"Von Island kann man Dinge abgucken"

Dirk Schuster stellt seit Sommer in Augsburg die Hütchen auf
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Dirk Schuster übernahm im Sommer beim FC Augsburg das Traineramt vom abgewanderten Markus Weinzierl. Im Interview spricht der 48-Jährige über die Lehren der EM, das Erbe seines Vorgängers und den Stand der Vorbereitung. Außerdem erklärt er, warum die Arbeit in Augsburg angenehmer ist als in Darmstadt.

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SPOX: Herr Schuster, Sie sind in diesem Sommer zum FC Augsburg gewechselt und haben entsprechend intensive Wochen hinter sich. Hatten Sie bei all den neuen Aufgaben Zeit, die EM in Frankreich zu verfolgen?

Dirk Schuster: Um die Spiele live vor Ort zu verfolgen, hat man logischerweise überhaupt keine Zeit. Das ist ja ganz normal. Aber wir von unserem Trainerteam haben schon versucht, so viele Spiele wie möglich im Fernsehen anzugucken, da ja auch Spieler von uns dabei waren. Außerdem dient es der Weiterbildung, weil man viele verschiedene Eindrücke gewinnt und beobachten kann, was andere Nationalmannschaften machen.

SPOX: Worauf haben Sie da besonders geachtet?

Schuster: Je nachdem, wie die Spiele laufen, kann man verschiedene Elemente beobachten, die wichtig sind und einen weiterbringen. Wie verhalten sich Außenseiter im Spiel gegen größere Mannschaften? Aber auch andersherum: Wie kann man sehr dicht gestaffelte, gut organisierte Mannschaften offensiv auseinander nehmen? Da gab es schon einige Erkenntnisse. Wobei ganz ehrlich: Die große taktische Revolution habe ich nicht gesehen.

SPOX: Sie sprechen Ihre Spieler bei der EM an. Etwas ganz Besonders war der Sommer für Alfred Finnbogason, der beim Island-Märchen dabei war. Hatten Sie während des Turniers Kontakt mit ihm?

Schuster: Wir hatten schon vor der EM SMS-Kontakt und natürlich hat man sich auch während und nach der EM ab und zu per SMS ausgetauscht. Nicht allzu viel, sondern nur sachlich, kurz und knapp. Aber der erste Kontakt ist hergestellt und war sehr positiv. Wir freuen uns, dass er jetzt wieder bei uns in Augsburg ist und hoffen, dass er an die guten Leistungen der letzten Saison anknüpfen kann. Da werden die positiven Erlebnisse bei der EM sicherlich hilfreich sein.

SPOX: Eine auffällige Stärke der Isländer waren die sehr guten Standardsituationen. Darmstadt hat in der vergangenen Saison unter Ihrer Leitung ja auch viele Tore über Standards gemacht. Sehen Sie das generell als probates Mittel für kleinere Teams an und werden Sie auch in Augsburg verstärkt Standardtraining abhalten?

Schuster: Sicher werden wir in der Trainingsarbeit wieder sehr großen Wert auf Standards legen - und zwar nicht nur im offensiven, sondern auch im defensiven Bereich. Die Bedeutung von Standards hat sich in den letzten Jahren noch einmal weiterentwickelt. In gewissen Spielen können sie ein Dosenöffner sein, wenn man spielerisch nicht weiterkommt. Und genau das haben die Isländer sehr, sehr gut gemacht. Sie waren taktisch gut aufgestellt, haben wenig Chancen zugelassen, nehmen wir das Frankreich-Spiel da mal raus. Aber sie haben toll gespielt, toll gekämpft und ein riesengroßes Herz gehabt. Und speziell, was sie bei Einwürfen gemacht haben - da war schon das ein oder andere dabei, was man sich abgucken kann.

SPOX: Bleiben wir doch mal bei Einwürfen: Wie nimmt man so etwas als Trainer auf? Denkt man da direkt daran, wie man das für sich selbst nutzen könnte? Gefühlt sind Einwürfe zuletzt in der Bundesliga ja eher vernachlässigt worden.

Schuster: Ja, das ist richtig, da haben viele Teams in der Bundesliga noch Nachholbedarf. Die verschiedenen Varianten schaut man sich schon an. Auch mehrmals. Man achtet darauf, wie gewisse Laufwege sind. Natürlich braucht man dann auch einen Spieler, der weit werfen kann. Wenn man diese Grundvoraussetzung mit den eigenen Spielern erfüllt, kann man da schon eine Menge herausholen und auch mal für einen Überraschungsmoment sorgen. Bei den Isländern war es auf jeden Fall eine Waffe, also wieso nicht auch in der Bundesliga?