Bundesliga - Zwölf Spieler auf dem Platz: Bayern-Sieg in Freiburg in Gefahr?

Von SPOX
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Beim 4:1 des FC Bayern beim SC Freiburg standen in der 86. Minute kurzzeitig zwölf FCB-Spieler auf dem Platz. Womöglich droht den Münchnern nun ein Nachspiel. Julian Nagelsmann und Schiedsrichter Christian Dingert erklären, was sich auf dem Platz abgespielt hat - und Christian Streich erklärt, was er von einem Protest hält.

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Besagte Szene spielte sich in der 86. Minute ab, als Nagelsmann beim FC Bayern beim Stand von 3:1 doppelt wechselte: Marcel Sabitzer und Niklas Süle kamen für Correntin Tolisso und Kingsley Coman. Letzterer bekam aber nicht mit, dass er rausmusste und spielte laut Sky für genau 17 Sekunden weiter.

Die Freiburger wiesen das Schiedsrichter-Gespann prompt darauf hin, dass die Bayern einen Mann zu viel hatten. "Ich habe die Bayern-Spieler durchgezählt und dem Schiedsrichter Bescheid gegeben. Wenn ich das nicht tue, fällt es ihm wahrscheinlich nicht auf", verriet Nico Schlotterbeck nach der Partie.

Freiburg-Trainer Christian Streich rief in Richtung Schiedsrichter Christian Dingert: "Pfeif ab, was für eine Scheiße hier!" Dingert ließ nach einer Unterbrechung und längeren Diskussionen weiterlaufen. Am Ende gab es acht Minuten Nachspielzeit.

Verlieren die Bayern das Spiel am grünen Tisch? In der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB, Paragraf 17, Absatz 4 heißt es: "War in einem Spiel ein Spieler nicht spiel- oder einsatzberechtigt, so ist das Spiel für die Mannschaft, die diesen Spieler schuldhaft eingesetzt hatte, mit 0:2 verloren und für den Gegner mit 2:0 gewonnen zu werten, es sei denn, das Spiel war nach dem Einsatz des nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers noch nicht durch den Schiedsrichter fortgesetzt."

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Relevant ist aber im hiesigen Fall womöglich Regel 3, Paragraph 7. Darin heißt es:

"[...] Alle Personen, die nicht als Spieler, Auswechselspieler oder Teamoffizielle auf der Teamliste aufgeführt sind, gelten als Drittpersonen.

Wenn ein Teamoffizieller, ein Auswechselspieler, ein ausgewechselter oder des Feldes verwiesener Spieler oder eine Drittperson das Spielfeld betritt, muss der Schiedsrichter:

  • das Spiel nur unterbrechen, wenn eine solche Person ins Spiel eingreift,
  • die Person vom Spielfeld weisen, nachdem das Spiel unterbrochen wurde, und
  • entsprechende Disziplinarmaßnahmen ergreifen.

Bei einer Spielunterbrechung aufgrund eines Eingriffs durch:

  • einen Teamoffiziellen, einen Auswechselspieler oder einen ausgewechselten oder des Feldes verwiesenen Spieler wird das Spiel mit einem direkten Freistoß oder Strafstoß fortgesetzt,
  • eine Drittperson wird das Spiel mit einem Schiedsrichterball fortgesetzt."

So auch geschehen in Freiburg: Dingert setzte das Spiel mit einem Schiedsrichterball fort.

Wechsel-Fehler: Schiri Dingert und Nagelsmann äußern sich

Der Unparteiische äußerte sich bei Sky zur Situation und erklärte sie wie folgt: "Es war eine total konfuse Situation, da beim Doppelwechsel der Bayern eine falsche Nummer angezeigt wurde." Offenbar wurde von Bayerns Teammanagerin die alte Rückennummer Comans (29) statt der aktuellen (11) durchgegeben.

"Daher hat sich Coman nicht angesprochen gefühlt", so Dingert weiter. "Bei der Klärung der Situation hat der vierte Offizielle übersehen, dass der Spieler das Spielfeld verlassen hat. Daher war kurzzeitig ein zwölfter Spieler auf dem Feld, was nicht sein darf. Wir haben das recht schnell bemerkt und entsprechend das Spiel unterbrochen. Dann hat es gedauert, da wir die Situation auch mit dem VAR abstimmen mussten. Entsprechend wurde anschließend mit einem Schiedsrichterball weitergemacht. Für uns ist es ärgerlich, da nun diese Szene im Mittelpunkt steht, obwohl wir ein tolles Fußballspiel gesehen haben. Wir vermerken dies im Spielbericht, alles Weitere wird der DFB entscheiden."

