Erkenntnisse des 11. Bundesliga-Spieltags - Warum der VfB-Fußball einzigartig ist

Von Stefan Rommel
VfB Stuttgart
© getty

Die wichtigste Figur des Stuttgarter Höhenflugs sitzt auf der Bank, ebenso wie Dortmunds Hoffnungsträger - nur eben in ganz unterschiedlichen Rollen. Wolfsburg und Leverkusen freuen sich derweil über zwei unerwartete Leistungsträger. Die Talking Points.

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Rino und die jungen Wirbelwinde aus Stuttgart

Bevor man - völlig zu Recht - die Leistung von Borussia Dortmund in ihre Einzelteile zerlegt, sollte man sich doch auch um den Gewinner des Spieltags kümmern. Wie der VfB Stuttgart über den BVB hinweggefegt ist, war teilweise atemberaubend. Fußballerisch, technisch, taktisch und in der Haltung zu diesem einen Spiel war der Aufsteiger dem Möchtegern-Titelanwärter eine Klasse überlegen, das Ergebnis am Ende noch viel zu niedrig. Aber wie kann das sein?

Es ist noch kein halbes Jahr her, da tappte Stuttgart eine Liga tiefer von einem Fettnapf in den nächsten und stieg am Ende als Einäugiger unter den Blinden auf. Und jetzt? Kommt einer wie Tanguy Coulibaly, der erst neulich noch in der 5. Liga gegen Rielasingen-Arlen oder Dorfmerkingen Probleme hatte, und mischt eine Champions-League-Abwehr zusammen mit ein paar anderen Halbwüchsigen auf.

Der Schlüssel dieser Entwicklung ist Pellegrino Matarazzo. Denn zur Wahrheit gehört neben ein paar offenbar ziemlich begabten Youngstern auch, dass der VfB einen unkonventionellen Fußball spielt, der in der Art einzigartig ist in der Liga. Das Stuttgarter Spiel zeichnet sich durch eine beeindruckende Variabilität aus, ohne dabei seinem Markenkern untreu zu werden. 24 Tore nach elf Spieltagen sind mit diesem Kader die eigentliche Sensation. Bei besserer Chancenverwertung oder mehr Glück - mit acht Pfostentreffern ist Stuttgart mit Abstand Ligaspitze - wäre die 30er-Grenze längst geknackt.

Und das kann, bei allem Respekt vor der Qualität der Einzelspieler, nur mit einem dem Gegner überlegenen Spielkonzept zu tun haben. Es werden Rückschläge kommen, die VfB-Idee alsbald auch mal auf Granit beißen. Aber auf Strecke sieht das erfolgversprechend aus - weil der VfB halt nicht einfach nur ein paar gute Kicker hat, sondern auch einen guten Trainer.

BVB: Kein Moukoko, keine Torgefahr

Die Geschichte des Spiels im Westfalenstadion war aber trotz des fulminanten Stuttgarter Auftritts der BVB - und dessen Hilflosigkeit, mit der das zweite Heimspiel in Folge vergeigt wurde.

Ex-Trainer Lucien Favre versuchte es in Abwesenheit von Erling Haaland mal wieder mit einer falschen Neun, diesmal mit Marco Reus ganz vorne drin. Es gab ja auch schon die Varianten mit Thorgan Hazard und Julian Brandt, situativ tauchten auch Jadon Sancho und Gio Reyna schon dort auf. Dabei wäre der einzige "echte" Mittelstürmer im Kader Youssoufa Moukoko. Aber der wurde von Favre geflissentlich übersehen.

Selbst bei Rückstand in der zweiten Halbzeit kamen erst Reinier, der wochenlang wegen einer Corona-Erkrankung gar kein Spiel machen konnte und dann Linksverteidiger Nico Schulz ins Spiel, während Moukoko draußen wartete. Dabei war einmal mehr offensichtlich, wie sehr es dem Dortmunder Spiel an Tiefe und Läufen in die Tiefe fehlte, etwas, das Moukoko freilich anbieten könnte.

Raumöffnende Laufwege können Reus, Hazard, Brandt zur Genüge liefern - was fehlt, sind diese Killer-Laufwege, die dem Ballführenden einen letzten Pass erst anbieten. Das Dortmunder Problem mit einer Alternative zum Angreifer Nummer eins schien mit Moukokos 16. Geburtstag endlich gelöst, nachdem Dortmund es jahrelang versäumt hatte, sich für diese neuralgische Position einen Backup zu leisten - so wie das früher der Fall war und womit die Verantwortlichen gute Erfahrungen machten.

Favre war offenbar anderer Meinung und man darf sehr gespannt darauf sein, wie Interimslösung Edin Terzic in Haalands Abwesenheit damit umgehen wird.

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