westfalen - egal ob bei strittigen Entscheidungen oder Zweikämpfen, in denen Augenblicke über den Ausgang entscheiden: Das Glück ist aktuell nicht mit Dortmund.

Innenverteidiger Neven Subotic erkannte, wie markant die Szene zum 0:1 den weiteren Spielverlauf beeinflusste: "Wir wollten hier eigentlich Selbstvertrauen gewinnen und dann passiert uns so ein Bock nach wenigen Sekunden, unter dem dann das ganze Spiel gelitten hat."

Die ominösen fünf Zentimeter

Den Willen, dem frühen Gegentor Arsenals eine baldige Antwort folgen zu lassen, kann man Dortmund nicht absprechen. Der BVB fand aber überhaupt nicht zu seinem Spiel und so auch nicht in die Partie. "Wir sind nicht in die Zweikämpfe gekommen, die ominösen fünf Zentimeter haben immer gefehlt", führte Subotic weiter aus. Dabei spielten die Hausherren die Schwarz-Gelben keinesfalls an die Wand. Arsenal reichte an diesem Abend eine durchschnittliche Leistung, um Dortmund defensiv vor Probleme zu stellen, gleichzeitig aber vom eigenen Tor fernzuhalten.

Der BVB hatte mit fast 55 Prozent mehr Ballbesitz, wusste diesen aber überhaupt nicht zu nutzen. Ilkay Gündogan, der Spieler mit den mit Abstand meisten Ballaktionen aller Feldspieler, trug das Spielgerät ein ums andere Mal vor, ohne dabei einen entsprechenden Abnehmer ausmachen zu können. Ob Henrikh Mkhitaryan, Kevin Großkreutz oder Pierre-Emerick Aubameyang - keiner der offensiven Dortmunder Verbundspieler fand die Positionen zwischen den Linien Arsenals. So blieb Gündogan meist nur der Quer-, Rück- oder Fehlpass.

"Wir hatten unsere Phasen, konnten diese aber nicht in Chancen oder zumindest halbe Chancen ummünzen, weil wir viel zu oft schon am vorletzten Pass gescheitert sind", erkannte Klopp. Statt Selbstvertrauen zu schaffen, offenbarte das Spiel gegen Arsenal, dass es genau daran mangelt.

Viel zu selten fasste ein BVB-Spieler den Mut, zum Flankenlauf anzusetzen, das Eins-gegen-Eins zu suchen, oder Martinez, immerhin dritter Keeper der Gunners, aus der Distanz zu prüfen. Gleiches gilt für die Defensiv-Spieler Dortmunds, denen die Unsicherheit und die Angst, einen entscheidenden Fehler zu begehen, in jedem Zweikampf anzusehen waren.

Erstmals zwei schlechte Halbzeiten

Obwohl die Ergebnisse in der Bundesliga nicht stimmen, konnte man den einzelnen Partien dennoch immer auch etwas Positives abgewinnen, egal ob das eine herausragende erste oder zweite Halbzeit, ein fettes Chancenplus oder die Tatsache, dass man über 90 Minuten das bessere Team war und eigentlich hätte gewinnen müssen, war.

Auf das Spiel gegen Arsenal trifft keine dieser Aussagen zu. Dortmund war einer Mannschaft, die aktuell in keinem Fall zu Europas Top-Teams gehört, über 90 Minuten in allen Belangen vollends unterlegen. Die einzig positiven Schlüsse, die Klopp nach der Partie ziehen konnte, waren, "dass sich kein Spieler verletzt hat und wir den direkten Vergleich durch eine noch höhere Pleite nicht verloren haben."

Die Partie gegen die Gunners hat das volle Ausmaß der BVB-Krise schonungslos zur Schau gestellt und einen Rückschritt aufgedeckt, wo ein Fortschritt erhofft und erwartet wurde. Klopps Ansatzpunkte vor dem Auswärtsspiel in Frankfurt am Sonntag sind mannigfaltig. Gefragt sind aber auch die Spieler, von denen sich jeder einzelne selber aus seinem Loch herausarbeiten muss - im Training und vor allem auf dem Platz. Der Trainer wird diese Mammutaufgabe alleine nicht bewältigen können.

FC Arsenal - Borussia Dortmund: Die Statistik zum Spiel