Felix Zwayer, der als VAR ebenfalls im Einsatz war, räumte im Aktuellen Sportstudio des ZDF die Mitschuld des Schiedsrichter-Teams ein: "Es war in diesem Fall eine Verkettung - es ist eine falsche Nummer angezeigt worden. Tatsächlich liegt es immer in der Verantwortung des Schiedsrichter-Teams, einen Wechsel regelkonform durchzuführen, und das ist in der Praxis dann die Aufgabe des Vierten Offiziellen. Der sorgt dafür, dass der auszuwechselnde Spieler das Feld verlässt, der beobachtet es und lässt den Einwechselspieler eintreten."

Bayern-Trainer Julian Nagelsmann sprach auf der Pressekonferenz über die Situation und schilderte einen ähnlichen Vorgang: "Es war diffus, weil Coco (Correntin Tolisso, Anm. d. Red) reingerannt ist, weil er Magenprobleme hatte. Dann hat der vierte Offizielle nicht genau gewusst, was passiert. Dann wurde die falsche Rückennummer angezeigt und King wusste nicht, dass er in diesem Slot runtermusste. Es waren dann acht oder neun Sekunden, in denen wir ein Mann zu viel auf dem Platz waren. Es waren zwei Querbälle im Mittelfeld und keine spielentscheidende Szene, sodass man jetzt die Fairness in Frage stellen muss."

Er habe "mit ein paar Freiburger Verantwortlichen geredet, die können das auch gut einschätzen", erklärte Nagelsmann. "Ich verstehe die Aufregung, es war sehr konfus. Aber solche Fehler können passieren." Und: "Man kann diesen einen Schuldigen nicht zwingend festlegen, also ich schon, aber ich mach es nicht. Den Gefallen tu ich euch nicht."

Protest von Freiburg? Das sagt Christian Streich

Legt der SC Freiburg Protest ein? Das müsste passieren, damit die Panne ein Nachspiel hat. Für diese Entscheidung hat der Klub zwei Tage Zeit. Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier kündigte nach dem Spiel bei Sky zumindest an, dass man "weitersehen" werde: "Wir haben den Schiedsrichter darauf aufmerksam gemacht, dass Bayern elf Feldspieler auf dem Platz hat. Das war skurril, das habe ich so noch nicht gesehen." Er könne die Konsequenzen "nicht beurteilen. Jetzt müssen wir alle ein bisschen runterkommen und drüber nachdenken."

Auf der Pressekonferenz äußerte sich Christian Streich aber anschließend eindeutig: "Ich verstehe es nicht mit diesem Einspruch einlegen", sagte er: "Ich gehe fest davon aus, dass wir keinen Einspruch einlegen sollen und müssen. Ich gehe fest davon aus, dass es ein Regelwerk gibt. Sonst sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet. In meinem Verständnis von Gerichtsbarkeit gibt es ein Regelwerk."

In der Oberliga war es im Oktober 2021 im Spiel zwischen dem FSV 08 Bietigheim-Bissingen und dem FC Nöttingen (2:1) zu einem ähnlichen Fall gekommen, als der FSV kurzzeitig mit zwölf Spielern spielte. Ein Protest gegen das Ergebnis war damals vom Sportgericht abgelehnt worden. Das DFB-Sportgericht müsste dieser Entscheidung allerdings nicht folgen.

Bayern-Keeper Manuel Neuer gab sich nach dem Spiel betont entspannt: "Ich habe keine großen Bedenken. In den 20 Sekunden ist nicht viel passiert, daher gehe ich davon aus, dass alles zählt."

Ähnlich sah es Zwayer: "Es ist aus meiner Sicht nicht mit einer Situation zu vergleichen, wenn ein Spieler, der nicht im Spielbericht steht, am Spiel teilnimmt. Der Spieler, der zu viel auf dem Platz war, war ein grundsätzlich spielberechtigter Spieler." Der habe allerdings zu einem Zeitpunkt auf dem Spielfeld gestanden, "wo er dort nicht hätte stehen können", führte er aus: "Das ist in den Fußballregeln und nicht in den Statuten oder Sonstiges geregelt, wie damit umzugehen ist."

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