Bundesliga - Thesen zur Rückrunde 2021/2022: Marco Rose und Tayfun Korkut fliegen, Florian Kohfeldt führt Wolfsburg nach Europa

Von Filippo Cataldo, Leon Karasch, Justin Kraft, Maximilian Lotz, Ulli Ludwig, Chris Lugert, Tim Ursinus
Marco Rose hat Sky-Experte Dietmat Hamann nach dem Spiel gegen Fürth hart kritisiert.
© Getty

Nach der überragenden Trefferquote unserer Hinrunden-Thesen (Mo Dahoud fährt ganz sicher noch nach Katar!), haben wir wieder ein paar Blicke in unsere Homeoffice-Glaskugeln gewagt. Traditionen müssen gewahrt werden. Die Vorschau-Thesen zur Rückrunde der Redakteure von SPOX und GOAL.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

1: Gladbach muss bis zum Schluss zittern

Von Filippo Cataldo

Zehn Coronafälle (plus zwei Afrika-Cup-Reisende und zwei Verletzte) im Kader hin, zwei 16-Jährige auf der Bank und eine Mannschaft, die sich von selbst aufstellt her: Bayern München wird zum Rückrundenauftakt ganz sicher nicht wieder 0:5 verlieren gegen Borussia Mönchengladbach wie in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Auch werden sich die beiden Mannschaften nicht 1:1 trennen wie am ersten Spieltag der Saison.

Borussia Mönchengladbach wird vielmehr noch einige Wochen warten müssen auf den ersten Dreier in der Bundesliga seit dem 20. November, als die Fohlen gegen Greuther Fürth gewannen.

Denn Gladbachs Probleme sind so vielschichtig, dass sie auch ein anderer Trainer als Adi Hütter nur schwer lösen können wird. Da wäre zum einen die viel zu langsame Spielanlage des Teams - nur zwei Mannschaften haben in der Bundesliga in der Hinrunde noch weniger Sprints und intensive Läufe gestartet als die Gladbacher -, die in Verbindung mit dem ohnehin eher statischen Aufbauspiel und den zwar sehr vielen, in der Summe aber überwiegend ungefährlichen und aussichtslosen Schüssen zu einer der unattraktivsten Spielweisen der Bundesligisten geführt haben.

Gladbach war in der Mehrzahl seiner Spiele kaum mehr wiederzuerkennen. Christoph Kramer sah sich zu einem dramatischen Appell genötigt. "Ich will nicht der Schwarzmaler und ewige Warner sein, aber jeder muss jetzt begreifen, dass unsere Situation gefährlich ist", sagte der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Und weiter: "Wir können uns nicht immer wieder hinstellen und erzählen, dass wir für da unten doch viel zu gut sind und dass wir da schon wieder rauskommen. Man kommt da unten gewiss nicht nur deshalb raus, weil man auf dem Papier einen guten Kader hat."

Leider sehen es noch zu wenige so wie er, vielleicht auch, weil man sich von den wenigen Lichtblicken (Joe Scally) blenden lässt.

Das führt allerdings dazu, dass Gladbach bis zum Schluss um den Klassenerhalt zittern wird.

2: Stuttgart spielt wieder eine VfB-Rückrunde

Von Tim Ursinus

Relegationsplatz, Abstiegsangst, riesige Verletzungssorgen: Viel schlechter hätte die Hinrunde für den VfB Stuttgart nicht laufen können. Dabei waren die Schwaben zum Saisonauftakt noch mit einem überzeugenden 5:1 über Aufsteiger Greuther Fürth hinweggefegt. Dass ein Sieg gegen die Kleeblätter so gut wie sicher wie das Amen in der Kirche ist (Union Berlin?!), hatte zu diesem Zeitpunkt schließlich noch keiner wissen können. Denn kurz darauf stellte sich heraus, dass die Bäume für das junge Team von Trainer Pellegrino Matarazzo nach dem erfolgreichen Aufstiegsjahr - Platz neun in der Vorsaison - nicht in den Himmel wachsen. Abgesehen von ein paar positiven Ausreißern hagelte es zahlreiche ernüchternde Niederlagen. Der Gipfel: die 1:4-Klatsche beim FC Augsburg am 10. und das 0:1 gegen Arminia Bielefeld am 11. Spieltag.

