Timo Werners Rückkehr nach Stuttgart: Joachim Löws Stürmer Nr. 1 weiter in der Krise

Timo Werner (l.) gelang gegen den VfB Stuttgart am 26. Spieltag nicht viel.
© Getty

Timo Werner konnte seine Torflaute beim 0:0 am 26. Spieltag gegen den VfB Stuttgart nicht beenden: Bei der Rückkehr an alte Wirkungsstätte blieb der Angreifer von RB Leipzig blass und wartet nun schon sieben Spiele auf einen Treffer. Die Krise seines Stammspielers ist auch Bundestrainer Joachim Löw nicht verborgen geblieben. Baut er trotzdem weiter auf Werner?

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Als Joachim Löw am Sonntagnachmittag auf der Tribüne der Mercedes-Benz Arena Platz nahm, spielten gleich zwei seiner potenziellen WM-Stürmer gegeneinander. Da war der Ex- und Wieder-Stuttgarter Mario Gomez, der sich mit einer klaren Formsteigerung und guter Torquote in den letzten Wochen für einen Platz im Kader für Russland empfahl. Und da war der Ex-Stuttgarter Timo Werner, zuletzt Stammkraft in der Löw-Aufstellung mit nur einem Stürmer.

Gomez spielte über 90 Minuten seinen Stiefel herunter. Relativ wenige Ballaktionen, dafür viele Zweikämpfe, am Boden und in der Luft. Ackern, Gras fressen, zusammen mit Sturmpartner Ginczek den Gegner beschäftigen. Auf einen Torschuss kam Gomez insgesamt, ein Kopfball aus guter Position, aus dem man durchaus mehr machen kann.

Aber es dürfte nicht viel geben, mit dem Gomez den Bundestrainer noch überraschen könnte. Schließlich hat der 32-Jährige insgesamt 71 Spiele unter Löw absolviert (31 Tore), zuletzt war er im September gegen Norwegen dabei und erzielte beim 6:0 einen Treffer. Fraglich auch, ob sich Gomez' Rolle im Korkut'schen System auf die balldominante Nationalelf übertragen ließe - im vermeintlichen Zweikampf mit Sandro Wagner dürfte es am Ende wohl vor allem um Form und Fitness gehen.

Timo Werner gegen den VfB Stuttgart unter Druck

Interessanter war für Löw zweifellos Timo Werner. Der Werner, der erst vor knapp einem Jahr überhaupt in der DFB-Elf debütierte - am 22. März 2017 beim 1:0 über England -, der sich mit sieben Toren in zehn Einsätzen aber prompt zum Stammspieler mauserte.

Dieser Werner hatte beim VfB ein besonderes Spiel vor sich. Da war die Rückkehr an alte Wirkungsstätte: 14 Jahre hatte er den Brustring im Schwabenland getragen, bevor er 2016 nach Leipzig wechselte. Da war sein 150. Bundesligaspiel im Alter von 22 Jahren und 5 Tagen - so früh wie noch niemand zuvor. Da war die Erinnerung an sein letztes Spiel in Stuttgart, als er beim Kantersieg gegen Norwegen gleich zweifach traf und von den Zuschauern bejubelt wurde.

Da war natürlich Jogi Löw im Stadion. Und da war die Tatsache, dass Werner in der Liga schon seit sechs Spielen auf einen Treffer wartete. Das war ihm im Trikot des RB bisher noch nie passiert. Nicht nur ihm, dem gesamten Team war zuletzt die Leichtigkeit ein wenig abhanden gekommen, in der Liga war man aus den Champions-League-Rängen gerutscht. Jetzt also die Wende? Vor den Fans, die ihm seinen Wechsel zum Retortenklub nie verziehen hatten?

Löw sieht keinen Befreiungsschlag von Werner

Nach 76 Minuten ließ sich konstatieren: Der erhoffte Befreiungsschlag war ausgeblieben. Dann nämlich wurde Werner von seinem Trainer Ralph Hasenhüttl ... erlöst? Ein sicherlich zu starkes Wort. Aber wirklich Spaß gemacht hat es dem Rückkehrer wohl auch nicht, auch wenn der nach der Partie standhaft erklärte, dass es schön gewesen sei, "nach Hause zu kommen. Das ist immer etwas Besonderes. Ich habe viele altbekannte Gesichter gesehen".

