Mit Schirm, Charme und Elektroschocker

Von Stefan Moser
Fürchtet weder Tod noch Schiedsrichter, hat aber Angst vor Regenschirmen: Steve McClaren
© Getty

Scheiß Bundesliga. Da gehst Du endlich wieder los und was bescherst Du uns? Statt Taktik für den Connaisseur nur Tore und Klamauk! Gegen derart geschmackloses Spektakel setzen wir ein Zeichen - und verbannen bis auf Weiteres die Herren Mohamad, Sippel und Fritz aus unserer Mitte.

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Stattdessen im Programm: Panikattacken von McClaren, der geständige Hoeneß, Vor- und Nachteile der deutschen Sprache und ein ordentliches Sex-Gedicht - wie immer montags in der Alternativen Liste.

1. Johannes B. macht Schule: Eigentlich wollte der Mann doch nur spielen. Total superlocker und ein wenig schmierig kumpelhaft fragte der Reporter nach der Niederlage bei den Bayern nämlich: "Na, Dieter Hoeneß, sind die Tränen schon getrocknet?" Konnte ja auch keiner ahnen, dass Herr Hoeneß, derart angekernert, gleich die Waffen streckte und sofort alles zugab: "Das sind gar keine Tränen, ich fiebere beim Spiel nur immer so mit", erleichterte der Wolfsburg-Manager sein Gewissen. Und zeigte freiwillig ein Dutzend kleiner Schweißflecken auf seiner Garderobe.

2. Apropos WOB: War das wieder ein Bayern-Dusel? Klar war das ein Bayern-Dusel! Erst völlig unverdient last-minute gegen Wolfsburg buchen - und dann im Pokal auch noch den Tabellenletzten aus dem Topf gezogen kriegen. Noch mehr Bayern-Dusel geht gar nicht!

3. Sprachkritik: Über die deutsche Sprache kann man wirklich trefflich lästern: Sie klingt wie Hundebellen, kratzt im Hals und ist schrecklich kompliziert zu lernen. Obendrein ist sie noch unsinnlich und bürokratisch, auf Blume reimt sich nichts als Krume und man kann mit ihr auch keine ordentlichen Sex-Gedichte schreiben.

Eines aber muss man unserer Sprache lassen: Man kann im Deutschen mit nur drei Buchstaben so viel Schlechtes sagen wie in keiner anderen Zunge dieser Welt. Um nämlich die larmoyante Schiri-Schelte Felix Magaths endlich zu beenden, wollte der devote ZDF-Mann versöhnlich bilanzieren: "Immerhin ist Wolfgang Stark der beste deutsche Schiedsrichter, er war ja auch für uns bei der WM." Da legte Magath seinen Kopf ein wenig schräg, zuckte ganz leicht mit der Schulter und sagte trocken wie die Wüste Gobi: "Tja." In drei Buchstaben: Eine ganze Zunft gerichtet.

4. Gegendarstellung: Ein ordentliches Sex-Gedicht gibt's doch in deutscher Sprache. Es ist ganz kurz, von Wiglaf Droste und geht so:

Wenn das Muttermündchen spricht
Sagt es: Hallo, Sackgesicht.

5. Mit Schirm, Charme und Elektroschocker: Weil er einst im strömenden Regen von Wembley nur leicht lobotomiert dreinguckte, während die von ihm verantwortete englische Nationalmannschaft gerade die EM-Quali vergeigte, taufte der dortige Boulevard Steve McClaren "The Wally with the Brolly", der Dödel mit dem Regenschirm. Seither eilte ihm auch hier der Ruf voraus, er sei rein emotional ein wenig unterprivilegiert. But what the fuck war das dann da am Freitag?! Da tobte und berserkerte der gute Mann doch an der Seitenlinie, als gäb' es keine Coaching-Zone. Vor allem seine durchaus englische Zweikampfhärte gegen den vierten Offiziellen war dabei eine helle Freude. Well done, Mr. McClaren, well done! Allerdings nichts wirklich Neues, wie er selbst dann hinterher charmant erklärte: "In meiner Zeit in Holland hatten sie mir schon gedroht, einen Elektro-Zaun um die Coaching-Zone zu bauen." Willkommen in der Bundesliga! Willkommen im Land der Maschendrähte!

