Bundesliga: FC Bayern setzt den BVB unter Druck: Vergesst euer Karma!

Niko Kovac überraschte bei seiner Personalwahl gegen Hoffenheim
© getty

Nach dem 3:1-Sieg bei der TSG Hoffenheim beträgt der Rückstand des FC Bayern München auf den Tabellenführer Borussia Dortmund zumindest zwischenzeitlich nur mehr drei Punkte. Das liegt auch an den durchaus überraschenden - und erfolgreichen - Maßnahmen von Trainer Niko Kovac.

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Wenn es dem FC Bayern gut geht, dann ist das nach einem Spiel an zwei Indizien zu erkennen. Erstens: die Bosse schweben beflügelt von ihrem Grinsen förmlich durch die Mixed Zone. Zweitens: Thomas Müller scherzt mit den anwesenden Journalisten. An diesem Januarabend in Sinsheim waren beide Faktoren gegeben.

Nur wenige Minuten nach Abpfiff erschienen der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß. Sie betraten die Mixed Zone der Hoffenheimer Arena, die man sich wie einen Kreisverkehr vorstellen muss. Einfahrt auf der einen Seite, in der Mitte die Journalisten, Ausfahrt auf der gegenüberliegenden Seite. Rummenigge also marschierte im Kreisverkehr rechts herum und sagte: "Das Spiel war super. Wir haben ein schönes Wochenende." Hoeneß marschierte links herum und lächelte nur. Auf der anderen Seite trafen sie sich zeitgleich und entschwanden in die Sinsheimer Nacht.

Bald darauf kam Müller in seiner Funktion als bayerischer Lausbub. Woran es denn lag, dass der FC Bayern so gut aus der Winterpause gekommen ist? "Es war wahrscheinlich mal wieder das beste Trainingslager aller Zeiten - wie jedes Jahr", sagte er und setzte dann sein verschmitztes bayerisches Lausbubengrinsen auf.

Neuer: "Mit die beste Halbzeit dieser Saison"

Eine Woche hatte sich der FC Bayern Anfang Januar in Doha/Katar auf diese Rückrunde vorbereitet. Erstmals seit 2011 nicht als Bundesligaspitzenreiter, sondern mit gar sechs Punkten Rückstand auf den aktuellen Tabellenführer Borussia Dortmund. Nach dem 3:1-Sieg bei der TSG Hoffenheim sind es zumindest zwischenzeitlich nur mehr drei Zähler. Als die Spieler nach Abpfiff zum Feiern in die Kurve gingen, durften die Fans zwar noch nicht "Spitzenreiter! Spitzenreiter! Hey! Hey!" singen, aber probten immerhin schon mal den Rhythmus mit anderen Lyrics: "Super-Bayern! Super-Bayern! Hey! Hey!"

Was die Bayern in der ersten Halbzeit in Hoffenheim gespielt hatten, war tatsächlich super. Kapitän Manuel Neuer nannte es "mit die beste Halbzeit dieser Saison", sein Stellvertreter Müller "überragend" und Trainer Niko Kovac "sensationell".

FC Bayern: Süle ist der neue Abwehrchef

Defensiv ließ die Mannschaft angeführt vom neuen Abwehrchef Niklas Süle nichts zu. "Ich bin sehr zufrieden, wie meine Rolle im Moment ist", sagte er. "Der Verein hat gesehen, dass man mir vertrauen kann." Schon in der Hinrunde war Süle der Innenverteidiger mit der deutlich höchsten Spielzeit. Nun erklärte ihn auch Trainer Niko Kovac offiziell zur Nummer eins seiner Spezies: "Er ist im Moment Stammspieler vor den anderen beiden. Die anderen beiden 'matchen' sich im Moment einen aus."

Die anderen beiden, das sind natürlich die langjährigen Stammspieler Mats Hummels und Jerome Boateng. Nachdem gegen Ende der Hinrunde zumeist Zweiterer den Vorzug bekommen hatte, begann in Hoffenheim etwas überraschend Ersterer und machte ein gutes Spiel. Hummels' Zweikampfquote von knapp 88 Prozent war die beste aller Feldspieler auf dem Platz, in der Luft gewann er knapp 86 Prozent seiner Duelle und außerdem spielte er noch den einen oder anderen schön eröffnenden Pass.

