Rund ist anders

Von David Kreisl
Gegen Bremen wurde Robert Lewandowski (l.) zum Matchwinner
© Getty

Zweites Spiel, zweiter Sieg, zwischenzeitliche Tabellenführung - beim FC Bayern München läuft es, mag man meinen, schon wieder reibungslos. Tut es aber nicht.

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Vor gut einer Woche, da wurde auch ohne Matthias Sammer viel gemahnt in und um den FC Bayern. Dieser hatte da wohlgemerkt gerade mit einem 3:1 über Bayer Leverkusen die Bundesligasaison eröffnet; die wackelige Art und Weise, die sich wie die Vorbereitung auch so gar nicht nach Mia san Mia anfühlte, hatte aber doch stutzig gemacht.

Die Zeit sah beispielsweise schon am Freitag vor einer Woche eine "Ära der Wurschtelsiege" beim Rekordmeister kommen. Siege also, wie man im Süden sagt, deren Entstehung eher holprig und wenig souverän sein wird. Nun sind derartige Prognosen nach nur einem Spieltag mindestens mutig und sicher gewagt - doch auch im Weser-Stadion am Samstag war's wieder einer, so ein Wurschtelsieg.

Viele Vieren, Fünfen, sogar Sechsen (Plural!) und eine Sieben standen in den letzten Jahren neben dem Wappen der Münchner, wenn es gegen Werder ging. Viele Nullen, selten mehr, neben der grünen Raute mit dem W.

Lewandowski "einer der Besten der Welt"

Von diesen Zahlen war der FC Bayern am Samstagnachmittag weit entfernt, eine Zwei stand am Ende auf der Tafel. Und dass diese überhaupt da auftauchte, dass es den 16. Pflichtspielsieg in Folge gegen die Bremer gab, war einem gewissen Robert Lewandowski zu verdanken. Diesem "Knaller", diesem "besten Stürmer der Liga und einem der besten der Welt", wie sich Sportdirektor Hasan Salihamdzic im Anschluss so diebisch freute, wie es vielleicht nur Hasan Salihamdzic kann.

Dabei war es 72 Minuten lang der bis dato vielleicht frustrierendste Abend für den Polen im Dress des FC Bayern. Werder verbarrikadierte sich fast schon auf dreiste Art und Weise, die Bayern wussten nicht so recht, was zu tun war. Ideenlos, gefühlt immer einen Moment zu langsam, immer mit einem Ballkontakt zu viel versuchten die Gäste - mit den sicher noch nicht komplett fitten Thiago und Robben in der Startelf - erfolglos diesen grünen Wall zu überwinden.

Zumindest bis zu jener 72. Minute, als Joker Kingsley Coman einen Haken schlug und zu eben jenem Lewandowski passte. Der, zuvor ohne Torschuss, ohne Bindung, ohne irgendwas, legte den Ball lässig mit der Hacke an Jiri Pavlenka vorbei. Und setzte drei Minuten später zu einem Solo an, zunächst etwas trittunsicher, dann aber mit einem hundsgemeinen Schuss, der Robert Bauer und Pavlenka durch die Hosenträger sauste. "Es gab nicht viel Raum für uns", sagte Lewandowski, der mit 154 Toren jetzt gleichauf mit Mario Gomez der erfolgreichste aktive Ligaspieler ist: "Wir mussten geduldig bleiben."

Manuel Neuer ungeprüft bei seinem Comeback

Vorne musste es also wieder die individuelle Klasse lösen, in der Defensive waren die Roten aber gefühlt einen Schritt weiter als noch gegen die Werkself vor einer Woche. Da hatte ja selbst Carlo Ancelotti mit verhältnismäßig deutlichen Worten das Defensivverhalten und die fehlende Balance angeprangert. Etliche Chancen ließen die Leverkusener liegen, böse gesagt waren Kevin Volland & Co. die effektivsten Verteidiger für die Münchner.

Von Werder kam am Samstag hingegen: wenig bis nichts. Ein paar schlampig ausgespielte Konter, ein Schuss, den Niklas Süle vor der Linie klären konnte - für die Defensivabteilung des Rekordmeisters verlief der Abend angenehm ruhig. Auch Manuel Neuer musste bei seinem Comeback 130 Tage nach seinem Mittelfußbruch und in seinem ersten Spiel als erster Kapitän des FC Bayern nicht ein einziges Mal in irgendeiner Weise eingreifen.

Thomas Müller klagt über Bankplatz

Weiter viel, viel Luft nach oben, wenn auch mit Schritten in die richtige Richtung, vielleicht lässt sich so der FC Bayern sportlich nach dem 2. Spieltag zusammenfassen. Es wird auf jeden Fall noch ein wenig dauern, bis es nicht mehr holpert, bis man auf das durchwurschteln verzichten kann.

Das ist natürlich ein Luxusproblem, wie es so oft der Fall ist, wenn beim FC Bayern etwas nicht stimmt. Aber es ist gerade nicht das einzige. Denn während sich die personelle Baustelle Renato Sanches zu schließen scheint - der Portugiese stand wegen Transfergesprächen auf eigenen Wunsch nicht im Kader - hat ausgerechnet Thomas Müller vielleicht eine neue eröffnet.

Ob es eine ist, und wenn ja, wie groß, das mag jeder selbst beurteilen, wenn Müller (eingewechselt in Minute 73) über seinen Bankplatz sagt Richtung Ancelotti sagt: "Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will. Meine sind scheinbar nicht 100-prozentig gefragt."

Müller, der um seinen Stellenwert im Verein weiß und nicht auf den Kopf gefallen ist, wird bewusst sein, dass eine solche Aussage aus seinem Mund durchaus Gewicht hat. Zumindest zeigt sie, dass bei den Münchnern auch außerhalb des Platzes noch nicht alles reibungslos läuft. Noch nicht.

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