Dreifacher Kumbela schießt HSV ab

Domi Kumbela (r.) kam zur Pause - und traf satte drei Mal gegen den HSV
© Getty

Die Krise des Hamburger SV geht weiter. Gegen den Tabellenletzten Eintracht Braunschweig mussten die Hanseaten im selbsternannten "Spiel des Jahres" eine bittere 2:4 (1:0)-Niederlage hinnehmen und sind damit nur noch einen Punkt von Platz 18 entfernt. Matchwinner der Löwen war Joker Domi Kumbela, der einen Dreierpack schnürte. Anschließend wurde Trainer Bert van Marwijk entlassen.

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Vor 22.000 Zuschauern im ausverkauften Eintracht-Stadion brachte Pierre-Michel Lasogga die Gäste mit seinem 10. Saisontor in Führung (23.) und profitierte dabei von einem Patzer des Braunschweiger Keepers Daniel Davari. Kurz nach der Pause machte es sein Gegenüber Rene Adler nicht besser, als er dem zur Pause eingewechselten Domi Kumbela nach einem bösen Fehler den Ausgleich schenkte (51.).

Der Stürmer drehte das Spiel nach genau einer Stunde mit seinem zweiten Tor und traf kurz vor Ende des dramatischen Spiels zum Sieg (85.). Ivo Ilicevic hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich für die Hanseaten besorgt (76.), Jan Hochscheidt gelang in der Nachspielzeit der Schlusspunkt (90.+3).

Die Löwen behalten damit zwar die Rote Laterne, rücken aber bis auf einen Punkt an den HSV heran. Die Hanseaten befinden sich dagegen weiter im freien Fall. Nach der siebten Bundesliga-Pleite in Folge bleibt der HSV das erste Mal in der Vereinsgeschichte in den ersten vier Spielen nach der Winterpause ohne Punkt.

Nach einer kurzfristig anberaumten Sitzung am Samstagabend wurde Trainer Bert van Marwijk laut übereinstimmender Medienberichte entlassen. Nachfolger wird laut "Bild" Mirko Slomka.

Medien: HSV entlässt van Marwijk

Reaktionen:

Bert van Marwijk (Trainer Hamburger SV): "Bei jedem Spiel macht wieder ein anderer Spieler einen Fehler. Wir haben in der Verteidigung so viele Fehler gemacht, durch die wir das Spiel verlieren, das war heute wieder so. Es war total unnötig. Persönliche Fehler abzustellen, ist ganz schwierig. Das Vertrauen wird immer weniger. Die Spieler denken jedes Spiel an die Fehler. Man kann fast drauf warten und das ist etwas, woran wir alle arbeiten müssen. Die beste Medizin ist ein oder zwei Spiele zu gewinnen."

van Marwijk über seine Zukunft: "Mein Job ist für mich im Moment überhaupt nicht wichtig. Ich versuche alles, um den HSV hier rauszuholen."

Oliver Kreuzer (Sportdirektor Hamburg): "Wir werden uns heute Abend zusammensetzen, die ganz Situation analysieren. Wenn es etwas zu verkünden gibt, werden wir das tun."

Torsten Lieberknecht (Trainer Braunschweig): "Das Gegentor zum 0:1 hat mich wütend werden lassen. Das hat die Mannschaft in der Pause gemerkt. Ich kann heute Dank sagen: an meine Mannschaft, die das Herz in die Hand genommen hat, an Domi Kumbela, der das Spiel im Alleingang gedreht hat und an unsere Fans, die uns unglaublich unterstützt haben."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Van Marwijk verändert seine Elf nach dem Pokal-Debakel gegen die Bayern auf vier Positionen. Mit Lasogga kommt eine echte Sturmspitze ins Team, Calhanoglu muss dafür auf die Bank. In der Mittelfeldzentrale beginnt Bouy für den verletzten Badelj, van der Vaart ist rechtzeitig fit und spielt. Diekmeier und Sobiech bilden zusammen mit Westermann und Jansen die Viererkette.

Die Gastgeber aus Braunschweig mit Nielsen als einziger Spitze. Im Mittelfeld setzt Coach Lieberknecht auf eine offensiv ausgerichtete Vierer-Reihe vor dem einzigen Sechser Theuerkauf. Correia beginnt in der Innenverteidigung, Neuzugang Khelifi steht erstmals im Kader.

10.: Erster Abschluss des Spiels. Lasogga bekommt die Kugel an der Mittellinie, wird nicht angegriffen und zieht aus 25 Metern ab. Der Flachschuss aber zu zentral und kein Problem für Davari.

23., 0:1, Lasogga: Unfassbare Szene. Jansen mit einem weiten Einwurf von links. Lasogga steigt am Fünfereck hoch und hält den Schädel rein. Die Bogenlampe wird immer länger und senkt sich hinter Davari ins Tor. Da sieht der Keeper nicht gut aus.

36.: Van der Vaart zieht einen Freistoß aus gut 25 Minuten über die Mauer direkt aufs Tor. Davari taucht ab und fischt den Ball aus der Ecke. Wäre aber wohl auch ohne den Keeper knapp vorbei gegangen.

