Ex-BVB-Profi Markus Brzenska im Interview: "Zunächst dachte ich: Das war’s mit Fußball"

Von Stanislav Schupp
Markus Brzenska und Roman Weidenfeller bejubeln einen Derbysieg gegen Schalke.
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Nach van Marwijk übernahm Jürgen Röber für acht Spiele das Zepter, ehe Thomas Doll als neuer Cheftrainer vorgestellt wurde. Unter ihm zählten Sie zunächst ebenfalls zum Stammpersonal. In der Saison 2007/08 kamen Sie nach dem 14. Spieltag jedoch nur noch zu einem Kurzeinsatz. Weshalb?

Brzenska: Das war eine schwierige Saison. Ich hatte schlechte Laktatwerte und war dann etwas unten durch. Auch die Vorbereitung lief für mich nicht ideal. Ich bin letztlich die gesamte Saison über nicht richtig in Tritt gekommen.

Der BVB kämpfte damals zwei Jahre am Stück gegen den Abstieg. Doll kritisierte in seiner berühmten Wutrede den medialen Umgang mit den Spielern. Wie erinnern Sie sich?

Brzenska: Der Druck war sehr hoch, weshalb Doll auf der Pressekonferenz auch so reagiert hat. Wir sind zwar ins Pokalfinale 2008 eingezogen, aber man merkte, dass der Spirit nicht mehr so richtig da war. Die Mannschaft benötigte einen Umbruch, der dann ja auch mit Jürgen Klopp kam.

Brzenska: "Für Cottbus wäre es vielleicht besser gewesen, wenn sie mich behalten hätten"

Sie sind dem Umbruch auch zum Opfer gefallen und verließen die Borussia auf Leihbasis in Richtung MSV Duisburg. Dennoch haben Sie Klopp ein paar Wochen lang erlebt. Wie war es?

Brzenska: Überragend. Er hat auch schwierige Seiten, aber die Ansprachen und sein Training waren etwas komplett Neues. Wir haben sofort gemerkt, dass er ein besonderer Trainer ist. Zu mir war er immer ehrlich. Mir wurde bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass man nicht mehr mit mir plane, aber ich habe trotzdem die Vorbereitung absolviert. Danach kam er zu mir und sagte, dass ich eine gute Vorbereitung gespielt habe, man aber leider nicht mehr auf mich setzt. Dortmund hatte mit Neven Subotic und Felipe Santana zwei neue Innenverteidiger geholt. Ich wusste deshalb, dass ich im Verein keine Perspektiven mehr haben werde.

Haben Sie nach Ihrem Wechsel zum MSV noch auf eine spätere Rückkehr nach Dortmund spekuliert?

Brzenska: Nein. Es war klar, dass ich dann nur einer von vielen gewesen wäre. Beim MSV hatte ich viele Spiele absolviert und mir ein Standing aufgebaut. Ich hatte einen langfristigen Vertrag beim BVB, weshalb Duisburg mich zunächst nur auslieh. Man hätte mich auch gerne behalten, konnte den Transfer finanziell allerdings nicht stemmen. Ich hatte dann Angebote von Augsburg und Cottbus aus der 2. Liga und habe mich für Energie entschieden.

In Cottbus wurden Sie auf Anhieb Stammspieler. 2011 zogen Sie sich dann allerdings einen Achillessehnenriss zu - die erste schwere Verletzung Ihrer Karriere.

Brzenska: Ich war solche schweren Verletzungen nicht gewohnt, daher war das sehr schlimm für mich. Mir war nicht klar, dass so ein langer Leidensweg auf mich warten würde.

Es folgte eine Leistenverletzung, ein Außenmeniskuseinriss sowie fünf Operationen in zwei Jahren, in denen Sie kein Spiel mehr bestritten. Was war genau los?

Brzenska: Ich glaube, dass ich die Probleme über die Jahre mit mir herumgetragen habe. Als ich dann während der ersten Verletzung zur Ruhe kam, trat das alles erst so richtig auf und ein. Ich hatte auch noch einen Knorpelschaden im Knie, der während der Reha festgestellt wurde. Wahrscheinlich hatte ich ihn schon davor, so dass er durch die fehlende Belastung akut wurde. Damals kam alles auf einmal.

Wie erging es Ihnen psychisch?

Brzenska: Ich war nie wehleidig oder habe genörgelt. Ich sah mich als Fußballer, der verletzt war und zurückzukommen versuchte. Wir haben damals unser zweites Kind bekommen. Für mich war und ist es wichtig, dass es meiner Familie gutgeht. Es gab und gibt schließlich Leute, denen es wesentlich schlechter geht.

Gab es Gedanken an ein Karriereende?

