Selbst Messi wäre aufgeschmissen

Von Andreas Lehner
Greuther Fürth steht mit nur neun Punkten am Tabellenende
© Getty

Greuther Fürths Bilanz ist desaströs, das Spiel gegen Mainz war ein neuerlicher Tiefpunkt. Trotzdem steht Trainer Mike Büskens nicht zur Diskussion. Es sind auch nicht allein seine Fehler, die Fürth in diese Situation gebracht haben.

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Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da klopfte die SpVgg Greuther Fürth ans Tor zum internationalen Fußballgeschäft. Im Halbfinale des DFB-Pokals jagte der damalige Zweitligist den späteren Doublegewinner Borussia Dortmund in einem enorm intensiven Spiel 120 Minuten im eigenen Stadion über den Platz.

Dass ausgerechnet der ehemalige Nürnberger und gebürtige Gelsenkirchener Ilkay Gündogan Fürth und Trainer Mike Büskens den Traum vom Endspiel in Berlin gegen den FC Bayern verwehrte, war eine der vielen Pointen an diesem Abend.

Klar war aber - unabhängig von der Ligazugehörigkeit: Hier standen sich von der Qualität zwei Bundesligisten gegenüber.

Häme der eigenen Fans schmerzt

Von dieser Qualität, die die Fürther auch die komplette vergangene Spielzeit abriefen, und sich so den Meistertitel der 2. Liga vor Eintracht Frankfurt sicherten, war in dieser Saison kaum etwas zu sehen. Vielleicht beim einzigen Saisonsieg am 2. Spieltag, beim 1:0 in Mainz.

Gegen eben jenen Gegner erlebte Greuther Fürth am Samstag (0:3) zum wiederholten Mal, wie schnell Euphorie, Mut und Überzeugung verschwinden können. Auf dem Platz und auch im Umfeld.

Nur noch gut 14.000 Zuschauer wollten Bundesligafußball im Stadion am Ronhof (Fassungsvermögen: 18.000) sehen. Viele verließen das Stadion frühzeitig, die Zurückgebliebenen flüchteten sich in Zynismus und Häme. "Wenn man von den eigenen Fans ausgelacht wird", sagte Kapitän Mergim Mavraj, "geht das an die Ehre, ans Herz, an den Stolz."

Relegationsplatz in Reichweite

Vielleicht ist dieser Moment die letzte Chance für die Fürther. Denn noch hat ihnen diese Bundesligasaison ein Hintertürchen offen gelassen. Die fußballerischen Vorstellungen des Teams sind zwar ernüchternd, aber: "Das Groteske ist, dass wir immer noch nur vier Punkte Abstand zum Relegationsplatz haben", stellte der Sportliche Leiter Rouven Schröder fest.

Im Verhältnis zu den bisher neun gesammelten Zählern und elf geschossenen Toren sind vier Punkte natürlich viel, aber auch nicht unmöglich.

Büskens wirkt müde

Die Suche nach Hoffnungsschimmern fällt jedoch immer schwerer. Büskens hat zwar "definitiv viele Ansatzpunkte" gesehen, doch die Mittel scheinen aktuell nicht vorhanden zu sein. Der Trainer machte fehlende Courage aus, alle müssten sich hinterfragen, warum es wieder nicht geklappt habe. "Ich auch", sagte Büskens. Von seiner Emotionalität war am Samstag nicht mehr viel geblieben, er wirkte müde. Verständlich nach diesem Nackenschlag.

"Das Schlimme ist, dass wir über zweieinhalb Jahre wahnsinnig viel investiert haben, dass wir wahnsinnig viel Energie reingesteckt haben, um Bundesliga zu fühlen und zu erleben", sagte Büskens. "Und es ist schade, dass wir das Spiel dann so hergegeben haben."

Personell und taktisch hat Büskens schon einiges probiert. Er ist vom 4-4-2 auf ein 4-1-4-1 umgestiegen, hat den Torhüter gewechselt und diverse Varianten im Sturm ausprobiert. Geholfen hat nichts. "In Fürths Angriff wäre momentan wahrscheinlich sogar Lionel Messi aufgeschmissen", resümierten die "Nürnberger Nachrichten.

Jobgarantie für Büskens

Ein frühzeitiges Ende, also Aufgeben, hat der Trainer ausgeschlossen, das würde auch seinem Naturell widersprechen. In Fürth haben sie nach wie vor Vertrauen in ihn. Schröder schloss am Samstag eine Entlassung ebenso aus wie sein Vorgesetzter Helmut Hack, der Büskens schon vor Beginn der Rückrunde eine Jobgarantie ausstellte.

Selbst bei einem Abstieg wolle man mit Büskens einen "Neuanfang" machen. Inwieweit Büskens dazu bereit ist, ist aktuell nicht zu klären. Die Trainersituation auf Schalke lässt eine Rückkehr ins Ruhrgebiet aber offen. Schon im Sommer kokettierte Büskens mit einem Abschied aus Fürth. Seine Familie lebt weiter in der alten Heimat, die räumliche Trennung macht ihm zu schaffen.

Naiv und blauäugig auf dem Transfermarkt

Sollte er sich nach der Saison für einen Abschied entscheiden, hätte Fürth innerhalb eines Jahres seine komplette sportliche Führung verloren. Manager Rachid Azzouzi wechselte bereits nach dem Aufstieg zum FC St. Pauli.

Erst in der Winterpause beförderten die Fürther Schröder auf Azzouzis Position. Zuvor kümmerte sich Präsident Helmut Hack zusätzlich um Aufgaben in diesem Bereich. Dass diese Entscheidung im Nachhinein als naiv und blauäugig bewertet werden muss, steht außer Frage.

Hack ist zwar schon lange im Geschäft und hat aus Fürth einen soliden Standort gemacht. Die sportliche Kompetenz und Kenntnis vom Transfermarkt fehlten ihm aber. Hack hat hier auch bereits Fehler eingeräumt.

Der nächste Schritt bleibt aus

Beim Verkauf von Oliver Occean habe er unterschätzt, "dass es in dieser Preisklasse keinen Stürmer für uns gibt. Alle Stürmer, die in einer für uns machbaren Größenordnung zur Verfügung stehen, verstärken uns nicht. Und andere können wir uns nicht leisten. Das ist etwas, was wir gelernt haben. Und wir sind nur Fürth, da geht es oft nicht einmal nur ums Geld."

Die Transferbilanz spricht gegen Hack und seine Mitarbeiter. Die entscheidende Komponente für die Misere sei aber, dass viele Spieler "den nächsten Schritt nicht gemacht haben. Das wäre unsere Basis gewesen. Wir sind nicht besser geworden. Wir sind an unserer Aufgabe nicht gewachsen."

Noch bleiben 15 Spiele, um zumindest den Relegationsplatz zu erreichen. Alles andere scheint utopisch. Man kann es aber auch ganz einfach sehen. "Spätestens jetzt", meinte Stephan Fürstner, "haben wir gar nix mehr zu verlieren."

Der Spielplan von Greuther Fürth