Paco Alcacer und seine bisherige Saison beim BVB: Die Konturen fehlen noch

Anfang Februar 2019 hat der BVB Paco Alcacer fest verpflichtet.
© getty

Paco Alcacer schlug bei Borussia Dortmund ein wie eine Bombe und ist mit 17 Toren aktuell erfolgreichster BVB-Torschütze in der Bundesliga. Das "Problem" dabei: Alcacer hat in Dortmund schon viele Gesichter gezeigt. Aufgrund einiger Zwangspausen mangelt es dem Stürmer noch an der nötigen Beständigkeit.

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Anfangs wurde noch sehr viel geflunkert. Da zeigte Borussia Dortmunds Michael Zorc noch in Richtung von Maximilian Philipp, als er im vergangenen Sommer gefragt wurde, wie man künftig auf der verwaisten Position des Mittelstürmers planen wolle. 15 bis 18 Tore traue er Philipp zu, sagte Zorc - ein einziges ist es nebenbei bemerkt bislang geworden.

Dem Sportdirektor ging es bei der Suche nach einer Spitze vor allem darum, Ruhe nach außen auszustrahlen. Man werde "keine verrückten Sachen" auf dem Transfermarkt machen, betonte Zorc. Zwischen den Zeilen war jedoch längst klar, dass der BVB nicht mit Philipp, Marco Reus oder Mario Götze als mögliche Angreifer in die Saison gehen wird.

Und so kam dann, freilich reichlich spät, drei Tage vor Schließung des Fensters doch noch ein Neuer. Per Leihgeschäft eiste man den beim FC Barcelona unglücklichen Paco Alcacer los. Was dann passierte, ist historisch und daher oft erzählt: Alcacer erzielte bis zur Winterpause zwölf Bundesligatore in zwölf Partien. "Wir hatten gehofft, dass es passen könnte", sagte Zorc, "aber dass er so einschlagen würde, hätten wir nicht zu hoffen gewagt."

Favre flunkert bezüglich Alcacers Spielzeit

Viel irrsinniger als die 1,0-Torquote war dabei der Fakt, dass Alcacer zehn dieser Treffer als Einwechselspieler erzielte - das war vor ihm in der langen Geschichte der Liga noch niemandem gelungen. Das Problem allerdings, das damals beim Dortmunder Siegessprint durch das Oberhaus keines war: Dass Alcacer eben meist nur von der Bank kam und keine Luft für 90 Minuten hatte.

"Paco hatte zuvor seit drei Jahren kein ganzes Spiel mehr bestritten. Deshalb ist es nicht möglich, ihn ständig von Beginn an zu bringen. Aber er ist immer bereit, 30 bis 35 Minuten zu spielen", flunkerte Trainer Lucien Favre zu jener Zeit. Zumindest bleibt das zu hoffen, denn ein simpler Blick in Alcacers Leistungsdaten in Katalonien hätte gereicht um festzustellen, dass Alcacer in seinen beiden letzten Saisons bei Barca immerhin neun Mal über die volle Spielzeit zum Einsatz kam.

Womit Favre aber natürlich Recht hatte: Alcacer verpasste die gemeinsame Vorbereitung mit dem BVB und hatte weder Spielrhythmus noch entsprechende Wettkampfhärte in sich. "Das ist ganz normal, dass er seine Zeit braucht", meinte der Coach.

Vier Zwangspausen für Alcacer bis zur Winterpause

Allerdings, und das ist ebenfalls nicht gerade ideal, benötigt Alcacer diese Zeit auch weiterhin noch. Die ungewohnten Anstrengungen bei seinem BVB-Start zwangen ihn bis zur Winterpause zu insgesamt vier Zwangspausen, allesamt auf muskuläre Probleme zurückzuführen. 90 Minuten in der Bundesliga packte er bis dahin gar nicht, lediglich bei den Heimspielen in der Champions League gegen Monaco und Brügge hielt der Spanier über die gesamte Distanz durch.

