Nach 17 Jahren: DFL-Chef Christian Seifert hört 2022 auf

Von SPOX
Der Retter des deutschen Profifußballs? Christian Seifert tat sich als DFL-Chef besonders als Krisenmanager während der Coronavirus-Pandemie hervor.
© imago images / Martin Hoffmann

Christian Seifert hört als Chef der DFL auf. Der 51-Jährige wird seinen Ende Juni 2022 auslaufenden Vertrag nicht verlängern.

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Wenn er leger in kurzen Hosen angeradelt kam und beim unbeschwerten Plaudern die badische Sprachfärbung zu Tage trat, spitzten alle Zuhörer die Ohren. Schließlich hatte Christian Seifert schon weit vor seinen staatstragenden Auftritten während der Coronakrise immer etwas Interessantes zu berichten - wie beim turnusmäßigen Saisonauftakt-Grillfest der Deutschen Fußball Liga (DFL). Doch mit dem Interesse am mächtigen DFL-Chef wird es bald vorbei sein. Denn mitten in der schweren See hat der Kapitän erklärt, dass er von Bord gehen wird.

Der Geschäftsführer und Sprecher des Präsidiums, der seit 2005 die Geschicke des Ligaverbandes zumeist mir großem Erfolg bestimmte, wird seinen Ende Juni 2022 auslaufenden Vertrag nicht verlängern. "In meiner Funktion an der Spitze der DFL konnte ich die Entwicklung einer der größten Sportligen der Welt, einer bedeutenden gesellschaftlichen Institution sowie den Aufbau eines der innovativsten Medienunternehmen Deutschlands aktiv gestalten", sagte Seifert: "Das war Ehre und Freude zugleich. In zwei Jahren möchte ich ein neues berufliches Kapitel aufschlagen."

Durch die Entscheidung des 51-Jährigen, die den Profibereich inmitten der existenzbedrohenden Lage als Folge der Corona-Pandemie hart trifft, steht der deutsche Fußball endgültig vor einer Zäsur. Denn während es beim DFB schon seit Jahren drunter und drüber geht, galt Seifert als unerschütterlicher Fixpunkt. Durch die anhaltende Schwäche des DFB und seiner Präsidenten war er zum eigentlichen Fußball-Chef aufgestiegen.

Watzke: "Ausstieg von Seifert ein herber Verlust für die Bundesliga"

Ob Seifert nun das Schicksal einer "lahmen Ente" ereilt, bleibt abzuwarten. Er selbst will sich bis zu seinem Vertragsende "auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen weiter mit größter Ambition und vollem Einsatz fokussieren". Die Bekanntgabe seines Schrittes war für Seifert dennoch alternativlos: "Dies sind anspruchsvolle Zeiten, die danach verlangen, Klarheit und Verlässlichkeit zu schaffen." So soll der DFL-Aufsichtsrat "frühzeitig die Möglichkeit" erhalten, über die "künftige Organisation" nachzudenken.

Und die Ligabosse machen sich bereits Gedanken. "Der Ausstieg von Christian Seifert wird im Jahr 2022 ein herber Verlust für die Bundesliga sein", äußerte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund: "Der deutsche Profifußball ist nun gefragt, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Einen Mann wie Christian Seifert, der so lange auf so hohem Niveau für den Fußball gearbeitet hat, 1:1 zu ersetzen, ist allerdings ein schwieriges Unterfangen."

Ein geeigneter Nachfolger, der in die riesigen Fußspuren Seiferts treten muss, scheint derzeit jedenfalls nicht in Sicht. Auf deshalb bedauerte der Aufsichtsrat den Schritt Seiferts und will sich bei der Nachfolger-Suche Zeit lassen. "Ich bin davon überzeugt, dass Christian Seifert der DFL bis zum Ende der Vertragslaufzeit weiterhin mit vollem Einsatz zur Verfügung stehen wird", äußerte der Aufsichtsratsvorsitzende Peter Peters: "Der Aufsichtsrat wird die Neubesetzung ohne Zeitdruck professionell angehen und hierzu einen umfassenden Prozess aufsetzen."

Der Retter des deutschen Profifußballs? Christian Seifert tat sich als DFL-Chef besonders als Krisenmanager während der Coronavirus-Pandemie hervor.
© imago images / Martin Hoffmann
Der Retter des deutschen Profifußballs? Christian Seifert tat sich als DFL-Chef besonders als Krisenmanager während der Coronavirus-Pandemie hervor.

Seifert steigerte Medieneinnahmen auf weit über eine Milliarde

Einen Prozess machte auch Seifert, der zuvor Vorstandsboss der KarstadtQuelle New Media AG war, in seinen DFL-Jahren durch. Vor allem aufgrund seiner Erfolge bei der Vermarktung emanzipierte sich der gebürtige Badener aus Rastatt schnell und ließ sich von den mächtigen Chefs der 36 Profiklubs kaum noch beeindrucken. Dass er die Medieneinnahmen von 400 Millionen Euro pro Saison auf mittlerweile weit über eine Milliarde steigerte, machte Seifert zur kaum angreifbaren Instanz. Nach dem Abgang von Ligaboss Reinhard Rauball im vergangenen Jahr, galt Seifert endgültig als "Christian allmächtig".

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie setzten Seifert allerdings sichtbar zu. Dennoch gelang es ihm, sich auch als Krisenmanager global zu profilieren. Unter der Führung des bekennenden Fans von Borussia Mönchengladbach gelang es der Bundesliga als erste der großen Ligen weltweit, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Zwar handelte sich Seifert wegen seines Zusammenspiels mit Teilen der Politik und Medien auch Kritik ein, sein Image als Strippenzieher wurde durch sein Agieren aber nur bestätigt.

Gleichzeitig erkannte und benannte Seifert, der zuletzt bereits aus dem DFB-Präsidialausschuss zurückgetreten war, die Fehlentwicklungen im Profifußball. Um für eine von vielen Seiten geforderte Erneuerung zu sorgen, installierte Seifert unter anderem die "Taskforce Profifußball". Sich selbst sieht der scheidende DFL-Boss aber offenbar nicht als den geeigneten Spitzenfunktionär, um die Zukunft zu gestalten. Und so könnte die Verteilung der Medien-Milliarden, die bis zum Jahresende trotz des großen Streits darüber gelingen soll, das letzte Vermächtnis Seiferts werden.

 

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