Favre trotz Rückendeckung unter Beschuss

SID
Lucien Favre konnte bei der 0:4-Niederlage gegen den SC Freiburg kaum hinsehen
© Getty

Der Trainer ist angezählt, die Mannschaft ein Torso, die Aussicht finster: Nach der sportlichen Bankrotterklärung hat für die alte Dame Hertha der Überlebenskampf begonnen, doch der blutleere Auftritt der Berliner beim 0:4 (0:3)-Heimdebakel gegen Aufsteiger SC Freiburg macht wenig Hoffnung.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Coach Lucien Favre gerät trotz Rückendeckung der Klubbosse unter Beschuss, denn der eklatante Formabfall vieler Spieler sowie die verfehlte Transferpolitik werden dem noch vor wenigen Monaten gefeierten Schweizer angekreidet.

"Das ist eine enorme Enttäuschung. Wir sind alle schuld, die Mannschaft, aber auch ich", sagte Favre, der bei der Suche nach dem Weg aus der tiefen Krise ratlos wirkte und zumindest in der Öffentlichkeit nur Durchhalteparolen verbreitete: "Wir müssen mehr laufen und mehr kämpfen, um aus dieser Situation wieder herauszukommen."

Trotz des schlechtesten Saisonstarts seit zwölf Jahren sowie des Absturzes auf den letzten Tabellenplatz steht der Coach vorerst nicht zur Disposition.

"Sportliche Leitung hat unsere Rückendeckung"

"Er war die vergangenen zwei Jahre, in denen er hervorragende Arbeit geleistet hat, der richtige Trainer für Hertha, und er ist es auch heute noch", sagte Manager Michael Preetz. Präsident Werner Gegenbauer sprach Trainer und Manager das Vertrauen aus: "Die sportliche Leitung hat unsere Rückendeckung. Wir werden sie in Ruhe weiterarbeiten lassen."

Hinter den Treuebekenntnissen steckt auch ein nicht-sportlicher Grund: Beim internen Machtkampf zwischen Favre und Ex-Manager Dieter Hoeneß haben sich die Klubbosse auf die Seite des Trainers geschlagen und ihm mit einer enormen Machtfülle ausgestattet.

Kein Spieler wurde verpflichtet, der nicht ausdrücklich von Favre gewollt war.

Doch Transferflops wie Null-Tore-Stürmer Artur Wichniarek und der von Favre forcierte Abgang von Publikumsliebling Marko Pantelic bringen den ehemaligen Meistercoach des FC Zürich nun in Bedrängnis. Manager Preetz nahm vor dem Pokalduell beim Zweitligisten 1860 München am Mittwoch aber lieber die Spieler in die Pflicht.

Profis zeigen sich einsichtig

"Jetzt sind die alten Tugenden gefragt. So eine erste Halbzeit wie gegen Freiburg können wir nicht hinnehmen." Die Profis zeigten sich zumindest einsichtig.

"Ich kann mich nur für meine Leistung und die der Mannschaft entschuldigen. Das war das frustrierendste Spiel meines Lebens", sagte Kapitän Arne Friedrich.

Der Nationalverteidiger wurde wie seine Kollegen von den flinken Freiburgern schwindelig gespielt und in der ersten Halbzeit vor 38.176 Zuschauern, die größtenteils auf Wutgesänge verzichteten, sogar vorgeführt.

Der überragende Ivica Banovic mit einem Doppelpack (6. und 68.), Cedric Makiadi (12.) und Mohamadou Idrissou (42.) erzielten die Treffer für den SC, der zum ersten Mal im Berliner Olympiastadion gewann und auf Platz elf kletterte.

"Für mich persönlich war es der perfekte Tag und wahrscheinlich mein bestes Spiel", sagte Banovic, der trotz des höchsten Auswärtssieges seit über 15 Jahren (4:0 beim VfB Stuttgart in der Saison 1993/94) vor zu viel Euphorie warnte: "Wir müssen uns weiterentwickeln und versuchen, das Niveau zu halten."

Hertha - Freiburg: In Berlin brennt der Baum