BVB - Ex-Talent Sebastian Tyrala im Interview: "Ich war schon ein etwas abgehobenes Arschloch"

Von Stanislav Schupp
Sebastian Tyrala an der Seite von Dede während seiner Zeit bei den BVB-Profis.
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Wen würden Sie dagegen als härtesten Gegenspieler bezeichnen?

Tyrala: Jaap Stam. Ich habe nach meinem Kreuzbandriss mit dem BVB in der Vorbereitung gegen Ajax Amsterdam gespielt und er war mein Gegenspieler. Er hat mich einfach weggeknallt. Das war ein Spieler, der alle auffressen wollte. Ich habe dann nur runter geguckt und gedacht: Okay, mein Knie hält. Cool! (lacht)

Nach Ihrem Karriereende waren Sie als Spielertrainer bei Ihrem Jugendverein Bad Sassendorf in der Kreisliga aktiv. Wie war's?

Tyrala: Dort wird der Fußball noch richtig gelebt. Das Gemeinschaftsgefühl ist groß und man trinkt nach dem Spiel das eine oder andere Bier zusammen.

Mussten Sie sich aufgrund Ihrer Vergangenheit Sprüche anhören?

Tyrala: Auf jeden Fall. Die kamen aber meist von den Fans, nicht von den Gegenspielern. Das nervte tierisch. Man darf dann auch nicht meckern, wenn man unzufrieden ist, weil es sonst heißt: Du Profi denkst, du bist der Größte. Kevin Großkreutz erlebt das aktuell ja auch. Er wird sehr viel beleidigt. Das finde ich schade.

In drei Jahren bei Greuther Fürth kam Sebastian Tyrala kaum zum Zug.
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In drei Jahren bei Greuther Fürth kam Sebastian Tyrala kaum zum Zug.

Sie sprechen Großkreutz an. Sie trainieren ihn seit Oktober beim Westfalenligisten TuS Bövinghausen. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Tyrala: Ich habe bereits in der BVB-Jugend mit ihm zusammengespielt. Er war der Torjäger in der Mannschaft und man hat gesehen, dass er BVB-Blut in sich hat. Er liebt diesen Verein einfach. Kevin ist bei uns super engagiert und ein feiner Kerl. Es ist Wahnsinn, wie viele Leute er kennt und was er alles für den Verein tut. Er bemüht sich immer, junge Spieler zu integrieren, spricht mit den Fans und gibt Autogramme. Er ist sehr nahbar. Der Kerl ist einfach Weltmeister! Man kennt natürlich seine ganzen Geschichten. Da war er sicherlich oft zu naiv, aber das gehört zum Leben dazu. Ich sage immer, dass man die Leute kennenlernen muss, um sich ein Urteil zu bilden und Kevin ist das beste Beispiel dafür. Kevin und auch David Odonkor trinken immer ihr Bierchen, bringen etwas mit und erzählen in der Kabine die eine oder andere Geschichte.

Mit Großkreutz, Odonkor und Ihnen sind drei Ex-Borussen bei Bövinghausen. Sollen noch weitere ehemalige Dortmunder dazukommen? Vielleicht wäre Schmelzer ja eine Option.

Tyrala: Glauben Sie mir, der Name ist bereits mehrmals gefallen. Aber im Ernst: Ich glaube, das wird nichts. Schmelle hat sehr lange nicht mehr gespielt. Ich weiß gar nicht, wie es ihm körperlich geht. Durch Kevin fällt auch der Name Lukas Podolski sehr häufig. Mal sehen, was da geht. (lacht)

Neben Ihrer Trainertätigkeit machen Sie aktuell eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Was haben Sie damit vor?

Tyrala: Das hat natürlich etwas mit meiner Verletzungshistorie zu tun. Dadurch hatte ich früher schon viele Berührungspunkte mit der Versicherungsbranche und kannte mich ein wenig aus. Ich wollte dann auch nicht ganz ins Blaue hinein. Wenn man 14 Jahre nur Profi war und auf einmal in die Arbeitswelt geht, ist es besser, etwas zu machen, was man bereits kennt. Mein jüngerer Bruder hatte gerade seine Ausbildung abgeschlossen, daher war es für mich naheliegend. Damit bin ich auch zufrieden. Der Bereich wird generell etwas unterschätzt.

Von 2017 bis 2019 spielte Sebastian Tyrala für die zweite Mannschaft des 1. FSV Mainz 05.
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Von 2017 bis 2019 spielte Sebastian Tyrala für die zweite Mannschaft des 1. FSV Mainz 05.

Können Sie sich vorstellen, irgendwann als Vollzeit-Trainer zu arbeiten, vielleicht sogar in der Bundesliga?

Tyrala: Ich würde grundsätzlich nichts ausschließen, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Allerdings bin ich aktuell ziemlich sauer auf den DFB, denn der verbaut mir die Möglichkeit, mich weiterzubilden.

Inwiefern?

Tyrala: Ich versuche mich seit zwei Jahren für die A-Lizenz anzumelden. Aufgrund von Corona ging es zuletzt nicht, jetzt wurde ich - wie viele andere auch - abgelehnt. Der DFB hat ein neues Konzept samt Punktesystem entwickelt. Das ist der größte Scheißdreck. Aktive Spieler können nur eine gewisse maximale Punktausbeute erreichen. Wenn man fünf Jahre Trainer war, hat man mehr Punkte als nach einer 14-jährigen Profikarriere. Bis ich die gesammelt habe, ist es schon zu spät. Der DFB entscheidet darüber, was du machen darfst und was nicht. Das darf es nicht geben. Wenn man seine Karriere beendet hat und Trainer werden möchte, sollte man auch das Recht auf die dazu benötigte Lizenz haben. Wenn ich weiterhin abgelehnt werde und irgendwann in die Regionalliga aufsteige, darf ich dort nicht trainieren, weil mir die nötige Lizenz fehlt. Noch schlimmer ist eigentlich, dass die Kosten dafür von 3000 auf 9000 Euro angehoben wurden. Mit welchem Recht? Das muss man auch erstmal wieder verdienen. Jugendtrainer bekommen nicht das große Geld. Ich verstehe nicht ganz, was dahinter stecken soll. Dazu würde ich gerne mal eine Erklärung des DFB hören.