Löcher im Fünfjahresplan

Von Stefan Rommel
Freigestellt: Das Trainer-Duo Zvonimir Soldo und Michael Henke - im Amt: Manager Michael Meier (l.)
© Getty

Der 1. FC Köln hat Trainer Zvonimir Soldo entlassen. Wieder einmal musste das schwächste Glied der Kette als Bauernopfer herhalten. Die grundlegenden Probleme bleiben aber auch ohne Soldo. Präsident Wolfgang Overath und Manager Michael Meier sehen ihre langfristigen Ziele in Gefahr. Dabei sind sie auch Gründe für den offenbar schleichenden Niedergang.

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KommentarDer 1. FC Köln verfolgt einen schicken Plan. Das Fernziel ist dabei eigentlich die Rückkehr in den Kreis derer Klubs, die sich Saison für Saison ernsthaft mit der Teilnahme am europäischen Wettbewerb auseinandersetzen können. In fünf Jahren sollte es soweit sein.

Auf halber Strecke sieht die Bilanz ziemlich finster aus. Die Ereignisse der letzten Monaten kumulierten jetzt in einer unfeinen Posse um Zvonimir Soldo, die im Kleinen das Chaos und die Widersprüchlichkeit eines Vereins zeichnete, der sich auf dem vermeintlichen Weg nach oben wähnt, im Endeffekt aber immer noch in einem Hamsterrad steckt.

Demütigung für Soldo

Als wollte der FC in ein paar Stunden all das plastisch machen, was seit längerer Zeit schon unstimmig läuft, geriet am Sonntag so ziemlich jede Handlung zu einer Farce, die mit der anständigen Außendarstellung eines Profi-Klubs zu tun haben sollte.

Am Samstagabend spielte Manager Michael Meier das beleidigte Kind, enthielt sich streng jeden Kommentars. Dafür schubste der Klub dann den Trainer in eine Live-Schalte beim "Doppelpass". Der tiefere Sinn, Soldo so gegen die Wand fahren zu lassen und bloßzustellen, bleibt ein Geheimnis und kommt einer Demütigung gleich.

Nur gut drei Stunden später war aus dem einzigen Sprachrohr des Vereins ein ehemaliger Angestellter geworden. Oder doch nicht? Präsident Wolfgang Overath und Manager Meier wollten Soldo eigentlich noch zur Anhörung bitten, ihm eine letzte Gelegenheit geben, sich zu äußern.

Worthülsen von Overath

Jetzt waren aber längst Medienmeldungen im Umlauf, wonach Soldos Beurlaubung feststünde. Die Quellen im Klub hatten mal wieder geplappert, dann aber offenbar nochmal einen Rückzieher gemacht. Nicht mal auf die Maulwürfe ist noch Verlass.

Gerüchte trudelten ein, ein Statement des Vereins - weder Dementi noch Bestätigung - ließ auf sich warten. Vorstandschaft und Geschäftsführung zogen es vor, die Sache ohne Soldo zu regeln. Auf "FC.TV" gab Overath dann ein Statement.

Er sprach dabei in den heiklen Fragen nach dem Warum und Wieso hartnäckig in der dritten Person, ganz so, als hätten andere Soldo vor die Tür gesetzt und nicht unter anderem auch er. Der Druck von Außen sei zu groß geworden, es erschien besser, jetzt einzuschreiten... Vor drei Wochen wollten Overath und Meier "die öffentliche Meinung nicht einfach nur unreflektiert hinnehmen", wie der Manager beschied.

Entlassung am Telefon

Meier übermittelte die unschöne Nachricht dann per Telefon. Für ein persönliches Gespräch mit Soldo, von Angesicht zu Angesicht, sah sich zunächst niemand veranlasst. Der Verein reagierte stattdessen mit einer Presserklärung auf der Homepage - schnörkellos präsentiert wie fast immer in solchen Fällen.

Aber auch ohne ein Wort der Danksagung an Soldo und dessen Arbeit. Das gehört dann eigentlich doch zum guten Ton.

Dass den "handelnden Personen" erst am Donnerstag noch das "vollste Vertrauen" ausgesprochen wurde, muss fast schon nicht mehr erwähnt werden.

Auch Fehler von Soldo

Zvonimir Soldo hat sicherlich auch Fehler gemacht. Mediale Brandbomben wie das provokante Interview von Lukas Podolski, die Selbstinszenierung von Faryd Mondragon oder dass sich Youssef Mohamad ab jetzt immer Übervater Overath vor dem Spiel in der Kabine wünschte, zeugen von einer offenbar gestörten Kommunikation zwischen Trainer und wichtigen Teilen der Mannschaft.

Aber Soldo hat letzte Saison auch relativ glatt den Klassenerhalt geschafft, er muss auf Grund der sehr angespannten Finanzlage mit den Spielern arbeiten, die ihm vorgesetzt werden. Und darunter sind in Köln schon seit Jahren mehr (sündteure) Rohrkrepierer als wertvolle Glücksgriffe.

Mehr aus der Not heraus als aus strukturiertem Kalkül mischen sich immer mehr unerfahrene Spieler unter die Mannschaft, der Klub verkauft das als geplanten Jugendkurs; dabei ist das nur die halbe Wahrheit. Es ist schlicht kein Geld da, um sich etwa auf den seit Jahren anfälligen Außenverteidigerpositionen endlich zu verstärken, der Scoutingabteilung gehen die Schnäppchen fast immer durch die Lappen.

Schaefer oder "große" Lösung?

Einen Nachfolger hat der Klub nicht in der Hinterhand, also übernimmt jetzt vorerst U-23-Trainer Frank Schaefer. Auf Dauer und zum Selbstverständnis des Klubs wird der bei allem Respekt aber eher nicht passen - obwohl mittlerweile nicht wenige Anhänger gut damit leben könnten.

Thomas Doll war schon vor Soldos Freistellung im Gespräch, Lothar Matthäus bringt sich natürlich selbst ins Spiel, Christian Gross wäre zu haben, Bruno Labbadia auch. Und Christoph Daum ist in Köln immer eine Option. Allerdings nur als Alleinherrscher, was einen radikalen Strukturwandel nach sich ziehen müsste.

Es geht nur noch um die Mindestanforderung

Trotz schlimmer Vorzeichen ist aber Köln aber natürlich noch lange nicht abgestiegen, in der Mannschaft schlummert trotz größtenteils verfehlter Transferpolitik zumindest so viel Potenzial, den Klassenerhalt zu schaffen.

Denn das ist die einzige gültige Definition derzeit: Der FC hechelt nur noch einer Mindestanforderung hinterher, die für die Sportstadt Köln eine Selbstverständlichkeit sein muss, nämlich einer nachhaltigen Erstligazugehörigkeit.

Die ist akut in Gefahr. Ein erneuter Gang in die Zweitklassigkeit würde angesichts der leeren Kassen und von rund 20 Millionen Verbindlichkeiten nicht so leicht zu verkraften sein wie die Abstiege bisher.

"Unser Minimalziel ist es, am Ende der Saison vor Borussia Mönchengladbach zu stehen. Das nächste Ziel ist, Bayer 04 Leverkusen anzugreifen", hatte Meier vor der Saison noch eine Blendgranate gezündet. "Mit dem Abstieg wollen wir nichts mehr zu tun haben."

Derzeit ist der 1. FC Köln Tabellenletzter. Aber immerhin ist das gängige Bauernopfer schon gefunden. Und weiter geht's im Fünfjahresplan.

Köln entlässt Trainer Soldo