Brzenska: Nie. Ich habe mir immer gesagt, dass ich irgendwann wieder spielen werde. Ich war sehr ehrgeizig und habe mir das als klares Ziel gesetzt. Ich habe in dieser Zeit gelernt, dass Fußball nicht alles im Leben ist und man sich nicht verrückt machen darf. Alles aus der Distanz zu beobachten, war sehr lehrreich. Fußball ist Beruf und Leidenschaft, aber nicht das Wichtigste auf der Welt.

In der Winterpause 2013/14 wurde Ihnen jedoch mitgeteilt, dass man nicht mehr mit Ihnen plane. Waren Sie enttäuscht?

Brzenska: Letztlich wurden mit Kruska und mir zwei wichtige Säulen verkauft. Es wäre vielleicht für den Klub besser gewesen, wenn sie mich behalten hätten, denn meiner Ansicht nach war ich als Person und Spieler wichtig. Mit Stephan Schmidt kam ein neuer Trainer, der natürlich eine gewisse Überzeugung und eigene Ideen mitbrachte. Und als Spieler muss man solche Entscheidungen akzeptieren und schauen, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Das ist verständlich.

Mittlerweile ist Markus Brzenska Trainer von Viktoria Köln.
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Mittlerweile ist Markus Brzenska Trainer von Viktoria Köln.

Brzenska: "Franz-Josef Wernze ist mehr als nur ein Geldgeber"

Anschließend kickten Sie von 2014 bis zu Ihrem Karriereende 2017 für Viktoria Köln, wo Sie seit Januar 2018 als Co-Trainer arbeiten. Wie kam es dazu?

Brzenska: Ich hatte immer geplant, Trainer zu werden. Viktoria suchte einen neuen Co-Trainer und gab mir direkt diese Möglichkeit. Mir war auch klar, dass das damals mein letztes Jahr als Spieler wird, da ich nicht mehr den ganz großen Elan in mir trug.

Im Mai 2019 wurden Sie zusammen mit dem damaligen Cheftrainer Patrick Glöckner einen Spieltag vor Saisonende als Tabellenführer und damit kurz vor dem Aufstieg in die 3. Liga entlassen. Wie kam es dazu?

Brzenska: Es ging um alles, wir hatten nur noch einen Punkt Vorsprung auf den Tabellenzweiten. Die Stimmung war etwas gekippt, die Spieler verunsichert und ohne den absoluten Glauben daran, den Aufstieg zu schaffen. Der Verein hat dann die letzte Patrone gezündet und mit Jürgen Kohler einen Trainer verpflichtet, der die Jungs noch einmal mental aufbauen konnte. Die gesamte Saison war sehr anstrengend, auf den letzten Metern ließen wir wichtige Punkte liegen. Patrick und ich sollten dann den Weg frei machen, um für das letzte Spiel einen neuen Impuls zu setzen. Ich war natürlich enttäuscht, hatte aber absolutes Verständnis für die Situation. Es ging um den Aufstieg, also musste der Verein so handeln. Und letztlich ist das Aufstiegsziel ja dann auch erreicht worden.

Und nicht einmal zwei Monate später kehrten Sie als Co-Trainer unter dem neuen Coach Pavel Dotchev zurück.

Brzenska: Mir wurde damals im Vorfeld des Trainerwechsels kommuniziert, dass man im Falle des Aufstiegs noch einmal mit mir reden würde. Unter Pavel Dotchev ergab sich dann diese Möglichkeit. Ich war viele Jahre im Verein, es hatten sich ein ehrliches Verhältnis und echte Freundschaften entwickelt. Ich habe mich für die Region und die Menschen gefreut.

Viktoria Köln wird von Mäzen Franz-Josef Wernze finanziell unterstützt, was dem Verein von vielen Fanszenen bereits reichlich Kritik einbrachte. Wie bewerten Sie seinen Einfluss?

Brzenska: Man muss bei ihm differenzieren. Er investiert nicht nur in die erste Mannschaft, sondern auch ins Nachwuchsleistungszentrum und den gesamten Verein. Es ist viel mehr als nur Unterstützung der Profis. Diejenigen, die das kritisieren, kriegen offensichtlich nicht mit, was hier von der Jugend bis zu den Profis und für das gesamte Umfeld gemacht wird. Franz-Josef Wernze ist mehr als nur ein Geldgeber, er lebt diesen Verein.

Also ist die Kritik für Sie Quatsch?

Brzenska: Ja.

Abschließend: Welches persönliche Ziel verfolgen Sie denn nun als Trainer?

Brzenska: Mich haben viele Trainer geprägt. Der holländische Stil von van Marwijk war extrem lehrreich, aber auch die Trainingsmethoden von Sammer und Doll. In Dortmund hatten wir in der kurzen Zeit damals vier Trainer. Das war für mich letztlich nicht schlecht, denn so lernte ich verschiedene Herangehensweisen und Systeme kennen. Ich will irgendwann Bundesliga-Trainer werden - idealerweise beim BVB. Das ist der große Traum. (lacht)

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