FC Augsburg: Geschickt gewechselt

Von Stefan Rommel
Manfred Paula (l.) begrüßt Knowledge Musona im Trainingslager. Rechts Trainer Markus Weinzierl
© Imago

Vor ein paar Wochen stand der FC Augsburg angeblich vor einem Scherbenhaufen: Ohne die bewährte sportliche Führung, dafür mit zwei Greenhorns in der Verantwortung. Aber besonders Manager Manfred Paula hat bisher einen starken Job gemacht. Augsburgs Kader scheint bestens aufgestellt für die zweite Saison im Oberhaus.

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Als es in die heiße Findungsphase ging, standen sie plötzlich fast alle vor der Tür: Die Ehemaligen, Granden des Spiels in Deutschland. Gestählt in hunderten von Bundesliga- und Europapokalspielen, manch einer sogar mit Länderspielerfahrung.

Das geballte Wissen aus zwei Jahrzehnten Profifußball - das für den FC Augsburg aber zu viel gefährliches Halbwissen beinhaltete.

Ungewöhnliche Doppelspitze

Schon lange war bekannt, dass Andreas Rettig den Klub nach sechs Jahren verlassen wird. Die vielen Monate des Zauderns riefen etliche Bewerber um den Posten des Managers bei einem Bundesligisten auf den Plan.

Die Voraussetzungen hätten ja auch schlechter sein können: Ein Klub, der eben sein erstes Jahr in der Bundesliga mit Bravour gemeistert hatte, die fortwährende Euphorie in der Stadt, ein beschauliches mediales Umfeld.

Ein softer Einstieg wäre das gewesen, ein schönes Sprungbrett in den Zirkel der etablierten Klubs in Deutschland. Der FC Augsburg wollte und will aber kein Sprungbrett mehr sein. Im Frühjahr einigten sich die Gremien deshalb auf eine ungewöhnliche Doppelspitze.

Neben Peter Bircks, einem gelernten Versicherungskaufmann und Urgestein des Klubs, berief der Vorstand ziemlich überraschend auch Manfred Paula in die Bütt.

Die beiden teilen sich offiziell seit Juli das Geschäftsfeld des Sportdirektors. Bircks, 66, zeichnet für die Bereiche Finanzen, Organisation und Marketing verantwortlich, Paula übernahm als Manager Sport den sportlichen Bereich.

Reichlich Skepsis zu Beginn

Der 47-Jährige ist aus dem eigenen Stall, war bis vor wenigen Wochen "nur" Leiter des Nachwuchsbereichs der Schwaben. Als Trainer beim SSV Ulm und dem TSV Aindling schaffte er es nie in den Profibereich, beim FC Ingolstadt war er knapp zwei Jahre schon mal sportlicher Leiter.

Trotzdem kam Paula fast aus dem Nichts. Die Ernennung der Doppelspitze Bircks/Paula wurde mit jeder Menge Argwohn betrachtet. Als sich dann rund um den letzten Spieltag der Konflikt um Trainer Jos Luhukay zuspitzte und dieser unter selten undurchsichtigen Umständen seinen Abschied nahm, war die schöne Euphorie verflogen.

Eine der Überraschungen der vergangenen Saison stand auf einmal komplett ohne sportliche Führung da, ohne die Kompetenz der Fahrensmänner Rettig und Luhukay. Dafür mit einem Neuling auf dem Managerposten und dem lediglich drittligaerfahrenen Trainer Markus Weinzierl. Das kann ein großes Risiko sein - oder aber eine große Chance.

Paula nutzt die Gunst

In den letzten Monaten war der FCA nicht unbedingt ein Hort der Transparenz. Personalentscheidungen von Thurk bis zuletzt Luhukay wurden nur schwammig begründet. Die Einkaufspolitik in der vergangenen Saison war laut Rettig geprägt vom "Studententarif", zu dem Augsburg auf dem Markt tätig werden durfte.

Die erfolgreiche Saison und der damit erwirtschaftete finanzielle Überschuss öffneten jetzt aber zumindest einen Spalt die Kassen. Für Augsburger Verhältnisse war das bisherige Transfervolumen von rund 2,6 Millionen Euro ein ordentlicher Batzen Geld.

Dazu kommt Paulas Einschätzung, dass der Klub für viele Spieler interessanter geworden sei. Er habe es da auf dem Markt leichter gehabt, als im Vorjahr. Dass deshalb aber auf dem Papier bisher richtig klug eingekauft wurde, ist sein Verdienst und das von Trainer Weinzierl, mit dem Paula quasi gleichberechtigt agieren darf.

