Schlafcoach Christoph von der Malsburg im Interview: "Makoto Hasebe sitzt abends nicht noch rum und daddelt"

Von Ulli Ludwig
lewandowski-1200
© getty
Cookie-Einstellungen

 

 

Wie könnten Optimierungen des Schlafs im Fußball aussehen?

Von der Malsburg: Wichtig ist eine klare Struktur, wann das Training beginnt und wann ich Ruhephasen einsetze. Gibt es Regenerationsmöglichkeiten im Verein? Es wäre zum Beispiel eine Überlegung wert, das Training in kleineren Gruppen durchzuführen. Ich kann aber auch die Vereinsverantwortlichen verstehen, die sagen, dass sie keinen Einfluss mehr auf die Spieler haben, wenn sie nach dem Training das Vereinsgelände verlassen. Die meisten Spieler haben ja bereits am Nachmittag ihren Arbeitstag beendet. Dann hofft der Verein einfach, dass der Profi abends keine Pizza mehr isst oder am Burgerladen anhält.

BVB-Star Erling Haaland schwört beim Schlafen unter anderem auf seine Blaulichtfilterbrille. Welche Strategien werden im Profisport noch eingesetzt?

Von der Malsburg: Mittels eines Gentests kann man erforschen, welchen Biorhythmus der Spieler hat und wann sein Körper von Natur aus herunterfährt. Außerdem schauen wir, wie die Spieler liegen und wie die Matratze eingestellt ist. Anschließend fragt man die Spieler, ob sie etwas beschäftigt, wie das Zimmer gestaltet ist oder ob sie abends noch länger am Laptop sitzen. Im Endeffekt kann ich den Spielern das alles aber nicht verbieten. Auch einem südamerikanischen Spieler kann ich nicht verbieten, dass er wegen der Zeitverschiebung noch bis in die Nacht mit seinen Jungs in Übersee zockt - denn das würde er so oder so machen. Andererseits sitzt beispielsweise ein Makoto Hasebe nicht noch bis abends rum und daddelt. Er weiß, dass er sein Handy weglegen muss.

Hasebe wird es auf lange Sicht besser gehen als dem Zocker...

Von der Malsburg: Absolut. Wenn ich merke, dass ein Spieler resistent ist, lass' ich ihn einfach. Er merkt es dann selbst an seiner abnehmenden Leistungsfähigkeit und früher oder später merkt das auch der Verein. Die Entwicklung eines gesunden Schlafs braucht vor allem Zeit, man schläft nicht von heute auf morgen gut. Rund vier bis acht Wochen dauert das in der Regel schon. Die, die an diesen Themen besonders interessiert sind, sind vor allem junge Spieler. 16- bis 17-Jährige, die nun langsam in die Profivereine hineinkommen und extrem motiviert sind.

"Schnarchen ist auch unter Fußballern weit verbreitet"

Was kann man machen, wenn der Zimmerkollege schnarcht?

Von der Malsburg: Schnarchen ist generell ein großes Thema, auch unter Fußballern ist es weit verbreitet. Es stört den eigenen Schlaf und den des Bettnachbarn. Wenn zwei Zimmerkollegen einen unterschiedlichen Schlafrhythmus haben, versucht man die Jungs aufzuteilen. Teilweise nehmen die Teams dann auch extra höhere Kosten auf sich, damit die Spieler auf Einzelzimmern schlafen können.

Welche Methoden kann man anwenden, um einen Sportler noch kurzfristig auf Trab zu bringen?

Von der Malsburg: Da kann man mit Licht viel beeinflussen, aber auch ein gut getimter Powernap kann bei Schlaflosigkeit sehr viel bewirken. Zu viel Schlaf wäre an dieser Stelle eher unproduktiv. Zudem werden vereinzelt auch binaurale Tonfrequenzen (Tonfrequenzen, die Einfluss auf den Bewusstseinszustand nehmen können; Anm. d. Red.) eingesetzt, um die Aufmerksamkeit der Sportler zu steigern. Da muss man als Team dann reagieren. Robert Lewandowski macht auch nur seine zahlreichen Buden, weil er gut schläft. Sein Fokus ist da.

Kann man fehlenden Schlaf am Wochenende nachschlafen?

Von der Malsburg: Eigentlich nicht. Man kann am nächsten Tag eine Stunde nachholen, aber besser ist es, einen eigenen Rhythmus durchzuziehen und stetig zu halten. Ansonsten gerät man in einen Jetlag und das schadet der Gesundheit auf Dauer. Vor allem das Wochenende würde ich nicht dazu hernehmen, um die Woche auszugleichen, sondern um den Rhythmus zu halten.

Abschließend: Welche Tipps haben Sie für den perfekten Schlaf?

Von der Malsburg: Gehen Sie dann ins Bett, wenn Sie müde sind. Wichtig ist, dass zwischen Schlaf und Wachphase etwas Puffer ist. Generell sollte man zwei Stunden vor dem Schlafen nicht mehr Sport treiben oder Alkohol beziehungsweise Nikotin zu sich nehmen. Am wichtigsten ist eigentlich das Licht, denn das ist der Taktgeber für unseren Tag. Fahren Sie also die Lampen etwas herunter, schalten elektronische Geräte aus und schließen mit dem Tag ab.

Inhalt: