Das Meisterteam des FCB in der Einzelkritik

Von Thomas Gaber / Fatih Demireli / David Kreisl
Der FC Bayern München holte am Samstag in Frankfurt seinen 23. Meistertitel
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Bastian Schweinsteiger: Heynckes spricht gerne von der Ausgeglichenheit seines Kaders, darüber, dass alle Spieler wichtig wären und es im Prinzip keine Stammelf gebe. Bei seinem Vize-Kapitän macht der Coach aber gerne eine Ausnahme - zurecht: Schweinsteiger ist der wichtigste Spieler im Meisterteam. Er bestimmt den Rhythmus, ist perfektes Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff. Zwei Mal fehlte Schweinsteiger in der Champions League - zwei Mal (in Borissow und gegen Arsenal) gab's für die Bayern nichts zu holen. Heynckes bezeichnete ihn als "besten Mittelfeldspieler der Welt neben Sergio Busquets". Es gab aber auch andere Stimmen: Schweinsteiger sei zu alt und werde in der Nationalmannschaft bald von Ilkay Gündogan verdrängt werden. In beeindruckender Weise widerlegte Schweinsteiger diese Meinung der Herren Thon und Netzer. In Frankfurt schoss er das Siegtor zur Meisterschaft mit der Hacke - sinnbildlich für seine starke Saison. Der 23. Meistertitel der Bayern ist auch immerhin schon der sechste für Schweinsteiger.

Javi Martinez: "Ich habe keinen Jens Jeremies gesehen, der dem Gegner schon beim Warmmachen in die Wade beißt." Diesen Satz ließ Uli Hoeneß während der Tristesse-Party nach dem verlorenen Finale dahoam gegen Chelsea los. Diesen Wadlbeißer ließen sich die Bayern drei Monate später 40 Millionen Euro kosten. Mit Martinez kam ein Welt- und Europameister nach München, der zwar bei Spaniens Triumphen nicht viel zum Einsatz kam, mit Xavi, Iniesta und Co. aber oft trainierte und sich in Bilbao zu einem der besten Mittelfeldspieler der Primera Division mauserte. Martinez kam durch seine EM- und Olympiateilnahme ohne Urlaub zu den Bayern, gewöhnte sich aber schnell an die Bundesliga und zeigte in vielen Spielen seine Klasse. Spielintelligenz, Zweikampfstärke, Passspiel - der sympathische Spanier hat voll eingeschlagen.

Luiz Gustavo: Erkämpfte sich durch eine sehr gute Vorbereitung den Platz neben Schweinsteiger auf der Doppel-Sechs und wusste in den ersten Spielen vor allem aufgrund seiner hohen Qualität in der Balleroberung zu überzeugen. Schoss zudem in den ersten acht Ligaspielen drei Tore. Gustavo musste im November an der Leiste operiert werden und fiel fast drei Monate aus. An Schweinsteiger und Martinez kommt der Brasilianer nicht vorbei, bringt aber gute Leistungen, wenn er gebraucht wird. Kommt immerhin auf bis dato 13 Startelfeinsätze in der Liga.

Anatolij Tymoschtschuk: Der Ukrainer ist der einzige Spieler, bei dem die Zeichen im Sommer eindeutig auf Abschied stehen. Bereits in der Winterpause gab es Spekulationen um einen Wechsel, jetzt äußerte sich der unzufriedene 34-Jährige selbst darüber, seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Tymoschtschuk stand in seinen zwölf Ligaeinsätzen (1 Tor) nicht einmal über 90 Minuten auf dem Feld. Hat zu seinem Pech mit Rekord-Neuzugang Javi Martinez und Luiz Gustavo zwei Spieler auf seiner Position vor sich, die ihm in allen Belangen überlegen sind.

Toni Kroos: Kehrte mit dem Makel, Opfer von Löws Aufstellung und damit mitverantwortlich für die Halbfinal-Pleite gegen Italien zu sein, von der EM heim. War bei Heynckes dann aber von Saisonbeginn beständiger Teil der offensiven Dreier-Mittelfeldreihe. Kroos stand in allen wichtigen Spielen in der Startelf, schoss neun Tore in Liga und Champions League und legte (endlich) die Last von seinen Schultern im Bayern-Trikot ab. Hat mit 23 Jahren schon 144 Bundesligaspiele und 30 CL-Spiele absolviert. Die Preise werden in dieser Saison allerdings ohne ihn verteilt: Kroos zog sich gegen Juve einen Muskelbündelriss zu und fällt sechs bis acht Wochen aus.