41.: Braunschweig kann mal einen Entlastungsangriff fahren. Boland dreht im Halbfeld einen Gegenspieler ein und legt quer auf Theuerkauf. Der geht ein paar Schritte und schießt - einen Meter am rechten Eck vorbei!

47.: John vernascht Kessel auf links, geht zur Grundlinie und chippt den Ball in die Mitte. Davari wehrt den Ball in die Mitte ab, Ilicevic kommt mit Tempo und will die Kugel volley nehmen - schlägt aber am Elferpunkt am Ball vorbei!

51., 1:1, Kumbela: Braunschweig führt eine Ecke von rechts kurz und vor allem sehr schnell aus. Die halbhohe Hereingabe in den Fünfer eigentlich völlig harmlos, doch Adler kann den Ball nicht festhalten! Der eingewechselte Kumbela steht goldrichtig und jagt die Kugel aus wenigen Metern über die Linie.

58.: Jansen kommt nach einer Ecke am Elferpunkt zum Kopfball. Der ersten Versuch bleibt hängen, doch der Verteidiger setzt energisch nach und bringt einen zweiten Abschluss aufs Tor. Davari ist schon geschlagen, doch Boland klärt auf der Linie!

60., 2:1, Kumbela: Starke einstudierte Freistoß-Variante! Boland bringt den Ball aus ganz spitzem Winkel von rechts scharf vors Tor. Kumbela schaltet am schnellsten und drückt den Ball aus zwei Meter in die Maschen!

67.: Das muss das 3:1 sein! Bellarabi leitet einen Konter über rechts ein. Kumbela löst sich in der Mitte, bekommt den Querpass serviert - und scheitert vollkommen blank an Adler!

76., 2:2, Ilicevic: Wieder so ein kurioser Treffer. Lasogga behauptet den Ball im Sechzehner und passt nach außen. Die Kugel kommt flach in die Mitte, die Eintracht will klären und schießt Ilicevic an, der den Ball geistesgegenwärtig volley nimmt und im langen Eck versenkt.

85., 3:2, Kumbela: Was ist hier denn los? Adler lässt einen Bellarabi-Freistoß wieder nach vorne prallen, im Getümmel kommt Kumbela an den Ball und drückt ihn artistisch mit einer Drehung über die Linie.

90.+3, 4:2, Hochscheidt: Konter Eintracht, Bellarabi lässt die Hamburger Abwehr ganz dämlich aussehen und legt frei vor Adler zu Hochscheidt, der ins leere Tor einschiebt.

Fazit: Verdienter Sieg dank gnadenloser Effizienz der Löwen. Der HSV zwar um eine Reaktion nach den letzten Chaos-Auftritten bemüht, aber nicht in der Lage, den Tabellenletzten in Gefahr zu bringen.

Der Star des Spiels: Domi Kumbela kam erst zur Halbzeit und ballerte den HSV im Alleingang ab. Vier Torschüsse, drei Buden - mehr gibt's nicht zu sagen.

Der Flop des Spiels: Rene Adler konnte sich selten auszeichnen. Seine Parade gegen Kumbela (67.) war hervorragend, seine beiden Patzer, die zu Gegentoren führten aber spielentscheidend.

Der Schiedsrichter: Knut Kircher hatte im Abstiegskracher alle Hände voll zu tun, behielt aber den Durchblick. Dank guter Kommunikation mit seinen Assistenten wertete er strittige Szenen wie die Rangelei zwischen Bellarabi und Diekmeier (15.) sowie das Foul von Boland an Diekmeier (32.) richtig. Lediglich Gelb gegen Reichel (45.) war überzogen.

Das fiel auf:

  • Beide Mannschaften waren sich der Bedeutung der Partie bewusst und gingen dementsprechend engagiert, fokussiert und auf defensive Sicherheit bedacht ins Spiel. Ein geordneter Spielaufbau gelang weder dem HSV noch der Eintracht, letztere gefiel allerdings besser im Umschaltspiel. Dennoch fehlte auf beiden Seiten lange die nötige Präzision, um Torgefahr auszustrahlen.
  • Der kuriose Führungstreffer nach einem Einwurf fiel aus dem Nichts - und brachte die bis dahin überlegenen Hausherren aus dem Konzept. Hamburg dagegen witterte Morgenluft und spielte mit der Führung im Rücken befreiter auf. Torchancen waren zwar immer noch Mangelware, dennoch hatten die Gäste die Partie einigermaßen im Griff und ließen vor allem wenig zu.
  • In Abschnitt zwei beide Teams bemüht, ein geordneteres Spiel aufzuziehen. Das gelang vor allem den Gästen, wobei die Gastgeber dank Kumbela gnadenlose Effizienz bewiesen und das Spiel drehten. Stark zwar die Reaktion des HSV, der sich nicht geschockt zeigte, sondern auch nach dem 1:2 weiter Dampf machte. Doch die Abwehrleistung vor allem bei Standards war nicht bundesligatauglich.
  • In den Schlussminuten öffneten beide Teams und wollten den Dreier. Dabei war das Glück auf Seiten der Braunschweiger, die ihr Heimtore-Konto in nur einem Spiel von sechs auf zehn Treffer ausbauten.

Braunschweig - Hamburg: Die Statistik zum Spiel