Nach den großen Diskussionen im Herbst stand Wolfgang Stark zuletzt vor einer großen Herausforderung: Das erste Werder-Spiel seit über fünf Jahren geriet dabei für ihn zu einer kleinen Sternstunde. Doch wie sieht es um die jungen Kräfte aus? Welche Talente können das Erbe der Starks, Meyers und Kirchers in ein paar Jahren antreten?
Aufwärtstrend: Nach der zum Teil heftigen und überwiegend berechtigten Kritik an den Referees im Herbst haben sich die Leistungen der Unparteiischen in der Rückserie bislang stabilisiert. Trotz einiger Patzer blieben größere Fehlentscheidungen die Ausnahme. Die Fehlerquote sank von 0,88 auf nun 0,84. Der leichte Formanstieg macht sich auch in der Durchschnittsnote bemerkbar, die sich geringfügig verbesserte (von 3,11 auf 3,10).
Aushängeschild der deutschen Schiedsrichter-Gilde ist und bleibt Knut Kircher. Der 44-jährige Referee aus Rottenburg liegt mit der Durchschnittsnote 2,4 an der Spitze des Tableaus. Seine Formkurve erfuhr dabei nur einen Einbruch: Am 21. Spieltag erlaubte er sich im Spiel zwischen Mönchengladbach und Bayer Leverkusen zwei Fehler, die jeweils zu Lasten der Gäste gingen. So übersah er sowohl Stranzls elfmeterreifes Foulspiel an Kießling und wähnte Schürrle bei dessen Treffer fälschlicherweise im Abseits (SPOX-Note 4,5).
Hinter Kircher ist mit Dr. Jochen Drees ein Schiedsrichter platziert, der gemeinhin nicht zur Elite der deutschen Unparteiischen gezählt wird. In seinem Falle wirkte sich aber vor allem die niedrigste Fehlerquote aller Referees (0,4) positiv aus.
Negative Überraschung dieser Spielzeit ist dagegen Thorsten Kinhöfer auf Platz 17. Nur selten konnte der Herner Unparteiische zuletzt überzeugen und weist mit 1,1 eine der höchsten Fehlerquoten auf.
Die Jungen im Fokus: In drei Jahren werden einige der deutschen Topschiedsrichter wegen Erreichen der Altersgrenze aus dem Spielbetrieb ausscheiden. Umso mehr gilt in diesen Tagen das Augenmerk den Vertretern der jungen Garde, von denen sich insbesondere der 35-jährige Tobias Welz zuletzt positiv hervorgetan hat. In seinen vier Auftritten der Rückrunde machte er jeweils eine sehr souveräne Figur und blieb ohne jeden Fehler.
Hervor stach dabei seine Leitung der Partie zwischen Borussia Dortmund und Hannover 96 am 24. Spieltag. Welz hatte das Spiel jederzeit unter Kontrolle und bewies - gerade bei kniffligen Abseitsentscheidungen - eine perfekte Abstimmung mit seinen Assistenten. Da er zudem auch genau das richtige Gefühl bei der Ansprache an die Spieler bewies und es bei zwei angemessenen Verwarnungen ließ, wurde seine Leistung mit der SPOX-Note 1,0 bewertet.
Mit Felix Zwayer hat ein anderer Hoffnungsträger des deutschen Schiedsrichterwesens zuletzt vollends enttäuscht. In Erinnerung bleibt dabei sein verkorkster Auftritt im Spiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem SC Freiburg (ebenfalls am 24. Spieltag). Neben einem insgesamt sehr unsicheren, mitunter konfusen Gesamtauftritt fiel vor allem die falsche Handelfmeterentscheidung negativ ins Gewicht: Cedrick Makiadi wurde der Ball aus kürzester Distanz - mit dem Rücken zum Spielgeschehen stehend - an die Hand geköpft. Für einen Strafstoß gab es hier keine Grundlage.
Noch schwächer als der 31-jährige Zwayer präsentierte sich zuletzt sein gleichaltriger Kollege Tobias Stieler. Den negativen Höhepunkt seiner mäßigen Auftritte bildete dabei die Partie zwischen dem FC Augsburg und dem FSV Mainz 05 am 21. Spieltag mit drei klaren Fehlentscheidungen.
So verweigerte er den Gastgebern nach Foulspiel von Junior Diaz an Augsburgs Ji zunächst einen klaren Elfmeter, um den Mainzern in der Folge einen Treffer wegen vermeintlicher Abseitsstellung von Parker abzuerkennen. Dessen Platzverweis wenige Minuten später schließlich war vollkommen überzogen. Wegen der auch ansonsten sehr unsicheren Spielleitung blieb für Stieler, der derzeit auf dem letzten Platz der Schiri-Tabelle liegt, nur die SPOX-Note 6.
