Ehemaliger Nestbeschmutzer als Vizepräsident

SID
Toni Schumacher (r.) gehört jetzt zum Triumvirat an der Spitze der Geißböcke
© Getty

Nachdem er jahrelang schärfste Kritik am 1. FC Köln geübt hatte, spülte die große Sehnsucht der Mitglieder nach einem friedlichen Vereinsleben Toni Schumacher am Montagabend in die Klubführung des Bundesligisten. Für die Wahl als Vizepräsident an der Seite des neuen Klubchefs Werner Spinner bewarb sich Schumacher mit alten Geschichten aus glorreicher Vorzeit, die für ihn vor gut 25 Jahren nach der Buchveröffentlichung mit einem Rausschmiss beendet wurde.

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"Ich durfte noch nicht einmal Mitglied werden, das tat weh. Ich habe gemeckert wie ein alter Geißbock", sagte Schumacher. Ab sofort hat der frühere Nestbeschmutzer die komplizierte Aufgabe, einen Manager und einen neuen Cheftrainer als Nachfolger für Interimscoach Frank Schaefer zu suchen.

Um der neue starke Mann für den sportlichen Bereich in der Führung des Geißbock-Klubs zu werden, musste Harald Schumacher auf der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins massiv Werbung in eigener Sache betreiben. Sein Herz gehöre allein dem 1. FC Köln, alles wolle er tun, den Klub wieder in die Spitze des deutschen Fußballs zu führen, wo er zu seinen aktiven Zeiten immer war, versicherte der frühere Nationaltorwart.

"Wie früher, als ich mit einem Kreuzbandriss oder gebrochenem Finger im Tor des FC stand", sagte der 58-Jährige. "Es geht nicht darum, das Trikot zu küssen, sondern Dreck zu fressen." Seine volkstümliche Bewerbung vor 4.279 anwesenden Mitgliedern des 1. FC Köln zahlte sich aus.

Mit großer Mehrheit

Er wurde im Team von Spinner, zu dem noch Markus Ritterbach gehört, am Montagabend mit 91,4 Prozent gewählt. Spinner soll als ehemaliger Topmanager des Bayer-Konzerns das wirtschaftliche Knowhow und der Kölner Chefkarnevalist Ritterbach die Kontakte zu potenziellen Sponsoren einbringen.

Schumacher steht für die sportliche Kompetenz. Dem Trio gelang eine überzeugende Vorstellung, die für die große Überraschung sorgte: Die Versammlung verlief unerwartet ruhig. Das Schild "Heute kein Alkoholausschank" hing an den Verkaufsständen. Das prognostizierte Tohuwabohu wie bei der FC-Versammlung mit dem Rücktritt von Wolfgang Overath im November 2011 blieb aus.

Revolte von Thielen scheiterte

Der Generalkongress des dreimaligen Deutschen Meisters, siebenmaligen Vizemeisters und viermaligen DFB-Pokalsiegers in der Lanxess-Arena war vom Verwaltungsrat um Werner Wolf gut vorbereitet worden. Wolf erhielt das gewünschte Resultat, um mitten im Abstiegskampf den chronisch streitsüchtigen Klub zu beruhigen und die Weichen für eine geordnete Zukunft zu stellen.

Karl-Heinz Thielen, der sich erst in den letzten Tagen als Spinner-Alternative aufgebaut hatte, kam nicht zum Zug. Als Vorbild für Basisdemokratie konnte die Versammlung nicht dienen, denn der 61 Jahre alte frühere Nationalspieler, Manager und Vizepräsident des Vereins durfte sich aufgrund von Satzungsbestimmungen gar nicht zur Wahl stellen. Da Spinner, Schumacher und Ritterbach clever und populistisch ihr Konzept präsentierten, scheiterte die Thielen-Revolte.

Spinner nahm souverän die Hürde, die in seiner Verbindung zur Bayer AG und damit zum Kölner Rivalen Leverkusen bestand. "FC-Fan im Feindesland zu sein und zu bleiben, ist nicht einfach. Am schönsten waren ohnehin immer die Erfolge gegen Bayer 04", sagte er und erntete großen Applaus.

Geld und Disziplin

Dann grenzte er sich geschickt vom Vorgänger Overath ab. "Alleinherrscher hatten wir genug, sie haben uns dahin geführt, wo wir sind. Kein guter Sportdirektor hat Lust unter einem Sonnenkönig zu arbeiten", erklärte Spinner und versprach den Mitgliedern umfassendes Mitspracherecht bei der geplanten Reform der Vereinssatzung.

Zurückhaltend war er bei der Prognose, ob Finanzmittel aufgetrieben werden, um die Schulden von 30 Millionen Euro abzubauen. Wichtiger sei eine gute Personalführung. "Man kann das ganze Geißbockheim mit Geld tapezieren. Solange keine Disziplin in den Verein einkehrt, wird kein Erfolg eintreten."

Auch ein Taschenspielertrick führte wohl dazu, die Stimmung pro Spinner und Schumacher zu schüren. Am Wochenende hieß es plötzlich, mit dem neuen Team käme Jörg Schmadtke aus Hannover als Sportdirektor zum FC. Doch Schmadtke dementierte und äußerte fast empört, die Behauptungen seien "unlauter". Auf der Versammlung fragten Mitglieder noch, ob er wirklich komme, erhielten aber keine Antwort.

Toni Schumacher im Steckbrief

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