Erkenntnisse der Rückzugs-PK: Der FC Bayern bleibt Hoeneß

Uli Hoeneß verlässt die Pressekonferenz mit einem Geschenk von Karl-Heinz Rummenigge.
© getty

Bei einer Pressekonferenz am Freitag erklärte Präsident Uli Hoeneß (67) die Gründe für seinen Rückzug vom FC Bayern. Er wirkte entspannt, denn auch er weiß: Uli Hoeneß ist künftig nicht mehr FC Bayern - aber der FC Bayern bleibt auch ohne Uli Hoeneß sicherlich weiterhin Uli Hoeneß.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Gegen 13.10 Uhr wurde es spannend. Nachdem Uli Hoeneß rund 40 Minuten lang gesprochen und zu allen ihm gestellten Fragen etwas gesagt hatte, kündigte Bayerns Mediendirektor Stefan Mennerich auf einmal und ganz unverhofft einen Überraschungsgast an. Es folgten Augenblicke der Ungewissheit: Wer kommt jetzt?

Womöglich Hoeneß' vermeintlicher Lieblingsspieler Franck Ribery, der ihn fragt, ob er nicht nochmal "fünf Jahre mehr" machen wolle? Vielleicht Leroy Sane samt unterschriebenem Vertrag, ein berühmter Spieler als Abschiedsgeschenk sozusagen? Vielleicht Josef Heynckes, um Hoeneß einen runden fünften Freundschaftsdienst als Trainer zu erweisen?

Nein, alles falsch. Es kam in beiger Hose, weißem Hemd und schwarzem Sakko der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge.

Karl-Heinz Rummenigge kam als Überraschungsgast zur Pressekonferenz und überreichte Uli Hoeneß einen Rahmen mit alten Fotos und einem Trikot.
© getty
Karl-Heinz Rummenigge kam als Überraschungsgast zur Pressekonferenz und überreichte Uli Hoeneß einen Rahmen mit alten Fotos und einem Trikot.

Rummenigge über Hoeneß: "Es wird nie sein letzter Tag sein"

Tatsächlich also der Mensch, der laut des Hoeneß-Vertrauten Edmund Stoiber, der nebenbei auch mal bayerischer Ministerpräsident war, einen großen Anteil an Hoeneß' Rückzug besitzt. Rummenigge jedenfalls marschierte mit einem Rahmen auf das Pressepodest. Bilder von ihm mit Hoeneß waren darauf zu sehen, und ein altes Hoeneß-Trikot mit der Nummer 11.

Auf den Tag genau vor 45 Jahren sei er "als ganz junger Bursche" zum FC Bayern gekommen, erzählte Rummenigge, und so wolle er diese Gelegenheit nutzen, um Hoeneß (mit dem er in der Folge ein bisschen Zeit als Spieler und Funktionär verbrachte) "danke zu sagen". Es wirkte zwar irgendwie alles sehr gestellt, aber von "Zwistigkeiten" war nun wirklich keine Spur. Die beiden gaben sich sogar die Hand und umarmten sich.

"Es ist nicht sein letzter Tag heute", versicherte Rummenigge noch. Hoeneß' finaler Rückzug erfolgt tatsächlich erst bei der Mitgliederversammlung am 15. November. Aber in zweieinhalb Monaten sei ebenfalls nicht Schluss: "Es wird auch nie sein letzter Tag sein."

Rummenigge weiß schließlich ganz genau, dass es den FC Bayern seit seiner Ankunft vor 45 Jahren nicht ohne Hoeneß gab und dass es ihn zu dessen Lebzeiten auch nicht mehr ohne Hoeneß geben wird. Völlig egal, welche Position er hat oder auch nicht hat. Und genau das wurde in den 40 Minuten davor mal wieder ganz deutlich.

Uli Hoeneß nennt die Gründe für seinen Rückzug

Was die Gründe für seinen Rückzug seien, wurde Hoeneß eingangs gefragt. Hoeneß nannte seine Frau Susi, die mehr Zeit von ihm einfordert. Er nannte die Vorkommnisse bei der Jahreshauptversammlung im vergangenen Herbst, als ihm erstmals deutlich vernehmbarer Unmut von Vereinsmitgliedern entgegenschlug.

Dann erwähnte er noch, dass es immer sein Ziel gewesen sei, den FC Bayern in einem "super Zustand" zu übergeben, was jetzt gegeben sei: Stichwort Rekord-Geschäftszahlen, Stichwort Double-Gewinn. So gut sei es um seinen FC Bayern sogar bestellt, dass Hoeneß behauptete: "Die größte Gefahr für den FC Bayern ist, dass wir zu viele gute Spieler haben."

Und dann, vielleicht der wichtigste Aspekt, sagte er noch: "Ich wollte den FC Bayern so übergeben, dass er personell aus meiner Sicht gut aufgestellt ist." Und man muss ihm lassen: Das hätte ihm kaum besser gelingen können. Hoeneß wird den Verein nämlich an einen Hoeneß-Vertrauten übergeben - mit Hoeneß-Vertrauten auf allen wichtigen Positionen.

Hoeneß-Personalien auf allen wichtigen Positionen

Als Nachfolger für das Amt des Präsidenten empfahl Hoeneß dem Verwaltungsbeirat bekanntlich den langjährigen Adidas-Boss Herbert Hainer. Er wird bei der Mitgliederversammlung im November gewählt werden und dann auch den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen. "Sehr eng befreundet" sei er mit Hainer, versicherte Hoeneß.

Ab Januar 2020 wird Oliver Kahn dem Vorstand des Vereins angehören, dessen Vorsitz er zwei Jahre später von Rummenigge übernehmen soll. "Ich habe den Oliver Kahn seit gut einem Jahr im Auge", berichtete Hoeneß. "Ich habe ihn immer wieder bei mir im Büro gehabt und mit ihm über Gott und die Welt diskutiert. Irgendwann hat es bei mir Klick gemacht."

Klick, dass Kahn für diese Rolle geeignet sei. Natürlich mussten alle zuständigen Gremien der Berufung Kahns zustimmen, aber natürlich ist auch Kahn eine Hoeneß-Personalie.

Genau wie Trainer Niko Kovac, für den er sich (anders als Rummenigge, wie Hoeneß erneut ganz beiläufig bestätigte), stets eingesetzt hatte. Und genau wie Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der laut Hoeneß "im Verein sehr positiv gesehen wird". Dessen Vertrag als Sportdirektor läuft in einem Jahr aus, es werde demnächst eine Beförderung zum Sport-Vorstand diskutiert.

Uli Hoeneß: Sieben Stunden Schlaf statt drei, vier

Hoeneß wirkte zufrieden als er so munter durch das (künftige) Organigramm seines Vereins schweifte und lobende Wort über alle verlor, nach denen er gefragt wurde - schließlich hatte er auch bei allen geholfen, sie in die entsprechenden Positionen zu hieven. "Ich bin überzeugt, dass dieser Verein so viel Kraft und so viel Saft hat, dass er auch Uli Hoeneß an vorderster Front verkraftet", sagte Hoeneß und korrigierte sich sofort: "Äh, natürlich 'nicht mehr an vorderster Front' verkraftet."

Aber verkraftet auch Uli Hoeneß ein Leben ohne den FC Bayern an seiner persönlich vordersten Front?

Bisher habe er die Entscheidung noch nicht bereut, "total entspannt" fühle er sich gar. Anders als zuvor (drei, vier Stunden), habe er in den vergangenen Wochen nach eigener Auskunft sogar regelmäßig sieben Stunden am Stück geschlafen. "Bis ich auf die Toilette muss." Wenn er aber am 16. November nach dem Aufwachen auf der Toilette gewesen sein wird, wird er zum ersten Mal in seinem Leben "ohne Plan" sein. "Und das ist sehr spannend für mich."

Uli Hoeneß: "Es wird von mir schon noch was zu hören sein"

An den Aufsichtsratssitzungen wird er als normales Mitglied natürlich weiterhin teilnehmen, das schon. Aber wie er seine restliche Zeit füllen wird, das weiß Hoeneß noch nicht. "Es wird von mir schon noch was zu hören sein", versicherte er. "Und wenn jemand das Bedürfnis hat, mit mir als Uli Hoeneß und nicht als Funktionsträger zu sprechen, werde ich mich freuen, wenn er das wahrnimmt."

So viele Freunde wie er im Verein hat, wird dieser Fall wohl eher öfter als seltener eintreten. Uli Hoeneß ist ab Mitte November nicht mehr FC Bayern - aber der FC Bayern bleibt auch ohne Uli Hoeneß sicherlich weiterhin Uli Hoeneß.

Artikel und Videos zum Thema