6. Apropos: Ein Glück aber auch für den vierten Schiedsrichter, dass McClaren keinen Regenschirm zur Hand hatte. Allerdings kein zufälliges Glück. Tatsächlich hat der arme Steve seit jenem unglückseligen Schauer etwas Panik vor Umbrellas. Privat geht er angeblich nur noch im Friesennerz durch Wind und Wetter und beruflich wird er lieber nass, als sich mit einem Schirm zum Interview zu stellen. Darunter litt nun mittlerweile schon ein SKY-Reporter, als er nach dem Pokalspiel in Münster plötzlich ungeschützt im Regen stand: "No pictures with a brolly!"

7. Auch Töppi macht Schule: Hätte die olle Müller-Hohendings nicht permanent dazwischen gequasselt und so künstlich dauererigiert vom "etwas anderen", "bunten" und, ach, so "kultigen" St. Pauli dahergetöpperwienert - der Auftritt von Trainer Holger Stanislawski im Aktuellen Sportstudio wäre glatt als gelungen in die Geschichte des Öffentlich-Rechtlichen eingegangen.

Auch die Einschätzung des flächendeckenden Getätschels und Geknuffes, mit dem er Torschütze Sukuta-Pasu nach dem Spiel vor lauter Dankbarkeit behelligte, war übrigens sehr realistisch. Nach Ansicht der Zeitlupe räumte auch Stanislawski ein: "Da muss ich in Zukunft besser aufpassen, dass war schon nahe an der Tätlichkeit."

8. Apropos St. Pauli: Total en vogue sind derzeit einstudierte Choreografien beim Torjubel. Zu Recht, denn sie sind lustig, bezeugen eine supidupi Teamchemie, und man kann damit Matthias Sammer ärgern. Die Ausführung indessen hat noch Luft nach oben. Während die Paulianer durchaus drollig auf dem Trockenen paddelten, wuchtete Schweinsteiger nur eine Eckfahne um und scheitere Hoffenheim schon an einer einfachen Polonaise. Also: Guckst Du hier, Bundesliga. So geht's nämlich richtig.

9. Mad Dog: Aber apropos Torjubel: Haben Sie gesehen? Wie Hannovers Konstantin Rausch gegen Frankfurt den wichtigsten Treffer seiner Karriere erzielte? Und wie dann die anfängliche Befreiung plötzlich einer merkwürdigen Panik wich? Nach einem kurzen Schulterblick auf die heranstürmenden Kollegen, weiteten sich die Pupillen und traten Schweißperlen auf seine Stirn. Und Rausch zog plötzlich einen 60-Meter-Sprint zur Mittellinie an. Sein ganzer Körper schrie dabei den einen Satz: Bloß schnell weg von Pogatetz!

10. Und apropos Teamchemie: Logisch lief das Schlachtfest gegen Werder super; und logisch zeigte Hoffenheim damit geschlossen Carlos Eduardo kurz den Mittelfinger. Aber trotzdem: Von wegen supi Teamchemie! Schon während der Woche erreichte uns aus Sinsheim nämlich folgende erschütternde Nachricht: Aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit der Vereinsführung sah sich ein wichtiges Mitglied der Mannschaft gezwungen, seinen Rücktritt einzureichen. "Es sind Dinge vorgefallen, die mir den Spaß verdorben haben. Ich will mir treu bleiben, deshalb hatte ich keine andere Wahl", erklärte Jochen Fischer. Jochen Fischer war Hoffi, das Maskottchen, schon seit Oberliga-Zeiten. Nun ist er weg."Es war die schönste Nebentätigkeit der Welt", sagte Fischer mit einer Träne im Knopfloch. Doch: "Ich habe darum gebeten, nach den Spielen im Business-Bereich essen zu dürfen. Ich habe sogar angeboten, dafür auf ein Drittel meiner Entschädigung zu verzichten. Es wurde abgelehnt."

20 Millionen für Carlos Eduardo nehmen, aber das Maskottchen hungern lassen? Pfui, Hoffenheim!

11. Maximilian wer? Und apropos Mittelfinger: Gleich zwei Stück davon streckte Bayern-Trainer Louis van Gaal recht rotzig Martin Demichelis ins Gesicht, als er der BamS den folgenden lustigen Zweizeiler diktierte: "Wenn er gehen will, wäre das für mich kein Problem. Wir haben ja noch Maximilian Haas."

Die nächste Ausgabe der Alternativen Liste erscheint am kommenden Montag!

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