Arjen Robben: Kroos' Ausfall ist gleichzeitig die Chance für Robben. Der Niederländer durchlebt eine sehr durchwachsene Saison. Robben wurde wieder mal Opfer seines Körpers: vier Verletzungen (u.a. ein Muskelfaserriss) zwangen ihn erneut zu mehreren Zwangspausen. In den Schlüsselspielen war Robben nicht erste Wahl; seine Laune wurde dadurch nicht besser. Sportvorstand Sammer attestiert Robben eine vorbildliche Arbeitsweise, kaum ein Spieler trainiert so hart und teilweise verbissen wie der 29-Jährige. Auch wenn Robben etwas von seiner Explosivität verloren hat und seine Spielweise nicht immer kompatibel mit dem Bayern-Stil unter Heynckes ist, ist er nach wie vor ein wichtiger Spieler. In 13 Ligaeinsätzen sammelte er zehn Scorerpunkte, das Prestige-Pokalduell gegen Dortmund entschied Robben mit einem Traumtor und gegen Juventus waren die Bayern nach seiner Einwechslung für den verletzten Kroos deutlich besser im Spiel. Und Robben hat auch im Saisonendspurt viel vor...

Thomas Müller: Der Raumdeuter, der Mann zwischen den Linien, der nach eigener Aussage eigentlich gar nicht so viel drauf hat. Aber: Müller ist mit seinem etwas unkonventionellen Stil unverzichtbar für den FC Bayern. Mit jetzt schon zwölf Toren in der Liga zweitbester Torschütze hinter Mandzukic, dazu kommen zwölf Torvorlagen. Müller kann in der Offensive jede Position spielen und ist in der ersten Elf gesetzt. Wird durch Kroos' Ausfall in der Schlussphase der Saison wahrscheinlich überwiegend auf der Zehnerposition gebraucht.

Franck Ribery: Der Franzose spielt bereits seine sechste Saison beim FC Bayern - und war nie besser. Ribery ist für die unerwarteten Dinge zuständig. Tempodribblings, Ballbehandlung, Passspiel und Torabschluss - Ribery drückt dem Offensivspiel der Bayern den Stempel auf. Er sieht in Uli Hoeneß einen väterlichen Freund und kann sich sein Karriereende in München sehr gut vorstellen. Eine Sache muss Ribery aber endlich in den Griff bekommen: sein Temperament. Der Tritt gegen Arturo Vidal war so sinnfrei wie unnötig. Ribery hat einfach nur Glück, dass er nicht für den Rest der CL-Saison gesperrt wurde.

Xherdan Shaqiri: Mit dem schnellen Schweizer haben die Bayern eine zusätzliche Option auf den Flügeln. Shaqiri hat zwar Ribery vor sich, kommt aber bislang auf 30 Pflichtspieleinsätze. Erzielte in allen Wettbewerben mindestens ein Tor (insgesamt 5) und bereitete 15 Treffer vor. Hat den Sprung vom kleinen FCB (Basel) zum großen FCB problemlos bewältigt. Der stets freundliche Shaqiri ist abseits des Platzes mit Ribery für die gute Stimmung im Bayern-Team verantwortlich.

Mario Mandzukic: Während der EM in Polen und der Ukraine rief Karl-Heinz Rummenigge bei Uli Hoeneß an, um sich seine positive Meinung über Mandzukic bestätigen zu lassen. Schnell kamen Vorstandsboss und Präsident überein, dass der Kroate verpflichtet werden müsse. 13 Millionen Euro wurden wenig später an den VfL Wolfsburg überwiesen. Mandzukic "profitierte" in der Vorbereitung von Gomez' Verletzung und begann die Saison als Stürmer Nummer eins. Diesen Status hat er bis heute gehalten, trotz der starken Konkurrenz mit Gomez und Pizarro, die ihre Torgefährlichkeit ebenfalls unter Beweis gestellt haben. Aber an Mandzukic kommt keiner vorbei. Mit 15 Ligatoren ist 26-Jährige bester Schütze der Bayern, in den wichtigen Spielen ist er gesetzt. Neben seiner Treffsicherheit überzeugt Mandzukic vor allem durch seinen Einsatz. Gegen Juve auch ohne Tor bester Spieler auf dem Platz.

Mario Gomez: Der Nationalstürmer verpasste einen Großteil der Hinrunde wegen einer Sprunggelenksverletzung. Im Heimspiel gegen Hannover feierte er ein furioses Debüt, als er in seinem ersten Spiel der Saison 26 Sekunden nach seiner Einwechslung traf. Insgesamt stand Gomez in der Liga 15 Mal auf dem Platz, erzielte sieben Tore und bereitete zwei weitere vor. Von den sechs Mal in der Startelf spielte er lediglich zwei Mal durch, weil sich in seiner Abwesenheit Mandzukic mit überragenden Leistungen in die erste Elf spielte. Dennoch denkt der 27-Jährige nicht an einen Wechsel.

Claudio Pizarro: Der Rückkehrer aus Bremen sollte Gomez und Mandzukic Druck machen. Eine echte Chance auf einen Stammplatz bekam Pizarro nie. Wenn er gebraucht wurde, zeigte er aber, dass er seine Torjägerqualitäten auch mit 34 keineswegs eingebüßt hat. Nicht nur Heynckes sieht im Peruaner den technisch besten Fußballer unter den Bayern-Stürmern. Spielte in drei Wettbewerben zwar nur sieben Mal von Beginn an, schnürte dabei aber einen Dreier- und einen Viererpack. Gut möglich, dass die Bayern mit Pizarro noch mal einen neuen Vertrag aufsetzen.

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