Das erste Spektakel der Saison

Von Daniel Börlein/Haruka Gruber
Mit seinem sehenswerten Fallrückzieherversuch hatte Hamburgs Ze Roberto keinen Erfolg
© Imago

Der Hamburger SV hat mit einem starken Auftritt einen überraschenden 4:2-Auswärtserfolg beim deutschen Meister VfL Wolfsburg gelandet.

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Die Elf von Trainer Bruno Labbadia legte furios los und ging durch Paolo Guerrero (3.) und Eljero Elia (7.) schnell mit 2:0 in Führung. Nach der Pause sorgten Zvjezdan Misimovic (52.) und Obafemi Martins (55.) für den Wolfsburger Ausgleich.

Danach allerdings dominierten die Hamburger die Begegnung und setzten sich durch Treffer von Mladen Petric (75.) und Romeo Castelen (90.) verdient durch.

Rost: "Beide Teams mit offenem Visier"

"Der HSV hat absolut verdient gewonnen. Sie waren über 90 Minuten die klar bessere Mannschaft. Sie waren immer einen Schritt schneller und aggressiver", zeigte sich Wölfe-Coach Armin Veh selbstkritisch.

Allerdings präsentierten sich die Gastgeber nach verschlafener erster Hälfte nach der Pause verbessert. "Dass wir in der Offensive immer was machen können und immer torgefährlich sind, hat man gesehen", sagte Veh.

So entwickelte sich in Durchgang zwei eine abwechslungsreiche und hochklassige Partie, die beste der bisherigen Saison. "Es war ein tolles Spiel für die Zuschauer. Beide Mannschaften haben mit offenem Visier gespielt", sagte HSV-Keeper Frank Rost.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Eine Änderung bei den Wölfen: In der Innenverteidigung beginnt Simunek statt Madlung. Beim HSV kehrt Rost ins Tor zurück. Rozehnal rückt für den verletzten Demel (Prellung) ins Team.

3., 0:1, Guerrero: Klasse herausgespielt! Ze Roberto steckt klug zu Jarolim durch, der halblinks am 16er auf Guerrero querlegt. Schäfer ist zu hüftsteif, Guerrero zieht ab, der Schuss geht an den rechten Pfosten - und prallt so unglücklich auf Benaglios Kopf, dass der Ball ins Tor geht.

7., 0:2, Elia: Jarolim schickt Petric über rechts auf Reisen, der Kroate zieht in den 16er, tanzt Barzagli aus und schießt aus sieben Metern. Nach Rosts Fußparade fliegt der Ball genau zu Elia, der sich im Wirrwarr durchsetzt und aus fünf Metern überlegt einnetzt.

16.: Josue mit dem schlimmen Rückpass auf Barzagli. Guerrero ist gedankenschneller als der Italiener, sprintet dazwischen, steht alleine vor Benaglio und will ihn ausdribbeln. Aber der VfL-Kepper klaut ihm den Ball vom Schlappen.

23.: Simunek köpft an der Mittellinie den Ball zurück - genau in Guerreros Lauf. Der Peruaner ist alleine durch und schiebt aus acht Metern unten links ein - wäre nicht Benaglio gewesen, der den Ball mit dem Fuß zur Ecke klärt.

40.: Steilpass auf Trochowski, der aus 14 Metern statt draufzuhalten einen gefühlvollen Lupfer über Benaglio ansetzt. Der Schweizer ist geschlagen, der Ball klatscht aber nur an die Latte.

Halbzeit-Fazit: Der HSV von Beginn an die wacherere und bessere Mannschaft, legte los wie die Feuerwehr. Die Wölfe bekamen im kompletten ersten Durchgang keine Linie ins Spiel.

52., 1:2, Misimovic: Herrlicher Doppelpass von Schäfer und Grafite am linken Flügel, Schäfer ist durch, gibt flach in den Fünfer, wo Mismovic nur noch einschieben muss.

55., 2:2, Martins: Der HSV bricht unter dem Wölfe-Powerplay zusammen. Misimovic mit der butterweichen Flanke von rechts, in der Mitte steht Martins blank und nickt aus vier Metern ohne Probleme ein.