Weihnachten und Silvester feierte er dann mit einer Zerrung in der Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur, die ihn im Grunde das gesamte Winter-Trainingslager in Marbella kostete. 2019 ging es mit einer Schulterverletzung, der nächsten Zerrung sowie einer Blessur am Arm weiter. Startelfeinsätze in Pflichtspielen seither: fünf. Davon über 90 Minuten: zwei.

Vielmehr ging es jedoch nicht mehr so weiter, wie man das von ihm gewohnt war. Alcacers Treffsicherheit war kurzzeitig verloren gegangen, zwischen Spieltag 17 und 23 blieb er sieben Partien ohne Tor. "Es war klar, dass es nicht in dem Tempo weitergehen konnte", sprach Zorc dann das Offensichtliche aus.

Alcacer hat beim BVB schon viele Gesichter gezeigt

Mittlerweile hat Alcacer den Faden wieder aufgenommen, fünf Treffer gelangen ihm in seinen vier letzten Auftritten. Und es steht ja außer Zweifel, dass der 25-Jährige, den der BVB Anfang Februar für 23 Millionen Euro bis 2023 an sich band, gut ins von Favre favorisierte Spiel passt.

Der 1,73 Meter-Mann ist prädestiniert für die flachen Zuspiele des Favre-Fußballs, seine ersten Ballberührungen können teils bereits brandgefährliche Situationen kreieren. Alcacer hat die entsprechende Technik, ist wendig und lässt sich immer wieder tief zwischen die gegnerischen Ketten fallen, um seine Qualität beim ersten Kontakt einzubringen. Und dass er nicht nur im Strafraum eiskalt vollstrecken kann, haben seine 17 Bundesligatreffer hinlänglich bewiesen.

Alcacer hat in seiner kurzen Zeit beim BVB also schon viele Gesichter gezeigt. Mit Blick auf die Zukunft fragt sich nun jedoch, welches künftig das beständigste ist. Die Konturen fehlen nämlich noch. Um über einen gesamten Saisonverlauf kontinuierlich die Verstärkung sein zu können, die er in vielen seiner bisherigen Auftritte war, sollte Alcacer spätestens zur neuen Spielzeit in der Lage sein, an Fitness und Spielrhythmus draufzupacken.

Paco Alcacer: Leistungsdaten in der Bundesliga für den BVB

Bundesligaspiele22
Bundesligaspiele über 90 Minuten1
Bundesligatore17
Startelfeinsätze Bundesliga9
Einwechslungen Bundesliga13
Bundesliga-Assists

0

"Schwierige Zeit" - Reus schenkt Alcacer Elfmeter

Schließlich braucht die Borussia eine verlässliche wie treffsichere Nummer eins im Angriff, wie man sie einst in Lucas Barrios, Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang hatte. Ersatz für Alcacer ist im Dortmunder Kader rar gesät. Götze befindet sich zwar seit längerer Zeit im Aufwind, als alleiniger Zentrumsspieler fehlt ihm aber die Durchschlagskraft. Alexander Isak ist verliehen und blüht bei Willem II auf, eine Sofortlösung wäre seine Rückkehr aber auch nicht.

Sollten die Verantwortlichen beim BVB im Sommer keinen zweiten Stürmer neben Alcacer holen, wird die Verantwortung für Tore auch künftig bei ihm liegen. Dass Alcacer diese in Dortmund zwar bislang befriedigte, er aber auch häufiger passen musste, als ihm lieb war, hat den öffentlich meist in sich gekehrten Stürmer durchaus ins Grübeln gebracht.

"Paco hatte eine schwierige Zeit", sagte Kapitän Reus am Wochenende in Freiburg, er als Alcacer den Elfmeter zum 4:0-Endstand schenkte. "Du musst als Mannschaft funktionieren - da ist es wichtig, alle Spieler auch in schwierigen Situationen zu belohnen."

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