HSV: Die Zeit läuft ab

SID
Rafael van der Vaart reist mit dem Hamburger SV mit einem 0:0 nach Fürth
© getty

Seit Jahren bettelt der Bundesliga-Dino um den ersten Abstieg der Vereinsgeschichte, am Sonntag könnte es endgültig soweit sein: Nach dem Grusel-Auftritt gegen die SpVgg Greuther Fürth ist der Hamburger SV schwerlich zu retten.

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Die hochbezahlten HSV-Stars um Kapitän Rafael van der Vaart hatten den Ort des Schreckens längst verlassen, da passierte das eigentlich Unvorstellbare. Die legendäre Bundesliga-Uhr hörte in der Nacht zu Freitag auf zu ticken. Welch eine Symbolik.

Nach dem glücklichen 0:0 und einer erschreckend schwachen Vorstellung im Relegations-Hinspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth droht die Zeit des Bundesliga-Dinos am Sonntag (17 Uhr) nach dann 50 Jahren und 267 Tagen endgültig abzulaufen. Der Mannschaft von Trainer Mirko Slomka bleiben 90 Minuten, dieses Horror-Szenario irgendwie zu verhindern.

"Wir sind nicht niedergeschlagen, die Stimmung in der Mannschaft ist weiterhin kämpferisch", sagte Slomka, "wir sind auswärts immer für ein Tor gut. Es wird am Sonntag auf jeden Fall spannend."

Klammern an letzte Chance

Am Freitagmorgen tickte auch die Uhr längst wieder, die Sonne strahlte über der Stadt, und die Trainingskiebitze staunten wieder einmal nicht schlecht über ihren HSV: Es wurde viel gescherzt, es wurde viel gelacht. Als wäre nichts gewesen. Dabei präsentierten sich die Hanseaten gegen Fürth schon wie ein Zweitligist. Doch noch klammert sich der Traditionsklub vor den vielleicht letzten 90 von bisher insgesamt 155.700 Bundesliga-Minuten verzweifelt an seine allerletzte Chance. Schon ein 1:1 würde reichen.

"Wir sind die bessere Mannschaft, sind auf jeder Position besser besetzt", sagte Top-Torjäger Pierre-Michel Lasogga, der wie seine Kollegen aber blass blieb - ein Klassenunterschied war nie zu sehen: "Wenn wir unsere Leistung abrufen, wird sich die Qualität durchsetzen. Jetzt müssen wir unsere Kräfte sammeln." Mittelfeld-Juwel Hakan Calhanoglu wirkte nach dem Wirbel um einen möglichen Wechsel zu Bayer Leverkusen zwar bemüht, war aber auch überfordert. "Wir müssen jetzt in Fürth etwas bewegen", sagte der 20-Jährige.

Letzter Auswärtssieg in Fürth

Doch der Dino wirkt längst nur noch wie ein Fossil. Nicht nur der ehemalige HSV-Torhüter Uli Stein rechnet angesichts der eklatanten Auswärtsschwäche der Hamburger, die in der Rückrunde ohne Auswärtspunkt (!) geblieben waren, mit dem Schlimmsten. "Das war erschreckend. Da ist es schwer, die Fassung zu bewahren", sagte Stein, der 1983 mit den Hanseaten den Europapokal der Landesmeister gewonnen hatte: "Keiner wehrt sich, das ist eine leblose Truppe."

Slomka hat sogar seine letzten 15 Auswärtsspiele alle verloren, gewann aber ausgerechnet zuletzt in Fürth (noch mit Hannover 96). Am Sonntag wird dieser Sieg 387 Tage her sein. Damit der einstige Hoffnungsträger nicht das Etikett eines Totengräbers angeheftet bekommt, setzt Slomka als letztes Stilmittel auf Steinzeit-Taktik.

"Wir haben zu wenig Standards rausgeholt und konnten dadurch unsere Stärken nicht ausspielen", sagte er. Beim einst ruhmreichen HSV reicht es spielerisch nicht einmal mehr für Fürth.

Doch noch hoffen die Hamburger auf die Rettung in letzter Sekunde. Von einer bösen Vorahnung könne bei dem Ausfall der Uhr ohnehin keine Rede sein. Sie werde "jede Nacht durch eine Zeitschaltuhr energiesparend ein- und ausgeschaltet", teilte der Klub mit. Doch schon am Sonntag könnte die wohl berühmteste Uhr der Bundesliga-Geschichte ein Fall für das HSV-Museum sein.

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