67.: Die Dreifach-Mega-Chance für den HSV innerhalb von wenigen Sekunden. Und der Ball ist nicht im Tor! Unglaublich! Erstmal überlupft Ze Roberto den herausstürmenden Benaglio, doch Barzagli klärt. Gleich darauf erneut Ze Roberto aus sechs Metern, an die Latte. Und zur Krönung Guerrero mit einem Schuss von halbrechts - knapp links vorbei.

75., 2:3, Petric: Aogo mit der Hereingabe von links, Petric ist einen Schritt schneller als Barzagli und trifft per Direktabnahme aus elf Metern in die Ecke rechts unten.

90., 2:4, Castelen: Das war's! Boateng schickt Castelen am rechten Flügel auf die Reise, der Niederländer schüttelt Schäfer ab und trifft aus spitzem Winkel in die lange Ecke.

Fazit: Ein tolles Spiel, das der HSV aufgrund des höheren Aufwandes und teilweise sehenswerter Angriffe völlig verdient gewann.

Der Star des Spiels: Eljero Elia. Der Niederländer erzielte in Halbzeit eins seinen ersten Saisontreffer, für die eigentlichen Highlights sorgte der Hamburger allerdings in Durchgang zwei. Immer wieder ging Elia gegen zwei, drei Mann ins Dribbling - immer wieder setzte er sich durch. Mit einer Ballbehandlung, die schlichtweg eine Augenweide ist.

Die Gurke des Spiels: Jan Simunek. Der Tscheche durfte erstmals in dieser Saison von Beginn an ran und ersetzte den zuletzt nicht überzeugenden Madlung in der Innenverteidigung. Allerdings erwischte der 22-Jährige einen schwarzen Tag. Stand häufig zu weit vom Mann, ließ sich zu oft aus dem Zentrum ziehen, wirkte unkonzentriert im Spielaufbau - und wurde von Veh folgerichtig bereits nach 38 Minuten ausgewechselt.

Die Pfeife des Spiels: Knut Kircher. Hatte in der ersten Halbzeit das ein oder andere Problem. Entschied auf Signal seines Assistenten auf Abseits bei einer großen Grafite-Chance und hätte Mathijsen nach seinem Foul als letzter Mann gegen Dzeko Rot geben müssen. Nach der Pause dann besser.

Die Lehren des Spiels: Trotz neuem Trainer und einigen neuen Spielern ist der HSV schon richtig stark drauf in dieser noch jungen Saison. Viele Abläufe sitzen bereits richtig gut. Vor allem im Spiel nach vorne geht bei den Hanseaten mit vielen Positionswechseln die Post ab.

Die Impulsgeber dabei: Ze Roberto und David Jarolim auf der Doppelsechs. Einer, teilweise sogar beide, stoßen immer wieder mit Tempo in die Spitze. Eine riskante Spielweise, die gegen den VfL allerdings meist funktionierte. Auch, weil sich Guerrero häufig zurück ins Mittelfeld fallen ließ, dadurch einen Abwehrspieler aus dem Zentrum zog und so Lücken für die Mittelfeldspieler entstanden.

Allerdings: Nach der Pause wackelten die Hanseaten. Noch ist der neue HSV nicht gefestigt. Ganz stark jedoch, wie die Labbadia-Elf nach dem beiden Gegentreffern zurückkam und den Meister teilweise an die Wand spielte.

Beim VfL klappte in Halbzeit eins nur wenig. So griff die Veh-Elf schnell auf lange Bälle zurück. Ein Spielaufbau, den der Wolfsburg-Coach eigentlich aus dem VfL-Repertoire entfernen will. Noch ist es ihm offenbar nicht gelungen. Was überhaupt nicht klappte, war der Versuch mit Simunek in der Innenverteidigung, zumal auch Josue als Abräumer vor der Abwehr keinen guten Tag erwischte.

Nach der Pause dann ein anderer VfL, was daran lag, dass Veh auf ein 4-3-3 mit Obafemi Martins als drittem Stürmer umstellte. Die Wölfe kamen nun häufiger in den Rücken der Hamburger Abwehr. Allerdings: Hinten machte der VfL völlig auf und ließ selbst nach dem Ausgleich viele Chancen zu. Fazit: Als Spitzenteam darf man so ein Spiel zumindest nicht mehr verlieren.

Wolfsburg - Hamburg: Daten & Fakten