Morddrohungen gegen HSV-Aufsichtsrat Erhardt

SID
Bekam im Aufsichtsrat keine Mehrheit für eine Vertragsverlängerung: Bernd Hoffmann
© Getty

Das Chaos beim Fußball-Bundesligisten Hamburger SV gerät zunehmend außer Kontrolle. Aufsichtsratsmitglied Marek Erhardt erhielt Morddrohungen. Die Fans machen im Internet für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mobil.

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Morddrohungen gegen den Aufsichtsrat, ein Antrag auf eine außerordentliche Mitgliederversammlung und Fans auf den Barrikaden: Vor dem Spiel bei Bayern München am kommenden Samstag (15.30 Uhr im LIVE-TICKER) herrscht beim Hamburger SV das totale Chaos.

Der norddeutsche Traditionsverein ist nach der verweigerten Vertragsverlängerung für Klubchef Bernd Hoffmann und dem angekündigten Abschied von Trainer Armin zum Ende der Saison gespalten. Ein Ende der Krise ist nicht abzusehen.

Vor allem Aufsichtsrats-Mitglied Marek Erhardt bekam die Eskalation zu spüren. Per Telefon wurde das Leben des 41-Jährigen, der gegen eine weitere Zusammenarbeit mit Hoffmann votiert hatte, bedroht. "Die Anrufer sprachen mit verstellten Stimmen, richteten ihre Drohungen gegen meine Familie und mich. Mir wurde klargemacht, dass sie es ernst meinen", sagte der Schauspieler dem "Hamburger Abendblatt" und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt.

Seeler: "So etwas muss aufhören"

Bei der Abstimmung über Hoffmanns Zukunft galt der Enkel des verstorbenen deutschen Komikers Heinz Erhardt als Zünglein an der Waage. Hoffmann hätte für die Verlängerung seines bis zum 31. Dezember 2012 datierten Vertrages eine Zwei-Drittel-Mehrheit aus den Reihen des Aufsichtsrats benötigt. Erhardt stimmte als einer von fünf Aufsichtsräten dagegen. Hoffmann war gescheitert.

"Ich empfinde es schon als diskriminierend, dass das Ergebnis der Wahl überhaupt öffentlich geworden ist. So etwas muss aufhören", echauffierte sich HSV-Ikone Uwe Seeler im Gespräch mit dem "sid".

Auch Aufsichtsrats-Chef Ernst-Otto Rieckhoff zeigte sich erbost. "Es ist für mich absolut inakzeptabel, einzelnen Aufsichtsräten öffentlich unlautere Motive oder sogar persönliche Einzelinteressen zu unterstellen", meinte der 59-Jährige: "Das ist nicht Stil des HSV. Das hat in unserem Verein nichts zu suchen. Die Grenzen des Zumutbaren sind deutlich überschritten worden."

Hintertürchen für Hoffmann?

Auch im Internet machen Hoffmanns Anhänger gegen die Kontrolleure mobil und sammeln Stimmen, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung erzwingen. Dort könnte der Aufsichtsrat neu gewählt und Hoffmann, der sich derzeit in einem seit langer Zeit gebuchten Skiurlaub befindet, somit vielleicht doch noch im Amt gehalten werden.

In dem online kursierenden Antrag wird den Kontrolleuren eine "fatale Außendarstellung" vorgeworfen. Weiter heißt es: "Die Handlungsfähigkeit der geschäftsführenden Organe wird durch die nicht vorhandene und damit vereinsschädigende Einheit im Aufsichtsrat nicht mehr gewährleistet." Durch die nicht vorhandene Mehrheit für eine weitere Amtszeit von Hoffmann und der bisher nicht vorhandenen Alternativen entstehe ein Führungsvakuum.

Bis Mittwochmorgen hatten über 2700 Mitglieder dem Antrag zugestimmt. Für die Einberufung der angestrebten Versammlung werden 7000 Stimmen benötigt. Sollte die Zahl der Befürworter weiter wachsen, gäbe es tatsächlich wieder Hoffnung für Hoffmann und vielleicht die Chance auf einen Verbleib durch die Hintertür.

Hunke warnt vor Eskalation

Doch die Kritik am Aufsichtsrat verläuft nicht aller Ortens konstruktiv. Neben Erhardt wurden auch andere Mitglieder des Kontrollgremiums, die für einen Abschied Hoffmanns votiert hatten, in E-Mails bedroht und beschimpft. "Es wird immer unterschiedliche Auffassungen geben in einem Verein. Aber dass wir jetzt in eine Ebene mit massiven Bedrohungen gegen Aufsichtsräte kommen, hatten wir so extrem noch nie. Da müssen wir aufpassen", sagte der ebenfalls betroffene Kontrolleur Jürgen Hunke dem "Hamburger Abendblatt".

Veh hatte angesichts der chaotischen Zustände bereits am Dienstag die Notbremse gezogen, seinen Abschied angekündigt und ebenfalls mit dem Aufsichtsrat abgerechnet. "So kann man einen Verein nicht regieren", schimpfte der 50 Jährige: "Der HSV ist momentan im Prinzip führungslos." Der Trainer muss die Mannschaft nun auf die Partie gegen die Bayern vorbereiten. Früher fiel der Nord-Süd-Gipfel einmal in die Kategorie "Spiel des Jahres". In Hamburg ist es derzeit nur eine Randnotiz.

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