Kovac beantwortet die gestellten Fragen kreativ

Diese Pässe gingen dann ins Mittelfeld, in dem Kovac mit der personellen Besetzung überraschte. Zwei Fragen, die ihm der vorhandene Kader gestellt hatte, beantwortete er kreativ. Auf "Müller oder James?" sagte Kovac: "Goretzka!" Und auf "Gnabry oder Gnabry?" sagte er: "Müller!" So formierten sich Javi Martinez und Thiago auf der Doppelsechs, direkt vor ihnen agierte Leon Goretzka und auf der rechten Seite Müller. James und Serge Gnabry saßen zu Beginn nur auf der Bank, kamen aber beide im Laufe des Spiels rein.

Goretzka nahm die alte Rolle von Müller unterdessen so detailgetreu an, dass er sogar zwei sogenannte Thomas-Müller-Tore schoss. In der 34. Minute ließ er einen Nachschuss aus spitzem Winkel von Kevin Vogt in die kurze Ecke abfälschen, in der Nachspielzeitzeit der ersten Hälfte rutschte er mit ausgestreckter Körperhaltung in eine Hereingabe von David Alaba und beförderte sie ins Tor. Müller hätte es mit seinen Storchenbeinen nicht besser machen können. "Das erste Tor war ein bisschen glücklich, das zweite ganz gut", sagte Goretzka. Er fühlte sich in seiner offensiveren Rolle sichtlich wohl: "Es ist eine Position, die ich gerne spiele."

Der zum Scherzen aufgelegte Müller sieht im Kader weitere mögliche Alternativen für diese Position, um die sich zunächst nur Müller und James zu streiten schienen. "Wir haben sogar noch mehr Zehner, das wisst ihr bloß nicht. Bei uns kann jeder auf der Zehn spielen, wir sind ja variabel", sagte er. Seine eigene Leistung auf dem rechten Flügel war ebenfalls etwas variabel: Müller arbeitete zwar defensiv aufopferungsvoll, offensiv gelang ihm aber nicht allzu viel.

Müller über Kovac: "Dann muss man ihn auch mal loben"

Dafür gelang ihm nach dem Spiel ein ungefragtes Trainerlob. Galt Müller spätestens nach dem aufsehenerregenden Instagram-Post seiner Frau Lisa in der Hinrunde noch als ein möglicher Kovac-Skeptiker, sagte er nun: "Wir waren sehr gut auf das Hoffenheimer System eingestellt und auf dem Feld gut verteilt." Nicht erkennbare taktische Ausrichtung und mangelhafte Raumaufteilung waren ja Punkte, die Kovac vorgeworfen worden waren. Also lobte Müller jetzt: "Wenn es funktioniert, was der Trainer macht, dann muss man den auch mal loben."

Nach der guten ersten Halbzeit klappte das alles nach der Pause aber nicht mehr ganz so gut. Vielleicht auch, weil Hoffenheim-Trainer Julian Nagelsmann in der Abwehr von einer Dreier- auf eine Viererkette umstellte. Die darauffolgende leichte Unordnung im Spiel des FC Bayern, den daraus resultierenden Hoffenheimer Anschlusstreffer und die folgende Spannung im Spiel nannte Müller "ein bisschen wild" und auch "ein bisschen blöd". Es blieb aber jeweils nur bei "einem Bisschen", denn Robert Lewandowski machte mit seinem 3:1 in der 87. Minute alles klar.

Münchner Selbstvertrauen und Karma

Für den FC Bayern war das ein 3:1-Sieg gegen Hoffenheim und gleichzeitig eine Druckausübung auf Dortmund. "Es ist keine angenehme Situation, wenn sie gesehen haben, dass wir hier verdient 3:1 gewonnen haben", verkündete Neuer. Goretzka wolle sich das Spiel der Dortmunder am Samstag bei RB Leipzig sogar anschauen. "Wenn es von den Zeiten her passt, auf jeden Fall", sagte er und fragte: "Spielen die um 15.30 Uhr?" Nein, spielen die nicht! Erst um 18.30 Uhr (im LIVETICKER).

Vielleicht war es eine ehrliche Frage von Goretzka, vielleicht aber auch ein Ausbruch des zurückkehrenden Münchner Selbstvertrauens. Nach dem Motto: "Uns doch egal, was die machen. Am Ende stehen eh wir vorne." Süle sprach dafür ganz sicher ehrlich, für eine Lüge hätte er sein spirituelles Schicksal wohl nicht aufs Spiel gesetzt: "Ich denke zwar immer ein bisschen an Karma, aber ich hoffe, dass die morgen verlieren."

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