Sonderlich viel Fußball hatten diese Gesichter ihrerseits nicht gesehen. Stuttgart wollte nicht, Leipzig wollte zwar etwas mehr, konnte aber auch nicht so wirklich. Und so gab es nicht wirklich viele Strafraumszenen, aber dafür umso mehr Fouls und Unterbrechungen.

Werner selbst schien der Rummel um seine Person schon ein wenig zu schaffen zu machen. Er wirkte nervös und in seinen Aktionen glücklos. Der VfB verteidigte ihn clever, hin und wieder wollte der Stuttgarter Jung dann auch mit dem Kopf durch die Wand. Weder Kombinationsfußball noch Kontermöglichkeiten ließen ihn seine Stärken ausspielen. Nur einmal tauchte er frei vor Zieler auf, kurz vor der Halbzeit, aber der Keeper hatte den Winkel gut verkürzt und so streifte ein überraschter Werner das Spielgerät nur leicht mit der Pike - Chance vertan.

Pfiffe und Sprechchöre gegen Werner von den Zuschauern

Die Zuschauer, die sich in der Anfangsphase noch zurückgehalten hatten, taten ihr Übriges. "Timo Werner ist ein Stuttgarter Junge", hatte Tayfun Korkut, der Werner in der VfB-Jugend selbst noch erlebt hatte, plädiert. Aber in der hitzigen Partie war die Zielscheibe nach gut einer halben Stunde wieder gefunden: Werner hatte den Fuß gegen Werner drüber gehalten und sich mit dem Kapitän ein Wortgefecht geliefert. Danach ging es wieder los. Pfiffe bei Ballkontakten, Sprechgesänge, die ihn als "H...sohn" und "A...loch" betitelten, ein Pfeifkonzert bei seiner Auswechslung.

Werner ließ sich nicht anmerken, dass ihn die Angriffe trafen. Aber er spielte eben auch nicht so, als prallten sie an ihm ab. Eine Zweikampfquote von 31 Prozent, ein gewonnenes Dribbling, zwei Torschüsse. "Er hat Haltung gezeigt", gab es danach Lob von Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke, und der Spieler selbst erklärte, mit dem Punkt alles andere als unzufrieden zu sein.

Tests gegen Spanien und Brasilien: Baut Löw weiter auf Werner?

Die Quote bleibt: Schon sieben Spiele ohne Tor. Es läuft bei Werner nicht, es läuft bei Leipzig nicht. In der Liga: Interessanterweise präsentierte sich der Stürmer in der Europa League zuletzt besser: Gegen Zenit war er an beiden Toren beteiligt, in Neapel traf er ebenfalls doppelt. Weil ihn die Gegner nicht so gut kennen? Oder weil der Druck und die Anfeindungen der Zuschauer nicht so präsent sind?

Joachim Löw ist bekannt dafür, dass er seinen Stürmern vertraut, auch wenn sie im Liga-Alltag mal nicht so oft treffen. Rekord-WM-Torschütze Miroslav Klose hatte ihm das über viele Turniere zurückgezahlt. Aber der Konkurrenzkampf ist brutal, Löw selbst hat ihn über die letzten Monate mehrfach angeheizt. Zudem stehen dem Weltmeistertrainer Stand jetzt eine Vielzahl von Möglichkeiten in der Offensive zur Verfügung. Das Standing eines Miro Klose hat Werner noch lange nicht - er muss bei RB Leistung zeigen, um seinen Stammplatz in der "Mannschaft" zu behalten.

Am 23. und 27. März stehen gegen Spanien und Brasilien zwei Tests gegen großkalibrige Gegner an. Die letzte Möglichkeit für Löw, noch einmal gegen Teams von Weltformat zu experimentieren, bevor er am 15. Mai seinen vorläufigen Kader beruft. Werner wird dabei sein. Und er wird mehr zeigen müssen als gegen Stuttgart.

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