Die halbe Nummer besser

Karim Benzema spielt bei Real Madrid
© getty

Karim Benzema spielt scheinbar seine schlechteste Saison bei Real Madrid. Dennoch ist der Franzose unter Trainer Zinedine Zidane gesetzt - vor 30-Millionen-Neuzugang Alvaro Morata. Doch was macht den "Neuneinhalber" so wertvoll für die Königlichen? Warum muss der FC Bayern im Viertelfinal-Rückspiel (Di., 20.45 Uhr im LIVETICKER) besonders auf ihn Acht geben?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Der Charakter von Karim Benzema ist so undurchsichtig wie die Betonblöcke in Bron Terraillon, dem Vorort von Lyon, in dem der Franzose aufwuchs. Was Benzema allerdings nicht vor der Außenwelt verbergen kann, ist sein äußeres Erscheinungsbild.

Mit diesem überraschte er die rund 70.000 Zuschauer in der Allianz Arena am vergangenen Mittwoch. Wer ist das denn? Benzema? Das kann nicht sein. Doch tatsächlich, der dünne Junge da beim Madrider Aufwärmtross ist Reals viertbester Torschütze der Vereinsgeschichte. "Ich habe fünf Kilo abgenommen", sagte der 29-Jährige anschließend in der Mixed Zone.

Benzema wollte sich adäquat vorbereiten, "um in den letzten anderthalb Monaten in einer guten Verfassung zu sein", begründete er seine Diät: "Wenn dich irgendjemand kritisiert, musst du noch härter arbeiten."

Erlebe den Clasico Live auf DAZN. Hol Dir jetzt Deinen Gratismonat

Benzema agiert "wie ein Fremdkörper"

Und negative Presse hagelte es in den vergangenen Monaten nicht selten. "Wie ein Fremdkörper", "lässt sich hängen und setzt nicht nach", "einfach schwach". Das alles musste sich "Coco" an den Kopf werfen lassen. Seine Auftritte würden seinen Stammplatz in keiner Weise rechtfertigen, hieß es in regelmäßigen Abständen.

Die Gretchenfrage sollte also nicht auf Benzemas Formschwäche abzielen, sondern lauten: Warum sitzt Alvaro Morata auf der Ersatzbank? Das war in dieser Primera-Division-Spielzeit bereits 19 Mal der Fall. Nur elf Startelfeinsätze zählt der Rückkehrer von Juventus Turin.

Beim 3:2-Sieg am vergangenen Wochenende gegen Sporting Gijon war es mal wieder so weit. Morata spielte von Beginn an - und traf zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Benzema hingegen wurde nicht im Kader berücksichtigt und für Dienstag geschont, was die Einsatzchancen Moratas für das Rückspiel gegen Bayern oder auch für den Clasico (So., 20.45 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) nicht gerade erhöhen. Zidane setzt auf Benzema.

Und Morata sagt: "Ich muss noch lernen, mich verbessern. Das kann ich schaffen, aber ich muss für jemanden spielen, der wirklich hinter mir steht." Was zurückkam war eine Welle von Interessenten aus ganz Europa. Momentan hat wohl der FC Chelsea die größten Chancen auf eine Verpflichtung.

Wieso spielt Real mit dem schlechteren Stürmer?

Im Schnitt benötigt Morata 86 Minuten weniger für einen Treffer als sein Konkurrent. Morata gewinnt mehr Zweikämpfe - auch in der Luft - und zieht mehr Fouls. Das einzige Manko, das Morata gegenüber Benzema innehat ist seine Passquote (79 Prozent vs. 81,4 Prozent).

Auf seine Pass-Qualitäten konnten sich Benzemas Trainer schon immer verlassen. Der Stürmer selbst bezeichnete sich mal als "Neuneinhalb". Seine Teamplayer-Fähigkeiten stellte am Mittwoch auch Bayerns Defensive vor große Probleme. Mit vier Torschussvorlagen war Benzema neben Luka Modric Reals bester Vorbereiter. Aber das kann doch nicht der einzige Grund sein, weswegen Zizou Moratas Abgang offenbar in Kauf nimmt.

Das Erfolgsgeheimnis des Neuneinhalbers liegt im Spiel außerhalb der starren Mittelstürmer-Position. Seinen Beitrag zur gefürchteten BBC-Offensive leistet Benzema meist unter dem Radar der Presse. Perlen vor die Säue.

"Er ist wie der Messi Madrids"

Der ehemalige spanische Nationalspieler Javi Moreno beschreibt das gegenüber dem Portal OK Diario so: "Für mich ist Benzema der beste Spieler, den Real hat. Wenn er nicht spielt, macht sich das bemerkbar. Er ist wie der Messi Madrids" Moreno sieht hinter Benzemas durchschnittlichen Statistiken den wahren Wert des Stürmers: "Er nutzt seine Freiräume perfekt aus, hat einen sehr guten ersten Touch und öffnet Räume für Cristiano Ronaldo."

Mit dieser Meinung ist Moreno nicht allein. Rafael Benitez betonte schon vor zwei Jahren: "Benzema ist ein Spieler, der sich gut bewegt, und das erlaubt es den Spielern um ihn herum, von den Doppelpässen zu profitieren, von den Räumen, die er durch sein Freilaufen schafft. Er macht, dass die Mannschaft besser spielt."

Benzema macht Weltklasse-Spieler wie Ronaldo und Bale noch besser? Kein gutes Omen für die Bayern. Hinzu kommt, dass Benzema die Statistik-Fanatikern ausgerechnet in der Champions League mundtot macht. Fünf Tore erzielte er in neun Spielen in der Königsklasse - Reals bester Goalgetter. Die Schussgenauigkeit von 70,8 Prozent unterstreicht seinen Killerinstinkt vor dem gegnerischen Gehäuse. Die Kombination dessen mit der sinnbildlich halben Nummer mehr macht Benzema zu einem der Besten seiner Zunft - eben auch, wenn es nicht zu laufen scheint.

Karim Benzema im Steckbrief

Artikel und Videos zum Thema