Nagelsmann zu Videobeweis: Macht den Sport fairer, aber nicht schöner

SID
Julian Nagelsmann findet keinen Gefallen am Videobeweis.
© getty

RB Leipzig erlaubt sich beim 0:0 gegen die TSG Hoffenheim im Titelkampf einen schweren Patzer. Das aberkannte Last-Minute-Tor schlägt zusätzlich auf die Stimmung.

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Zu guter Letzt rauschte die Gefühlswelt von Trainer Julian Nagelsmann komplett in den Keller. Erst hatte sein Team 90 Minuten Fußball ohne Offensivpower geboten, dann fiel doch noch ein Last-Minute-Tor, das aber wieder aberkannt wurde. Beim 0:0 gegen die TSG Hoffenheim und dem schmerzhaften Patzer im Titelkampf der Fußball-Bundesliga erlebte RB Leipzig einen Abend zum Vergessen.

Die Regel habe "keinen Sinn für Fußballer", meinte Nagelsmann, akzeptierte aber die Entscheidung. Die Regel sei korrekt angewandt worden, "deshalb hat es nicht gezählt", sagte er.

In so einem Fall "sieht man ein bisschen die negative Seite des Videobeweises", ärgerte sich Nagelsmann nach der großen Aufregung, "weil du von der maximalen Emotion auf die minimale runtergeschraubt wirst, innerhalb von wenigen Sekunden", sagte Nagelsmann und gab Einblicke in sein Innenleben.

Seine Spieler hatten an der Seitenlinie schon ausgelassen gefeiert, ehe Schiedsrichter Manuel Gräfe (Berlin) das Kopfballtor von Yussuf Poulsen (90.+6) doch noch zurücknahm. Der Däne hatte sich an den Unterarm geköpft, ehe der Ball ins Tor sprang. Die Regel sei korrekt angewandt worden, musste Nagelsmann anerkennen. RB-Sportdirektor Markus Krösche räumte ein: "So sieht es das Regelwerk vor."

Dennoch hätten solche Momente des emotionalen Umschwungs klare Konsequenzen für den Fußball, prophezeite Nagelsmann. Die Folge sei, dass man sich nie mehr so richtig über ein Tor freuen könne, weil man immer lange warten müsse, ob das Tor jetzt zählt oder nicht. "Das macht den Sport zwar fairer, aber nicht zwingend schöner", urteilte der Coach.

Nagelsmann: "Haben gespielt, als wären da keine Tore"

Letztendlich aber, und das wusste auch Nagelsmann, hatte seine Mannschaft in den 95 Spielminuten zuvor den wichtigen Sieg bei der Jagd auf Tabellenführer Bayern München verpasst. Kaum Torchancen, viel zu wenig Tempo. "Wir haben Ballbesitzfußball wie Sieben gegen Sieben plus vier gespielt", ärgerte sich der Coach und ergänzte: "Wir haben teilweise gespielt, als wären da keine Tore."

Die Einsicht war bitter, letztendlich ließ Leipzig im Fernduell zwei wichtige Punkte liegen. Am Ende des Tages müsse man die eigenen Spiele gewinnen, "sonst ist Bayern Stand jetzt schon Meister", rechnete Nagelsmann vor. Man habe die letzten drei Heimspiele nicht gewonnen, "deshalb ist es nicht zwingend einfacher geworden", sagte der Coach.

Hoeneß: "Da war erstmal Leere, totale Enttäuschung"

Schon am Dienstag geht es für die Sachsen weiter. Dann ist der Tabellenzweite zu Gast beim 1. FC Köln (18.30 Uhr). "Dann könnt ihr mir ja auch wieder die Meisterfrage stellen", meinte Nagelsmann schon fast etwas trotzig, weil er seit Monaten Spieltag für Spieltag immer wieder auf die Titelchancen eingehen muss.

Bei der TSG Hoffenheim war man hingegen äußerst zufrieden. "Der Punkt fühlt sich gut an", sagte Trainer Sebastian Hoeneß. "Wir nehmen ihn mit, wir können ihn gebrauchen, tabellarisch, aber auch für die Moral." Sein Team hat mit 32 Punkten jedoch weiter Abstiegssorgen und muss in nächster Zeit wohl auf Mittelfeldspieler Florian Grillitsch verzichten, der sich in Leipzig erneut die Schulter auskugelte.

Hoeneß erlebte in Leipzig ebenfalls eine turbulente Schlussphase, nachdem der Ball zum 0:1 schon im Netz gezappelt hatte. "Da war erstmal Leere, totale Enttäuschung, ich dachte, der Treffer sei regulär", berichtete Hoeneß hinterher. Umso positiver war die Reaktion nach Gräfes Entscheidung: "Das hat enorm gut getan."

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