In Stuttgart hat man trotzdem keinen Grund, den Panik-Knopf zu drücken. Denn die schwache Halbserie ist vor allem mit dem unfassbaren Verletzungspech, das den VfB ereilt hat, zu begründen. Shootingstar Silas Katompa Mvumpa ging bereits mit einem Kreuzbandriss in die Spielzeit, Torjäger Sasa Kalajdzic fehlte zunächst mit einer Corona-Infektion und ab dem 2. Spieltag mit einer hartnäckigen Schulterverletzung. Dazu kamen die Horrorverletzung von Talent Mohamed Sankoh und zahlreiche Coronafälle.

Der offensiv vielseitige Silas, der schon kurz vor der Winterpause zu Kurzeinsätzen kam, und Stürmer Kalajdzic stehen in den Startlöchern, um dem bislang torarmen VfB (22) eine Rückrunde zu bescheren, die vor Tradition nur so schreit. Abgesehen von den beiden Spielzeiten, die in der Zweiten Liga mündeten, spielte Stuttgart seit der Meisterschaft 2006/07, damals Rückrundenmeister, immer eine solide bis hervorragende zweite Saisonhälfte. Oft kam es vor, dass der VfB am Saisonende plötzlich um Europa mitmischte.

  • 2017/18: 2. Platz mit 34 Punkten
  • 2011/12: 3. Platz mit 31 Punkten
  • 2010/11: 4. Platz mit 30 Punkten
  • 2009/10: 1. Platz mit 39 Punkten
  • 2008/09: 2. Platz mit 39 Punkten
  • 2006/07: 1. Platz mit 38 Punkten

Auch wenn Stuttgart wie fast alle anderen Bundesligisten nicht von der Omikron-Welle verschont geblieben ist und keine Neuzugänge kommen werden, wird der VfB in dieser Rückrunde den FSV Mainz 05 des Jahres 2022 machen und nach oben klettern.

Matarazzo hat trotz der schwierigen Umstände ein vielversprechendes Gerüst gebaut, das durch die Rückkehrer entscheidend ergänzt und verstärkt wird. Es ist alles angerichtet, dass der VfB mal wieder im neuen Jahr durchstartet und sich in den berüchtigten Rausch spielt, der in der Rückrundentabelle am Ende eine Top-5-Platzierung bedeutet.

3: Florian Kohfeldt führt Wolfsburg zurück nach Europa

Von Ulli Ludwig

Trainer Florian Kohfeldt und seine Wölfe dürften froh sein, dass 2021 vorbei ist.

Wolfsburg spielte erst unter Mark van Bommel und später unter Kohfeldt eine historisch schlechte Hinrunde. Van Bommel kosteten die schwachen Leistungen den Job, Kohfeldt kam bei den Fußball-Fans nach sieben Niederlagen und nur drei Siegen aus 11 Pflichtspielen ähnlich schlecht weg - erste Vergleiche mit seiner Bremer Zeit wurden da schon wieder ausgegraben.

Doch das ändert sich in der Rückrunde.

Kohfeldt gilt als großer Motivator, dem man auch das nötige Fußball-Know-How nicht absprechen darf. Schließlich schloss der studierte Sport- und Gesundheitswissenschaftler den Fußballlehrer-Lehrgang 2015 vor Marco Rose, Steffen Baumgart, Thomas Reis & Co. als Jahrgangsbester ab und hatte in der Winterpause erstmals überhaupt länger Zeit, um im Training Abläufe und Automatismen einzustudieren. Kohfeldt fordert mehr Aggressivität, Dynamik, Schnelligkeit und Freude am Fußball.

Ein richtig eingestellter Wölfe-Kader kann all diese Forderungen allemal umsetzen. Zumal es Sportchef Jörg Schmadtke in den vergangenen Jahren immer geschafft hat, seinen Trainern einen tiefen und ausgeglichenen Kader zusammenzustellen. So auch in diesem Jahr, wo selbst die längeren Ausfälle von Paulo Otavio (Knie) und allen voran Lukas Nmecha (Knöchel) zumindest ausreichend mit jungen und aufstrebenden Talenten kompensiert werden können.

Tabellarisch ist sowieso noch alles offen. Wolfsburg hat 20 Zähler. Bis zu den Europa-League-Rängen sind es sieben Punkte Rückstand, zum Champions-League-Rang vier nur einer mehr. Im vergangenen Jahr zogen die Wölfe mit 61 Punkten auf Rang vier in die Königsklasse ein, dafür würden sie aus den letzten 17 Spielen satte 13 Siege und zwei Unentschieden benötigen. Das scheint eher utopisch. Die Europa-League (52 Punkte im Vorjahr) oder die Conference League (50) sind aber drin.