Eine Sache von Nuancen

Ciro Immobile verschoss auch in Italien seine einzigen Elfmeter - auch in Mainz traf er nicht
© Getty

Borussia Dortmund kassiert beim 1. FSV Mainz 05 im vierten Bundesligaspiel bereits die zweite Saisonniederlage. Lange Zeit lieferten sich beide Teams einen intensiven Kampf. Mainz gewann ihn am Ende - weil der FSV die Kleinigkeiten dieses Spiels für sich entschied.

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Reaktionen:

Jürgen Klopp (Trainer BVB): "Wir haben unsere Chancen nicht genutzt und bei den beiden Gegentoren schlecht verteidigt. Da waren wir in der Birne zu passiv. Adrian Ramos kann sicherlich die eine oder andere Chance locker reinmachen. Dazu der verschossene Elfmeter, da kommt alles zusammen. Deshalb haben wir hochverdient verloren. Viele Spieler müssen noch lernen, mit dieser Belastung umzugehen. Wenn du an so einem Tag Schmerzen spürst, dann machst du einen Schritt weniger."

Kasper Hjulmand (Trainer Mainz): "Dortmund hat das beste Umschaltspiel in Europa. Wir haben das sehr gut in der Verteidigung gemacht. Meine Mannschaft hat die tiefen Bälle sehr gut verteidigt. Wenn du viele neue Spieler bekommst, dann hast du natürlich ein neues System mit neuen Ideen. Wir haben vielleicht ein bisschen mehr Kontrolle und spielen mehr Pässe. Trotzdem wollen wir das schnelle Umschaltspiel und das gute Pressing nicht verlieren. Beides ist möglich. Wir müssen weiter arbeiten und sind nicht zufrieden. Wir haben viele Möglichkeiten, diese Mannschaft zu entwickeln. Das Team hat sehr viel Qualität."

Matthias Ginter (BVB): "Ich habe gemerkt, dass ich einen Gegenspieler im Rücken habe. Wenn ich nicht dran komme, dann macht er ihn rein. Mainz war in der zweiten Halbzeit überlegen und hat im richtigen Moment die Tore gemacht. Deshalb haben sie gewonnen."

Erik Durm (BVB): "Wir haben die ersten 20, 30 Minuten gut gespielt, haben attackiert, waren sehr lauffreudig, haben viel nach vorne gespielt und gute Chancen rausgespielt. Wir müssen jedoch kaltschnäuziger vor dem Tor sein. Die beiden Gegentreffer dürfen wir so nicht kassieren. Wir haben uns das heute anders vorgestellt, wollten einen Dreier holen und sind daher sehr unglücklich."

Jonas Hofmann (Mainz): "Heute ist feiern angesagt, keiner hätte mit dem Sieg gerechnet. Es war eine großartige Mannschaftsleistung. Man hat gesehen, was man alles erreichen kann, wenn man als Team zusammenhält und immer wieder Gas gibt. Der gehaltene Elfmeter hat uns noch mal Schwung gegeben. Wir haben gut verteidigt. So viele richtig gute Chancen hatte der BVB nicht. Der Sieg war vielleicht auch etwas glücklich, Dortmund war schon am Drücker. Im Endeffekt zählen jedoch die Tore."

Nachbetrachtung:

Auf viel Arbeit und ein schwieriges Spiel stellte sich Jürgen Klopp vor der Partie bei seinem ehemaligen Arbeitgeber ein.

Dass sich dies als korrekte Einschätzung des Dortmunder Trainers herausstellte, war in erster Linie den beiden Spielideen geschuldet, die am Samstagabend in der Coface-Arena aufeinander trafen.

Mainz und der BVB gingen besonders in den ersten 45 Minuten ein irrsinniges Tempo und arbeiteten stark gegen den Ball. Aufgrund des intensiven Pressings war die Mannschaft, die sich in Ballbesitz befand, stärker unter Druck und hatte Probleme, den Ball ans Ziel zu bringen.

Ramos vergibt beste Chancen

So war es für beide Seiten schwer, sich klare Torchancen zu erarbeiten. Dortmund tat dies lange Zeit etwas besser als Mainz. Adrian Ramos scheiterte jedoch aus jeweils aussichtsreicher Position per Kopf (trotz Abseits), am Pfosten und am Bein von Junior Diaz. Eine Sache von Nuancen.

Kurioserweise fielen die Tore und damit die Entscheidungen des Abends erst, als Klopp mit Ramos den offensiv- und zweikampfstärksten sowie lauffreudigsten Dortmunder auswechselte.

Beide Teams hatten nach frühen Ballgewinnen mehrere Gelegenheiten, das Feld per Konterspiel schnell zu überbrücken. Doch es war Mainz, das einen solchen Angriff als erstes zu Ende spielte. Erneut entschieden dabei nur Kleinigkeiten, denn die Dortmunder und allen voran Sokratis hatten vor dem 0:1 keinen extrem fatalen Stellungsfehler begangen.

"Es kam heute alles zusammen"

Dass der für Ramos eingewechselte Ciro Immobile kurz darauf einen Elfmeter herausholte und diesen dann nach starker Parade des Mainzer Keepers Loris Karius selbst verschoss, war die nächste Kleinigkeit, die Mainz den Dortmunder voraushatte.

Diese beiden Momente veränderten das Spiel dahingehend, dass nicht nur eine erste Vorentscheidung gefallen war, sondern sich diese Ereignisse auch auf die Präsenz der Spieler auswirkten. Dortmund ging die geistige Frische flöten, Mainz' Selbstbewusstsein war beflügelt. Eine Sache von Nuancen.

"Man hat gesehen, was das 1:0 für Mainz bewirkt hat, was das 0:1 für uns bewirkt hat. Und das 0:2 erst recht und der verschossene Elfmeter auch noch. Es kam heute alles zusammen, deswegen sind wir der verdiente Verlierer", bilanzierte Klopp.

Hätte Dortmund jedoch eine seiner Chancen beim Stande von 0:0 genutzt, wäre Klopps Resume nach diesem Spielverlauf wohl gegenteilig ausgefallen. Der Coach: "Wir müssen uns in guten Phasen belohnen und in weniger guten stabil sein. Heute haben wir beides nicht gemacht."

Problem Belastungssteuerung

So stehen unter dem Strich erstmals in der Ära Klopp zwei Niederlagen in den ersten vier Saisonspielen und bereits sieben Gegentore. Mit einem Dreier hätte die Borussia die Tabellenführung erklommen, nun ist der Rückstand auf den FC Bayern um ein weiteres Pünktchen angewachsen.

Dortmunds Problem in dieser frühen Phase der Saison ist, die Belastung für die Spieler nicht richtig verteilen zu können. Klopp versucht da zwar entgegen zu steuern und ließ in Mainz trotz neun Ausfällen fünf neue Kräfte ran. Stabilität, besonders in defensivtaktischer Hinsicht, erreicht die Mannschaft dadurch aber nur häppchenweise - und sieht sich Rückschlägen ausgesetzt wie nun bei den 05ern.

"Die Ausrede 'Champions League' haben wir noch nie gebraucht. Heute auch nicht. Viele Spieler müssen aber noch lernen, mit dieser Belastung umzugehen. Wenn du an so einem Tag Schmerzen spürst, dann machst du einen Schritt weniger", sagte Klopp.

Der eine Schritt weniger, diese Kleinigkeiten und Nuancen in den entscheidenden Spielszenen, gaben am Samstagabend den Ausschlag für den Mainzer Erfolg.

Mainz - Dortmund: Daten zum Spiel