BVB nach dem Sieg in Wolfsburg: Okay-gut und trotzdem deutscher Meister

Die Spieler von Borussia Dortmund feiern den 1:0-Sieg beim VfL Wolfsburg.
© Getty

Auch im 15. Pflichtspiel unter Trainer Lucien Favre ist Borussia Dortmund ungeschlagen geblieben. Die Mannschaft lieferte beim VfL Wolfsburg keine Galavorstellung, gewann aber trotzdem mit 1:0 und baute die Tabellenführung auf den FC Bayern München auf vier Punkte aus. Die Fans sangen von der deutschen Meisterschaft.

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Es muss ungefähr zeitgleich gewesen sein, dass in München einige Fans hämisch etwas fragten und in Wolfsburg einige Fans deutlich lauter etwas feststellten. Es ging jeweils um das gleiche Thema, es ging um die deutsche Fußball-Meisterschaft. "Und ihr wollt deutscher Meister sein?", sangen die Freiburg-Fans in München. Einige hundert Kilometer weiter nördlich hieß es: "Deutscher Meister wird nur der BVB!"

Die Frage der Freiburger konnte getrost mit "ja (noch)" beantwortet werden; die Feststellung aus Wolfsburg stimmte natürlich nicht, von einem "nur" kann keine Rede sein. Deutsche Meister werden bekanntlich seit 1903 gekürt und der BVB kam bisher lediglich achtmal zu dieser Ehre. Aber: Geschichte hin oder her, wer verdenkt den schwarz-gelben Fans diesen Übermut? Ihr Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte schließlich bereits vor diesem Spiel in Wolfsburg gesagt: "Die Fans sind euphorisiert, weil da was zusammenwächst."

In der Tat wächst in Dortmund etwas zusammen. Etwas, das durchaus für die neunte deutsche Meisterschaft des Klubs sorgen kann. Das zeigte sich in den vergangenen Wochen bei einigen Galavorstellungen dieser jungen Mannschaft, zum Beispiel bei den beiden 4:0-Siegen beim VfB Stuttgart in der Bundesliga und gegen Atletico Madrid in der Champions League. Vielleicht zeigt sich das aber noch viel mehr, bei so einem Spiel wie diesem 1:0-Sieg in Wolfsburg.

Trainer Favre, der Verantwortliche für das Zusammenwachsen, nannte die erste Halbzeit "okay-gut" und die zweite "besser". Es war jedenfalls kein Spiel, das irgendjemand (nicht einmal der Euphorisierteste unter den Euphorisierten) eine Galavorstellung nennen würde - gewonnen wurde aber dennoch.

Alcacer spielt nicht mit, Delaney köpfelt daneben

Im Vergleich zum 3:2-Sieg nach Verlängerung im DFB-Pokal gegen Union Berlin hatte Favre gleich neun neue Spieler in die Startelf befördert. Mit Manuel Akanji, Thomas Delaney und Paco Alcacer hatten drei davon zuletzt sogar angeschlagen gefehlt. Ihre Leistungen bei der Startelf-Rückkehr gegen Wolfsburg waren unterschiedlich überzeugend.

Alcacer, der vor seinen muskulären Problemen öfter traf als er auflief, schien trotz Startelfplatz nicht wirklich mitzuspielen. In seinen 78 Minuten auf dem Platz berührte er den Ball 14 Mal. Er führte vier Zweikämpfe und gewann keinen davon, er verlor fünf Mal den Ball und sein einziger Abschluss wurde geblockt. Erstmals blieb er bei einem Spiel für Dortmund ohne Torerfolg.

Im Gegensatz zu Alcacer schien Delaney schon eher mitzuspielen. Er war oft am Ball, gewann viele Zweikämpfe - köpfelte dafür aber in der 27. Minute völlig freistehend Richtung Eckfahne. Zu seinem Glück huschte Marco Reus dazwischen und beförderte den Ball zum 1:0-Endstand ins Tor. Es war gleichzeitig der einzige Dortmunder Schuss aufs Tor.

Folgerichtig analysierte Akanji, der dritte Rückkehrer, nach dem Spiel die Gründe für den Sieg mit der Erkenntnis: "Wir haben ein Tor mehr geschossen." Womit er natürlich Recht hatte, genau wie mit der Aussage: "Wir haben als Mannschaft sehr gut verteidigt und deswegen nicht viele Torchancen zugelassen." Dass das eine eigene Tor reichte, hatte aber auch mit einem Hauch Glück zu tun. Schiedsrichter Daniel Siebert hätte für Dan-Axel Zagadous Trikotzupfer gegen Marcel Tisserand in der 87. Minute durchaus auch Elfmeter geben können. Tat er aber nicht. Lauf ist Lauf.

Favre stellt Rekord auf: zum 15. Mal ungeschlagen

In seinem 15. Pflichtspiel als Dortmund-Trainer blieb Favre somit zum 15. Mal ungeschlagen, zwölf Siege und drei Remis. Das schaffte vor ihm noch keiner in der Vereinsgeschichte. "Ich wusste nichts davon", sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Spiel über diese Statistik. Es war einer der wenigen Sätze Favres, die das Wort "verbessern" nicht beinhalteten. Überall gebe es seiner Meinung nach nämlich noch etwas zu verbessern, egal wovon er sprach. Zum Beispiel über Taktik, Technik oder Dan-Axel Zagadou, der zuletzt und auch in Wolfsburg schon sehr gut spielte. Verbessern. Verbessern. Noch weiter verbessern.

Favre sagte das alles ruhig und milde und sehr sanft, ansonsten hätte es sich wohl fast wie Drohungen angehört. Die Wolfsburger dagegen hatten bei den Dortmundern zuvor wenige Möglichkeiten zur Verbesserung gesehen. Maximilian Arnold machte für den Dortmunder Sieg "nur die Qualität" verantwortlich, Daniel Ginczek sprach von "brutaler individueller Qualität" bei seinen Gegenspielern. "Wie viel wir verschieben mussten, wie viel wir hinterhergelaufen sind", klagte er.

Den letzten Dortmunder Weg liefen die Wolfsburger jedoch nicht hinterher. Nach dem Abpfiff Richtung Auswärtskurve, wo die schwarz-gelben Spieler dann wild umhertanzten und die gleichfarbig gekleideten Fans eben lautstark feststellten: "Deutscher Meister wird nur der BVB!" Am nächsten Samstag empfangen sie in Dortmund den Verein, der das zuletzt zwar ein paar Mal schaffte - bei dem das Potenzial zur neuerlichen deutschen Meisterschaft aber aktuell wohl nicht nur die Freiburg-Fans in Frage stellen.

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