"Der Tag war wie ein Wunder"

Von Stefan Rommel
Slobodan Rajkovic bekam vom neuen Trainer Slomka eine Chance und nutze sie eindrucksvoll
© getty

Eigentlich war Slobodan Rajkovic' Zeit beim Hamburger SV schon vorbei. Unter Neu-Trainer Mirko Slomka feierte er sein Comeback gegen den BVB. Der Verteidiger über seine emotionale Rückkehr und den anstehenden Abstiegskampf.

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Im Prinzip war Slobodan Rajkovic beim Hamburger SV schon längst weg vom Fenster. Nach einer Prügelei im Training mit Heung-Min Son und einem anschließenden unüberlegten Interview, in dem er Ex-Trainer Thorsten Fink aufs Schärfste kritisierte, schien Rajkovic' Zeit in Hamburg vorbei.

Rajkovic spielte in der Innenverteidigung ruhig und abgeklärt, als wäre er nie weg gewesen. Dabei hätte er schon etliche Male verkauft werden sollen. Aber der 25-Jährige wollte partout nicht weg aus Hamburg - und darf jetzt nach seinem wundersamen Comeback auf einen erneuten Neuanfang beim HSV hoffen.

Nach dem 3:0 über den BVB sprach Rajkovic in der Mixed Zone des Hamburger Stadions leise und zurückhaltend über seine Rückkehr, den emotionalen Nachmittag und den anstehenden Abstiegskampf.

Frage: Slobodan Rajkovic, Sie haben das erste Mal in dieser Saison für den HSV auf dem Platz gestanden. Erzählen Sie von Ihrer Premiere in dieser Saison.

Slobodan Rajkovic: Es war ein tolles Gefühl, endlich wieder auf dem Rasen zu stehen. Ich muss mich bei allen Leuten im Klub bedanken. Beim Trainer, der mich aufgestellt hat und mir total vertraut hat, obwohl ich so lange Zeit nicht gespielt habe. Von dieser Entscheidung bin ich sehr angetan. Und bei der Mannschaft, die mich nie hat fallen lassen. Und natürlich bei den Fans für den tollen Support. Der Tag war wie ein Wunder.

Frage: Der HSV hat gegen Borussia Dortmund 3:0 gewonnen - ein Ergebnis, das aus vielerlei Hinsicht so nicht zu erwarten war.

Rajkovic: Das kann nur ein erster Schritt für uns gewesen sein, unsere Lage ist weiter ernst. So muss es jetzt weiter gehen. Aber dafür müssen wir hart arbeiten. Jetzt ist noch keine Zeit für die großen Jubelfeiern. Dennoch hat jeder gesehen, wie wichtig der Sieg für uns war. Heute können wir uns richtig darüber freuen. Morgen müssen wir schon wieder konsequent weiter arbeiten. Wir müssen diesen Klub mit Leidenschaft in der Liga halten!

Frage: Der Trainer hat Ihnen sofort vertraut. Waren Sie nach so langer Zwangspause nervös?

Rajkovic: Am Anfang auf jeden Fall und vor dem Spiel auch. Aber nach den ersten Zweikämpfen war die Nervosität weg, dann ging es gleich viel besser. Aber ich habe gesehen, dass ich mich erst wieder zurechtfinden musste. Ich denke aber, dass das von Spiel zu Spiel besser werden wird.

Frage: War das auch für Sie so etwas wie der emotionalste Sieg hier beim HSV?

Rajkovic: Ich war lange Zeit weg, insofern war es mich schon sehr emotional, was da passiert ist. Aber ich muss mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Ich muss jeden Tag, in jedem Training und in jedem Spiel einhundert Prozent geben. Dasselbe gilt natürlich auch für die Mannschaft.

Frage: Sie haben nie aufgegeben, auch in Ihrer dunkelsten Phase beim HSV, als Sie schon aussortiert waren. Viele andere hätten da längst kapituliert und den Klub verlassen. Was hat Ihnen den Glauben an eine Zukunft in Hamburg gegeben?

Rajkovic: Meine Familie und meine Freunde haben mir immer den Rücken gestärkt und mir Kraft gegeben. Das war das wichtigste.

Frage: Die Partie gegen den BVB war zum einen der Einstand von Trainer Mirko Slomka und zum anderen der Abschied von Herrmann Rieger. War das die Mischung, die die Mannschaft zu dieser Leistung getrieben hat?

Rajkovic: Es war wirklich sehr emotional, was im Stadion alles passiert ist. Vielleicht waren es zwei entscheidende Punkte, die die Mannschaft noch zusätzlich motiviert haben. Die Fans waren der absolute Wahnsinn, sie standen die ganze Zeit hinter uns und waren der zwölfte Mann.

Frage: Wann und wie haben Sie von Ihrer Nominierung erfahren?

Rajkovic: Wir haben uns in den letzten Tagen schon unterhalten. Der Trainer hatte schon angekündigt, vielleicht wieder auf mich zurückzugreifen. Er hat mir gesagt, dass ich mich im Training gut gemacht hätte und jetzt konzentriert weiter arbeiten sollte. Und ob ich dann spiele oder nicht - ich sollte immer bereit sein. Zwei Tage vor dem Spiel hat er mir dann mitgeteilt, dass ich spielen werde.

Frage: Wie hat die veränderte taktische Ausrichtung das Spiel der Mannschaft und Ihr Spiel als Innenverteidiger beeinflusst?

Rajkovic: ‚Safety first' war die klare Devise vor dem Spiel. Wir mussten in der Defensive stabiler stehen. Das muss auch die Marschroute für die ersten Spiele unter dem neuen Trainer sein. Gerade gegen die starken Mannschaften, wie jetzt gegen Dortmund. Und wir müssen lernen, geduldig zu bleiben. Dann können wir auch punkten.

Frage: Glauben Sie, dass das 4-4-2 eine Dauerlösung sein kann?

Rajkovic: Das kann ich nicht beantworten. Wir sind gegen Dortmund aber mit der nötigen Ruhe und einem klaren Konzept angetreten und konnten umsetzen, was wir uns vorgenommen hatten. Ich weiß, dass wir generell in den ersten Spielen Selbstvertrauen tanken müssen. Und dann schauen wir mal weiter.

Frage: War diese Partie jetzt der erhoffte Neustart für Sie und die Mannschaft?

Rajkovic: Ich hoffe es. Ich bin sehr glücklich, denn es war eine wichtige Partie mit einem wichtigen Sieg. Aber in der Tabelle sind wir weiter tief unten im Keller. Jetzt müssen wir uns da Schritt für Schritt nach oben arbeiten.