Krisensitzung nach Flaschenwurf

SID
Paolo Guerrero (M.) trat beim 0:0 gegen Hannover fußballerisch nur selten in Erscheinung
© Getty

So etwas hat die Bundesliga noch nie gesehen: Paolo Guerrero warf nach dem Schlusspfiff seine Wasserflasche mit Absicht und voller Wucht an den Kopf eines Zuschauers auf der Tribüne. Der Angreifer aus Peru sorgte damit für einen Skandal, der an den üblen Kung-Fu-Tritt von Eric Cantona gegen einen Fan in Manchester vor 15 Jahren erinnerte.

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Es war der absolute Tiefpunkt nach dem erbärmlichen 0:0 des Hamburger SV im Nordderby gegen Hannover 96. "Guerrero hat leider einen unschönen Ostersonntag negativ abgerundet", sagte HSV-Chef Bernd Hoffmann, "dieses Verhalten ist absolut unakzeptabel und wird Konsequenzen haben".

Am Ostermontag saßen die HSV-Verantwortlichen stundenlang in einer Krisensitzung und berieten über die Situation. Angesichts der anhaltenden sportlichen Talfahrt, Guerreos Ausraster und dem zunehmend zerrütteten Verhältnis mit den eigenen Anhängern liegen die Nerven offenbar blank.

Aus den letzten sieben Spielen gab es in der Liga nur einen Sieg. So richtig motiviert geht das Team anscheinend nur noch in der Europa League zu Werke, dort steht am Donnerstag (20.50 Uhr im LIVE-TICKER und auf SAT.1) bereits das Viertelfinal-Rückspiel gegen Standard Lüttich auf dem Plan.

Vorsprung auf die Verfolger schmilzt

Auf Platz sechs, der voraussichtlich zur erneuten Teilnahme an der Europa League berechtigt, hat der HSV nur noch einen Punkt Vorsprung auf die Verfolger aus Stuttgart und Frankfurt.

Zu der spielerisch desolaten Vorstellung gegen den Tabellen-17. aus Hannover, der erstmals in diesem Jahr ohne Gegentor blieb, kam noch der Ausraster von Guerrero.

Neben einer empfindlichen Strafe durch den Verein erwartet den Peruaner möglicherweise eine Strafanzeige des Fans wegen versuchter Körperverletzung und eine Sperre durch den DFB. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass Guerrero von dem Zuschauer beleidigt wurde.

"Schwule Sau" und "Geh zurück nach Peru" wurde ihm unbestätigten Gerüchten zufolge gesagt. "Er hat sich in seinem Stolz verletzt gefühlt. Man muss da aber standhalten, auch wenn es extreme Beschimpfungen gab", sagte Trainer Bruno Labbadia.

Flucht durch den Hinterausgang

Der Angreifer wurde nach der Partie von den Vereinsverantwortlichen durch einen Hinterausgang aus dem Stadion geführt. Wie angespannt die Situation und das Verhältnis der Spieler zu den unzufriedenen Zuschauern ist, wurde aber auch aus der Reaktion von Torwart Frank Rost deutlich: "Es waren Spieler dabei, die gehört haben, was gesagt worden ist. Da muss ein Zuschauer auch mal damit rechnen, dass etwas zurückkommt."

Abwehrchef Joris Mathijsen verzichtete angesichts der gellenden Pfiffe nach Spielende auf den Gang zu den Fans, und Dennis Aogo beklagte sich: "Wir hätten uns schon etwas mehr Unterstützung gewünscht, schon ab der 20. Minute wurde ja gepfiffen."

In den Fanforen im Internet entlud sich die Wut zahlreicher Anhänger weiter. Demnach hat Trainer Bruno Labbadia kaum noch eine Chance auf eine Zukunft in Hamburg. Mitentscheidend könnte der Auftritt in Lüttich werden. "Wir haben eine schwierige Situation, die sich bei den Leuten in Emotionen entladen hat", sagte Hoffmann, "alle unsere Aufmerksamkeit muss nun dem Spiel am Donnerstag gelten".

Hannover freut sich über Auswärtspunkt

Zufrieden konnten nur die Gäste aus Hannover das Hamburger Stadion verlassen. Trainer Mirko Slomka freute sich über den ermauerten Punktgewinn.

"Den Punkt, die Leistung und die Leidenschaft haben wir dringend gebraucht. Mit dieser Einstellung können wir einen Relegationsplatz anvisieren", so Slomka.

Im nächsten Heimspiel gegen Schalke 04 fehlt 96 allerdings Angreifer Jiri Stajner, der wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote-Karte sah.

Hamburg - Hannover: Daten zum Spiel