Lebe lieber ungewöhnlich

Von Andreas Lehner
Alex Meier spielt schon seit 2004 für Eintracht Frankfurt
© spox

Eintracht Frankfurts Alexander Meier ist in der Form seines Lebens. Bei den Fans hatte er lange Zeit einen schweren Stand. Farblos, langweilig und ein Funkel-Liebling soll er gewesen sein. Dabei ist Meier ein angenehmer Gegenpol zur neuen Generation mit einer Leidenschaft für Döner und Cola.

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Dieser Angriff war typisch für die bisherige Saison von Eintracht Frankfurt. Sebastian Rode treibt das Spiel aus dem Mittelfeld an, Stefan Aigner kommt auf rechts bis zur Grundlinie durch und spielt einen klugen Pass in den Rücken der Abwehr. Dort steht Alexander Meier, der unhaltbar zum 3:1 gegen den FC Augsburg einnetzt.

Es war das neunte Saisontor von Meier, gemeinsam mit Bayerns Mario Mandzukic führt er die Torjägerliste der Bundesliga an. Gleichzeitig war es Meiers 67. Treffer für die Eintracht. Bald wird er Anthony Yeboah (68) überholt haben, dann liegen in der vereinsinternen Rangliste nur noch Bernd Hölzenbein (160), Bernd Nickel (141) und Jürgen Grabowski (109) vor ihm.

Als Funkel-Liebling verschrien

Seit dem 1. Juli 2004 ist Meier nun schon in Frankfurt, dass er es jemals in einem Atemzug mit den Ikonen des Klubs aus den glorreichen Tagen genannt werden würde, haben ihm nur die wenigsten zugetraut.

Bei den Fans galt er lange Zeit als besonderer Liebling von Ex-Trainer Friedhelm Funkel, die Anhänger in der Kurve hätten viel lieber den hoch veranlagten, aber schlampigen Brasilianer Caio auf seiner Position gesehen.

"Das Verhalten der Fans hat mich nie interes­siert. Ich habe immer nur versucht, meinen Weg zu gehen", sagt Meier. Mit 29 Jahren ist er auf einer der besten Etappen seiner Reise. "Alex Meier war noch nie so gut wie jetzt", sagt Trainer Armin Veh.

Neue Rolle als Leader

Aber warum? "Der Hauptgrund ist, dass er als Persönlichkeit gewachsen ist. Ein guter Fußballer war er schon immer. Aber heute ist er mehr in der Verantwortung", meint Veh. Einen kleinen Schubser hat der Trainer dem "Langen" dann aber schon noch geben müssen. Veh beorderte Meier in den Mannschaftsrat und machte ihn zum stellvertretenden Kapitän.

Meier ist kein geborener Leader-Typ, aber im Laufe der Zeit ist er in seine neue Rolle hineingewachsen. Nach Oka Nikolov und mit Benjamin Köhler ist er der dienstälteste Spieler im Verein. "Warum soll ich es nicht sagen, wenn etwas schlecht läuft?", fragt Meier. Er darf sich eine eigene, klare Meinung erlauben - und diese ist intern auch gefragt.

Lieblingsgetränk: Cola, Lieblingsessen: Döner

Öffentlichwirksam sind seine Auftritte abseits des Platzes nach wie vor nicht. In den obligatorischen TV-Interviews wirkt er farblos und langweilig, auch das wirkte nicht sonderlich bei den Fans. "Alex ist eben ein bisschen schüchter­ner als andere", sagt Köhler.

Und der muss es wissen. Seit mehr als acht Jahren teilen sich beide ein Zimmer, wenn sie mit der Eintracht unterwegs sind. Im Privaten sei er völlig anders. Vor allem nicht stromlinienförmig.

In einem Chat auf der Eintracht-Homepage verriet er einmal, dass Cola sein Lieblingsgetränk, Döner sein Lieblingsessen und der Weiße Hai sein Lieblingstier seien. Der Ernährungsexperte der Eintracht wird vor Schreck vom Stuhl gefallen sein.

Gegenpol zur Glitzer-Ohrring-Generation

Meier kann mit dem Business Bundesliga wenig anfangen. Er ist einfach gestrickt, er will Fußball spielen und sonst nichts. Selbstinszenierung ist ihm ebenso fremd wie Starkult. Mit seiner Art ist er aber auch ein angenehmer Gegenpol zur Glitzer-Ohrring-Generation.

Insofern passt er gut zu seinem Trainer, der sich ebenfalls den Ausstieg aus dem Hamsterrad verordnet und durch das Alter zu einer schon fast buddhistischen Ruhe gefunden hat.

Mit dieser Ausgeglichenheit mischt die Eintracht nach einem Drittel der Saison weiterhin bei den Spitzenteams mit. Nach Meiers drittem Doppelpack in dieser Spielzeit meinte Veh: "Ich warte jetzt darauf, dass er mal drei Tore macht."

Sonderschichten wie Federer

Möglich ist das allemal. Meier hat schon bewiesen, dass er ein kompletter Spieler ist. "Alex ist ein Vollblut- und Instinktfußballer, der über ein sehr großes läu­ferisches Vermögen verfügt. Dazu ist er ziemlich kopfballstark", sagt sein Ex-Trainer Funkel. Defensivarbeit gehört genauso zu Meiers Aufgaben wie das Erzielen von Toren.

Herausragend dabei seine technischen Fähigkeiten, diese sind ungewöhnlich gut für einen Mann seiner Größe. Auffällig auch seine gute Schusstechnik mit dem Innenrist. "Ich habe das schon als Kind geübt", sagt Meier. Sein Vater hatte darauf sehr großen Wert gelegt.

Noch immer legt er Sonderschichten nach dem of­fiziellen Ende der Trainingseinheiten ein und lässt sich von Fitnesscoach Christian Ko­lodziej Bälle zuwerfen. Es geht um die Perfektionierung des Einfachen."Federer übt die Vorhand auch weiter, obwohl er sie perfekt kann", sagt Meier.

Zweite Heimat Miami

Mit 29 Jahren ist seine Karriere im letzten Drittel. "Über die Nationalmannschaft brauchen wir nicht reden. Jetzt ist es zu spät, aber vor fünf Jahren...", sagt Veh. Meier macht sich darüber keine Gedanken, er gönnt seinen jungen Kollegen Sebastian Jung und Sebastian Rode die Aufmerksamkeit.

Im kommenden Jahr könnten sich die Wege des DFB-Teams und von Meier aber dennoch kreuzen. Wenn Joachim Löw mit seiner Mannschaft im Mai 2013 auf USA-Tour geht, könnte auch Meier im Flugzeug sitzen.

Sobald der letzte Spieltag rum ist und alle sonstigen Pflichten erfüllt sind, fliegt Meier immer in seine zweite Heimat nach Miami. Erst kurz vor dem Trainingsauftakt kommt er wieder. Er ist eben ein ungewöhnlicher Typ, dieser Alex Meier.

Die Statistik von Alex Meier