Jan Oblak von Atletico Madrid: Am Besten unter Dauerbeschuss

Von Stefan Rommel
Jan Oblak spielt seit 2014 für Atletico Madrid.
© imago images / Agencia EFE

Im Champions-League-Viertelfinale gegen Atletico bekommt es RB Leipzig (Donnerstag, 21 Uhr live auf DAZN) auch mit Jan Oblak zu tun. Der Slowene ist zwar ein kleiner Außenseiter, für eine Reihe von Experten aber auch der beste Torhüter der Welt. Weil er eine Kerndisziplin besonders gut beherrscht (VIDEO: Hier geht es zu den Top-5-Paraden von Jan Oblak).

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Die Jobbeschreibung des Torhüters dürfte sich in den letzten 20 Jahren im Fußball am meisten gewandelt haben. Keine andere Spielposition wurde durch Regeländerungen derart umgekrempelt, die Anforderungen so verändert wie bei den Keepern. Die Einführung der Rückpassregel im Jahr 1992 und ihre Anpassungen im Laufe der Jahre führten dazu, dass sich ein völlig neuer Typus Torhüter entwickeln musste. Die reinen Ballfänger starben bis rund um die Jahrtausendwende beinahe völlig aus und eine neue Generation übernahm.

Taktische Veränderungen gab es schon immer, die rasanten Entwicklungen der letzten zehn, 15 Jahre aber manifestierten eine ganz neue Qualität des Fußballspiels. Und die Torhüter sind dabei längst keine Randerscheinungen mehr, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mittendrin. Mitspielende Keeper gab es auch schon in den 60er und 70er Jahren, Lev Jaschin war ihr Anführer, in Deutschland wagten sich die Münchener Sepp Maier und Petar Radenkovic auch mal aus ihrem gewohnten Habitat. Das hat mit dem Torwartspiel von heute allerdings nicht mehr viel gemeinsam.

Der Torhüter ist nicht mehr nur die letzte Instanz, sondern auch der erste Aufbauspieler, Libero und Abwehrchef in einem. Als tiefster Spieler seiner Mannschaft hat nur er den Blick für das große Ganze, muss dirigieren und kommunizieren, Spielsituationen erkennen und richtig einschätzen. Seinen Strafraum beherrschen und dabei die Fähigkeiten auf der Linie nicht vernachlässigen. Und er muss mit beiden Füßen so ballsicher sein wie es ein, sagen wir, Vorstopper in den 80er Jahren war.

Atletico Madrid setzte sich im Achtelfinale gegen Vorjahresgewinner Liverpool durch.
© imago images / Action Plus
Atletico Madrid setzte sich im Achtelfinale gegen Vorjahresgewinner Liverpool durch.

Jan Oblak wurde das Talent in die Wiege gelegt

Jan Oblak hat von der Entwicklung seines Berufsbildes kaum noch etwas mitbekommen: Er war zur Zeit der großen Revolution auf dem Rasen noch gar nicht geboren. Die Gnade der späten Geburt hat es für den Slowenen wohl etwas leichter gemacht als für die Reihe seiner Vor-Vorgänger, für die Kahns und Barthez' und Schmeichels. Der eine konnte mit der Umstellung ganz gut umgehen, der andere hatte durchaus so seine Probleme. Jan Oblak, Jahrgang 1993, kennt nur diese eine Torhüterschule. Und in der hat er - Sohn eines ehemaligen Drittliga-Torhüters und einer Handballerin, die Schwester Basketball-Nationalspielerin ihres Landes - als einer der Besten absolviert.

Es gibt unterschiedliche Komitees zur Ermittlung des so genannten Welttorhüters, eines ist die International Federation of Football History and Statistics (IFFHS), welche das seit 30 Jahren mahct, und das andere der Weltverband FIFA, der erst seit 2017 den besten Keeper der Jahres kürt. In diesen Ranglisten sind sie alle zu finden, von Jean-Marie Pfaff bis Thibaut Courtois, darunter auch Oliver Kahn und Manuel Neuer, selbst Andreas Köpke war mal die Nummer eins unter den Torhütern der Welt. Jan Oblaks Name sucht man allerdings vergeblich. Nicht mal im Feld der "Geschlagenen" auf den Plätzen zwei und drei wurde Oblak bisher gelistet - was im Grunde nichts weiter ist als ein mittelschwerer Skandal.

Jan Oblaks Odyssee durch Portugal

Gut, Oblak ist eine Art Spätentdeckter. Zwar gab der schlaksige Kerl schon mit 16 Jahren sein Profidebüt in der slowenischen ersten Liga und war damit der jüngste Spieler aller Zeiten, zwischen 2009 und 2014 wechselte Oblak aber die Klubs wie Autofahrer ihre Reifen: Fast im Halbjahresrhythmus wurde Oblak, der von Benfica gekauft wurde, in Portugal herumgereicht.

Nach vier Leihgeschäften fanden sie in Lissabon dann immer noch keine Verwendung für Oblak und strichen stattdessen 16 Millionen Euro Ablösesumme ein. Im Nachbarland Spanien gab es tatsächlich einen Klub, der bereit war, so viel Geld für einen wenig etablierten Torhüter ohne großen Namen zu bezahlen. Streng genommen war es ein ziemlicher Wahnsinn von Atletico, eine derart hohe Summe in ein Versprechen zu investieren. Die Chuzpe und Fantasie der Rojiblancos sollte sich aber schon schnell auszahlen.

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