Molinaro: "Ich wurde sogar in China erkannt"

Von Interview: Haruka Gruber
Cristian Molinaro gelang beim VfB Stuttgart der Sprung in Italiens Nationalteam
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SPOX: Sie zeichnen sich durch eine taktisch kluge Spielweise aus. Wer hat Ihnen das meiste beigebracht?

Molinaro: Bei Juventus nahm ich von Claudio Ranieri sehr viel mit. Der wichtigste und beste Trainer, den ich je hatte, war Angelo Gregucci bei Salernita. Die Mannschaft lag auf dem letzten Tabellenplatz und als junger Spieler war ich ziemlich verunsichert. Er brachte mich in die Spur und zeigte mir, wie wichtig es ist, die fußballerischen Grundlagen immer wieder zu trainieren und dadurch Sicherheit zu gewinnen. Flanken, lange Pässe, das taktische Verhalten, das alles habe ich vor allem von ihm gelernt.

SPOX: Bei Juventus wurden Sie für Ihren fehlenden Offensivdrang kritisiert, in Stuttgart hingegen machten Sie sich einen Namen als einer der gefährlichsten Flankengeber der Bundesliga.

Molinaro: Ich habe mir früher andere Linksverteidiger angesehen: Roberto Carlos, Paolo Maldini, Gianluca Zambrotta. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass nur Beobachten nicht ausreicht. Ich habe erst in Deutschland richtig verinnerlich, wie wichtig es ist, täglich mit dem Ball zu arbeiten und Extra-Trainings einzulegen. Die Technik beherrsche ich schon lange, doch wenn ich zu selten Flanken wiederhole, fehlen vielleicht zwei, drei Prozent an Präzision. Diese zwei, drei Prozent habe ich früher gar nicht vermisst - und sie machen dennoch einen riesigen Unterschied aus.

SPOX: Sie werden seit Jahren in Italien unterschätzt, dabei gehörten Sie bei Juventus zwei Spielzeiten hintereinander zur Stammelf. Schmerzt das?

Molinaro: Das ist kein Problem. Damals gab es in der Mannschaft Stars wie Alessandro del Piero, David Trezeguet, Gigi Buffon oder Mauro Camoranesi. In so einem Kreis ist es trotzdem wichtig, über Spieler zu verfügen, die vor allem ihren Job erledigen, Vollgas geben und immer eine positive Ausstrahlung einbringen. Das habe ich beherzigt und hatte ebenfalls meinen Spaß.

SPOX: Warum sind Sie von Turin nach Stuttgart gewechselt?

Molinaro: 2009 wurde Ranieri von Ciro Ferrara ersetzt. Der neue Trainer verpflichtete Fabio Grosso, setzte mich auf die Bank und nach einem halben Jahr als Ersatzspieler sagte ich meinem Berater, dass ich einen Wechsel will. Dieser stand mit Maurizio Gaudino in Kontakt, der wusste, dass Stuttgart einen Linksverteidiger sucht. So fiel mein Name und plötzlich fand ich mich Anfang 2010 in Stuttgart wieder. (lacht)

SPOX: Sie wurden in Stuttgart sogar italienischer Nationalspieler. War es nicht dennoch riskant, in eine Liga zu wechseln, die von den Bayern abgesehen in Italien nur wenig beachtet wird?

Molinaro: Ich wusste, dass es ein Risiko bedeutet, weil ich der einzige Italiener in Deutschland bin und entsprechend weniger im Fokus stehe. Als Spieler von Juventus wurde ich sogar in China oder Australien erkannt. Dennoch wollte ich unbedingt ins Ausland und speziell in die Bundesliga, weil ich sie stärker einschätze als die Premier League und die Primera Division. Es blieb nichtsdestotrotz ein Abenteuer - und ich muss mich beim VfB dafür bedanken, dass er mich so toll empfangen und mir in die Nationalmannschaft verholfen hat.

SPOX: Zuletzt wurden Sie jedoch nicht mehr berücksichtigt.

Molinaro: Nach der schwachen Hinrunde 2010/11 verstehe ich es. Ich hoffe, dass Nationaltrainer Cesare Prandelli sieht, dass es aufwärts geht, seit Bruno Labbadia bei uns ist. Dank ihm habe ich mein altes Niveau wiedergefunden.

SPOX: Ein Transfer in die Heimat würde Ihre Chancen auf die EM 2012 erhöhen. Der AC Milan ist angeblich interessiert. Eine denkbare Option?

Molinaro: Als die Meldung mit Milan aufkam, war ich in Italien und habe es aus Neugier gleich in der Zeitung nachgelesen. Das muss jeder verstehen, denn es macht jeden Fußballer stolz, wenn sich ein solch großer Klub mit einem beschäftigt. Aber ich kann sagen: Es gab keinen Kontakt und mit mir hat niemand gesprochen.

SPOX: Weiterhin soll Paris St. Germain mit dem neuen Trainer Carlo Ancelotti eine Möglichkeit sein.

Molinaro: Es ist auch hier eine große Ehre, wenn man mit einem Klub mit solch großen Ambitionen in Verbindung gebracht wird. Dennoch gibt es zu Paris keinerlei Kontakt. Ich bin ohnehin zu hundert Prozent auf Stuttgart fokussiert.

Cristian Molinaro im Steckbrief