Durchaus interessante Namen beim FCA

Dabei fällt auf, dass sich der FCA anders als einige Kontrahenten in seinen Tabellengefilden nicht mehr nur dem mittlerweile üblichen Modus der Leihgeschäfte hingibt. Augsburg kauft ein, wie selbstverständlich werden Verträge mit Laufzeiten über ein Jahr hinaus geschlossen.

Lediglich Hoffenheims Knowledge Musona und die beiden Wolfsburger Ja-Cheol Koo und Giovanni Sio sind ausgeliehen. Wobei das eher dem Wolfsburger Gebahren geschuldet ist, Felix Magath schickt Spieler seines enorm üppigen Kaders nur zu gerne auf Leihbasis in die Welt hinaus. Die restlichen bis heute verpflichteten sieben Spieler haben allesamt längerfristige Verträge beim FCA.

Dass sich darunter durchaus illustre Namen wie Andreas Ottl, Aristide Bance oder EM-Teilnehmer Milan Petrzela befinden, ist bemerkenswert. Es sind Transfers, getätigt auf der Basis weiterer Bundesligazugehörigkeit. Aber auch für den Fall eines kurz- oder mittelfristigen Abstiegs hat Augsburg mit Talenten wie Ronny Philp, Kevin Vogt, Jan Moravek oder zuletzt in der Winterpause Matthias Ostrzolek vorgebaut.

Kader scheint deutlich verbessert

Die Mischung erscheint sehr plausibel, auf dem Papier hat der FCA trotz einiger Abgänge einen qualitativ und quantitativ besser besetzten Kader als in seiner Premieren-Saison in der Bundesliga. Bereits Mitte Juli ist die Mannschaft komplett, wie Paula betont.

Bereits am 24. Juni stieg der FCA in die Vorbereitung auf die neue Saison ein, nur Hoffenheim und Mainz waren früher dran. Für Trainer Weinzierl war es deshalb auch wichtig, Transferaktivitäten zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Vorbereitung bereits mehr oder weniger abgeschlossen zu haben.

Wobei noch nicht feststeht, ob nicht doch noch der eine oder andere den Verein noch verlassen wird. Zehn Spieler stehen bereits als Abgänge fest, darunter auch wichtige Figuren der letzten Saison wie Haime Hosogai oder Axel Bellinghausen. Der Großteil der Abgewanderten waren aber Ergänzungsspieler.

Verhaegh soll unbedingt bleiben

Vor wenigen Tagen wurde das verbriefte Interesse von Eintracht Frankfurt an Thorsten Oehrl bekannt - und das angebliche Interesse von Twente Enschede an Paul Verhaegh. Der Kapitän hat sich in seiner zweiten Saison in Augsburg zu einem enorm wichtigen Bestandteil der Mannschaft entwickelt, schielte nach sehr ansprechenden Leistungen sogar noch mit einem Auge auf die Teilnahme an der EM.

Verhaegh ist eine der wenigen verbliebenen Identifikationsfiguren der Aufstiegsmannschaft und bei den Fans beliebt wie sonst nur noch Torhüter Simon Jentzsch. Der Vertrag des 28-Jährigen läuft noch ein Jahr, es wäre also eine Ablöse fällig. Über rund zwei Millionen Euro wird spekuliert - mit einem Schlag wäre die Ausgabenseite damit fast schon wieder getilgt.

Aber offenbar denkt der FCA gar nicht daran, seinen Spieler abzugeben, um noch einen gewissen Transfererlös zu erzielen. "Bei uns hat sich niemand gemeldet und wir sind auch nicht gewillt, Verhaegh ziehen zu lassen", formuliert Paula eine klare Ansage.

Als sich damals die erste Welle der Empörung über die vermeintlich vierte oder fünfte Wahl des Rettig-Nachfolgers gelegt hatte, ging er, der sonst eher zurückhaltend und nüchtern agiert, sogar ein bisschen aus der Deckung.

"Ich glaube, mit einem Netzwerk ist noch niemand auf die Welt gekommen", sagte er damals in Anspielung auf Rettig zahllosen Kontakte, die sich der im Laufe der Jahre angeeignet hatte. Er sehe sich da selbst schon auf einem guten Weg. Bisher sieht dieser Weg recht vernünftig aus.

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