Bremer Löcherstopfer, Neuers Coolness und Musialas Härtetest: Erkenntnisse zum Bayern-Remis gegen Werder

Von Dennis Melzer
Der FC Bayern kam gegen Werder nicht über ein Remis hinaus.
© getty

Erstmals nach einer halben Ewigkeit geht der FC Bayern gegen Werder Bremen nicht als Sieger vom Feld. Manuel Neuer schüttelt den Spanien-Alptraum aber cool ab, der junge Jamal Musiala zahlt dagegen Lehrgeld. Vier Erkenntnisse aus der Allianz Arena.

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Lange Zeit muss die obligatorische München-Reise für den Tross aus Bremen wie der Besuch bei einem ganz besonders unbarmherzigen, bohrfreudigen Zahnarzt angemutet haben. Regelmäßig wurden die Nordlichter im Süden der Republik dermaßen traktiert, dass vermutlich schon der bloße Gedanke an die Allianz Arena zu Panikattacken hinsichtlich etwaiger (Abwehr-)Löcher führte.

An diesem Samstagnachmittag hatten die Hanseaten nur selten Anlass zur Sorge. Sie stopften die Löcher kurzerhand selbst, ließen die Peiniger aus den Vorjahren nicht zur Entfaltung kommen und fuhren schließlich mit einem wohligen Gefühl zurück in die Heimat. Vier Erkenntnisse zum 1:1 zwischen dem FC Bayern und Werder Bremen..

Kein Vergleich zur Vorsaison: Bremens Löcherstopfer mit "Langweiler-Rekord"

Der Begriff, der im Anschluss an die Begegnung vonseiten der Werder-Verantwortlichen besonders gerne bemüht wurde, war "mutig". Sportchef Frank Baumann hatte generell einen mutigen Auftritt gesehen, Florian Kohfeldt hob den spielerischen Mut bei eigenem Ballbesitz besonders hervor.

Dieser fiel mit 29,6 Prozent - wie erwartet - nicht besonders üppig aus, wenn die Gäste aber mal die Kugel in ihren Reihen hatten, wussten sie zumeist etwas Brauchbares damit anzustellen. Am Ende brachten die Grün-Weißen sogar mehr Schüsse aufs gegnerische Tor zustande als die Münchner (3:2, Quelle: Opta), was im Umkehrschluss für die vorzügliche Arbeit des Defensivverbundes sprach (Zweikampfbilanz: 50,4 zu 49,6 aus Bremer Sicht).

"Wir hatten einfach im Gegensatz zu anderen Spielen zu wenig gute Tormöglichkeiten", stellte Bayern-Keeper Manuel Neuer fest und sprach der Kohfeldt-Truppe indirekt ein Kompliment aus, Thomas Müller wollte die Tatsache, dass Bremen "mit fünf Mann in der Kette" verteidigt habe, nicht als Vorwurf verstanden wissen, sondern lobte das disziplinierte Verteidigen der unangenehmen Kontrahenten.

Auch Hansi Flick fand anerkennende Worte für den SVW. "Werder nimmt den Punkt verdient mit nach Bremen", sagte der Bayern-Coach und begründete: "Sie haben es gut gemacht und uns wenig Räume gelassen. Gerade dort, wo es im Fußball gefährlich wird." Diszipliniertes, Räume verengendes Verteidigen, Löcher stopfen - Qualitäten, die in der vergangenen Spielzeit nicht mit Werder Bremen in Verbindung gebracht wurden.

Kohfeldt ist es gelungen, aus quasi dem gleichen Spielermaterial der Vorsaison, ein bundesligataugliches Team zu formen. Der Vorsprung auf die Abstiegszone ist nach acht Spieltagen komfortabel, seit dem Liga-Auftakt verlor Werder kein Spiel mehr. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass das 1:1 in München das fünfte 1:1 in Serie war.

"Fünfmal 1:1 ist wahrscheinlich der langweiligste Rekord, den die Bundesliga zu bieten hat", mutmaßte Kohfeldt im Nachgang der Partie auf der Pressekonferenz. "Da bin ich jetzt nicht unbedingt stolz drauf", scherzte er weiter, um zu dem Schluss zu kommen, dass ein 1:1 in München doch ziemlich ordentlich sei - obwohl auch drei Zähler durchaus realistisch gewesen wären.

Dass die Überraschung "nur" handtellergroß und nicht faustdick ausfiel, lag besonders an einem gut aufgelegten Münchner.

Manuel Neuer schüttelt Spanien-Alptraum cool ab

"Ausgerechnet" ist im Fußball mittlerweile ein abgedroschener Begriff, der bei irgendwelchen x-beliebigen Zufälligkeiten stets Verwendung findet. Im Falle von Manuel Neuers Länderspiel am vergangenen Dienstag traf er allerdings zur Abwechslung einmal zu.

Ausgerechnet in jener Partie, in der er zum Torhüter mit den meisten Spielen für die deutsche Nationalmannschaft avancierte und damit DFB-Legende Sepp Maier endgültig auf Platz zwei verwies, setzte es eine Rekord-Klatsche für den 34-Jährigen. Noch nie seiner Karriere musste Neuer sechs Gegentreffer hinnehmen, selten wurde er mit seiner jeweiligen Mannschaft zuvor so sehr gedemütigt.

Bei einem durchschnittlichen Schlussmann hätte eine derartige Schmach sicherlich Spuren hinterlassen, nur ist Manuel Neuer bekanntlich kein durchschnittlicher Schlussmann, sondern einer der besten, den dieser Sport jemals hervorgebracht hat. Cool, nahezu lässig, schien der Gelsenkirchener das Sevilla-Debakel aus den Kleidern geschüttelt zu haben.

In der 16. Minute parierte Neuer zunächst einen Abschluss des hereingrätschenden Sargent, nur um einen Wimpernschlag später auch Augustinssons Abschluss mit einer noch sehenswerteren Tat abzuwehren. Kurz vor Schluss fand Sargent erneut seinen Meister in Neuer, der einen Versuch des US-Amerikaners mit einem Blitzreflex aus der kurzen Ecke fischte (87.).

"Manuel Neuer ist für mich der beste Torhüter in Deutschland und auf der Welt, den es je gegeben hat", adelte Kohfeldt den FCB-Keeper und ergänzte: "Das hat er heute gezeigt." Dem war nichts hinzuzufügen.

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