In seinem bis dato letzten Auftritt am 25. Spieltag in der Partie zwischen dem FC Bayern und Fortuna Düsseldorf offenbarte Stieler wiederum Schwächen bei der Zweikampfbewertung, blieb aber ohne größere Fehler (Note 3). Mit der Durchschnittsnote 3,8 liegt er nunmehr am Schluss der Schiri-Tabelle.
Gagelmanns Aufstieg: Durchaus bemerkenswert ist, wie regelmäßig der DFB zuletzt bei der Besetzung von Topspielen auf Peter Gagelmann zurückgriff. Bayern - Schalke, Schalke - Dortmund, Leverkusen - Bayern - alle drei Partien wurde vom ältesten Bundesliga-Referee aus Bremen geleitet.
Die Ansetzungen sprechen dabei für eine gewisse Einfallslosigkeit des Schiedsrichterausschusses, zeugen aber auch vom hohen Ansehen Gagelmanns, der noch vor fünf Jahren als eher unterdurchschnittlicher Bundesliga-Schiedsrichter galt. Der inzwischen 44-jährige Unparteiische hat sich im Laufe der Jahre aber kontinuierlich gesteigert und überzeugt jetzt durch ein sehr abgeklärtes Auftreten und eine unaufgeregte Körpersprache.
Dies schlägt sich auch in unserer Schiri-Tabelle nieder, in der mit einer Durchschnittsnote von 3,0 auf Platz 7 rangiert.
Schrittweise Leistungssteigerungen sind jedoch keineswegs selbstverständlich. Dies zeigt vor allem das Beispiel Markus Schmidts, der im Jahre 2003 zum Erstliga-Referee berufen wurde. In seinen nun fast zehn Jahren als Schiedsrichter der höchsten deutschen Spielklasse hat es Schmidt nie vermocht, den Status als Underdog abzulegen. Viele fehlerbehaftete und unsicher geführte Spiele haben ihm einen Aufstieg in die Riege der Top-Schiedsrichter verwehrt.
In der laufenden Saison liegt er mit der Durchschnittsnote von 3,5 auf Platz 16 und lieferte nach zuletzt ordentlichen Spielleitungen am vergangenen Samstag einen eher schwachen Auftritt bei der Partie zwischen Werder Bremen und Greuther Fürth ab (Note 4,0). Besonders negativ fiel dabei die geradezu hanebüchene Freistoßentscheidung vor dem 1:2 ins Gewicht. Dass Bremens Lukimya Schmidtgal gefoult hatte, hatte außer Schmidt wohl keiner so gesehen.
Endlich wieder Stark: Nach über fünf Jahren hat sich der DFB wieder getraut, Wolfgang Stark bei einer Partie mit Bremer Beteiligung anzusetzen. Möglich wurde dies auch durch den Abgang von Klaus Allofs, der den Ergoldinger Referee seinerzeit massiv kritisiert hatte, woraufhin man Stark zu dessen Schutze nicht weiter bei Werder-Spielen einsetzte.
Am 25. Spieltag nun pfiff Wolfgang Stark die Begegnung zwischen Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen und machte dabei eine sehr gute Figur.
Großes Lob brachte ihm der Entschluss ein, dem Treffer von Patrick Herrmann in Absprache mit seinem Assistenten die Anerkennung zu versagen und damit seine eigene Entscheidung zu korrigieren. Dabei war die Aktion insofern unglücklich, als das Tor zunächst gegeben wurde und alle Beobachter eine gute Minute lang von einer 1:0-Führung der Borussen ausgingen.
Und doch war das Vorgehen absolut beispielhaft für die perfekte Abstimmung eines Schiedsrichters mit seinem Gespann. Denn Assistent Jan-Hendrik Salver erkannte zwar, dass Herrmann die Bremer Abwehrreihe überlaufen hatte, konnte aber nicht sehen, ob Younes den Ball verlängert hatte und damit wirklich eine Abseitsstellung vorlag. Weshalb er (unter diesen Umständen) richtigerweise davon absah, die Fahne zu heben. Eine Klärung war hier nur im nachträglichen Dialog mit Schiedsrichter Stark möglich, der aufgrund seiner besseren Position den Hackenpass des Gladbachers gesehen hatte. Die Entscheidungsfindung war insofern zwar ungewöhnlich, aber dem Spielgeschehen absolut angemessen und damit geradezu vorbildlich.
Stark, der seine Entscheidung zudem in aller Ruhe den Beteiligten gegenüber erklärte, lieferte auch darüber hinaus eine blitzsaubere Partie ab und erkannte zusammen mit Assistent Salver, dass Ignjovskis Ball tatsächlich die Torlinie überschritten hatte. Die SPOX-Note 1,0 hatte er sich damit redlich verdient.
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