Soldo: Ruhig wie ein Zen-Meister

Von Andreas Lehner
Zwonimir Soldo spielte zehn Jahre beim VfB Stuttgart
© Getty

Zvonimir Soldo ist das Gegenteil seines Vorgängers Christoph Daum - zumindest in der Außendarstellung. Das brachte ihm viele Kritiker, aber die Rückendeckung des Vereins. Aber für wie lange? SPOX sprach mit Soldos Assistenten Michael Henke.

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Am Ende erwischte es nur Marcel Koller. Der Schweizer wurde als Dritter Trainer der Saison entlassen. Doch auch Zvonimir Soldo musste vor diesem Wochenende ernsthaft um seinen Job bangen.

Zumindest, wenn man der Kölner Boulevardpresse glauben durfte, die sehr aggressiv von einem "Schicksalsspiel" sprach. Die Rückkehr des Kroaten an seine alte Wirkungsstätte, wo er zwischen 1996 und 2006 als Spieler unter Vertrag stand, verlief erfolgreich. Sein Team gewann beim VfB Stuttgart mit 2:0 und erging sich hinterher in Liebesbekundungen.

"Er hatte zuletzt viel mehr auf die Klappe gekriegt, als wir. Umso schöner, dass wir da jetzt ein Zeichen setzen konnten", sagte beispielsweise Abwehrspieler Christopher Schorch.

Soldo tritt schweres Erbe an

Der auf Soldo lastende Druck war enorm, seit seinem ersten Arbeitstag wird der 41-Jährige vom Kölner Umfeld kritisch beäugt. Nachdem Christoph Daum den Verein fluchtartig verlassen hatte und dem Lockruf von Fenerbahce Istanbul gefolgt war, trat Soldo das schwere Erbe des in Köln als Messias gefeierten Trainers an - als absolutes Kontrastprogramm.

Daum war der unumstrittene Star in Köln, er schien teilweise sogar größer zu sein als der ganze Verein. Mit seinem Hang zur Selbstinszenierung und seiner charakteristischen Fähigkeit als Lautsprecher überstrahlte er alles, und nahm damit auch etwas Druck von der Mannschaft.

Skibbe dagegen ein "emotionaler Extremist"

Soldo ist anders. Er passt nicht zu Daum und nicht ins Stereotyp des heißblütigen, aufbrausenden Kroaten. Er ist ein sehr ruhiger, sachlicher und korrekter Mensch. Wie ein Zen-Meister ließ er die Kritik und die Parolen der Boulevard-Presse über sich ergehen.

"Er ist keiner, der großen Wert auf seine Außendarstellung legt, sondern wie intern gearbeitet wird", sagt sein Co-Trainer Michael Henke im Gespräch mit SPOX.

Seine Kritiker werfen ihm vor, er könne mit seiner Art das Feuer in der Mannschaft nicht entfachen, sie nicht mitreißen und das Kölner Umfeld nicht zufriedenstellen. Der "Kölner Stadtanzeiger" schrieb sogar: "Im Vergleich zu Soldo ist Michael Skibbe ein emotionaler Extremist".

Immer mit der Ruhe

Für Manager Michael Meier war seine unaufgeregte Art der Grund, warum das Team in Stuttgart den ersten Dreier der Saison einfahren und sich der Trainer trotz des Drucks auf das Wesentliche fokussieren konnte.

Soldos Ruhe scheint aber auch schon auf die sonst als ungeduldig bekannte Kölner Führungsriege gewirkt zu haben. "Das war ein Paradebeispiel, wie ein Klub in einer solchen Situation reagieren muss. Natürlich sind intern Gespräche geführt worden, aber es ist alles ruhig geblieben", sagt Henke.

Strenge Disziplin bei den Kölnern

Zurückhaltend ist Soldo aber nur in der Öffentlichkeit, intern gibt er sich nicht als Leisetreter. "Er wird auch lauter und er war natürlich sehr angefressen, dass wir nicht die Ergebnisse eingefahren haben. Das lässt er die Mannschaft auch spüren", so Henke.

Disziplin und Ordnung sind Soldo sehr wichtig. Vor der Saison hat er klare Richtlinien erlassen, es herrscht kollektive Kleiderordnung und unbedingter Zwang zur Pünktlichkeit. Manasseh Ishiaku musste in der Vorbereitung mit den Physiotherapeuten nach Hause fahren, weil er fünf Minuten nach der vorgegebenen Zeit am Bus erschienen war.

Solche Kleinigkeiten sind Soldo sehr wichtig. "Wir sind schließlich keine Einzelsportler", sagt er.

Henke: Soldo beeindruckt mit natürlicher Autorität

Schon in seiner Zeit als Spieler war er der Typ Anführer, der verlängerte Arm des Trainers. "Er bringt diese Ausstrahlung, die ihn schon als Spieler ausgezeichnet hat, in den Job mit ein", sagt Henke. Auch damals beeindruckte er nicht als Lautsprecher, sondern mit seiner natürlichen Autorität.

So begegnet er auch Management und Vorstand, vertritt seine, beziehungsweise die Standpunkte des Trainerteams, deutlich und lässt sich nicht in seine Arbeit hineinreden. Das gilt auch für die Personalpolitik. Hektische, überteuerte Transfers zum Ende der Wechselfrist lehnte er ab, weil sie die Mannschaft nicht weiter gebracht hätten.

Mit kurzem Passspiel zum Erfolg

Und die Weiterentwicklung des Teams ist die Aufgabe, die Soldo beim FC hat. Genau damit waren die Verantwortlichen hinter vorgehaltener Hand unter Daum nicht zufrieden.

"Wir haben einige Umbaumaßnahmen in der Mannschaft vorgenommen und sind taktisch anders ausgerichtet", sagt Henke. Heißt: der FC ist von der Beton-Taktik Daums abgerückt und spielt nun offensiver. Soldo will mit Kurzpassspiel zum Erfolg kommen und favorisiert ein System mit zwei Stürmern.

Schwere Gegner zu Saisonbeginn

Dass dies zu Saisonbeginn nicht klappte und nach fünf Spieltagen nur ein Punkt und Tabellenplatz 18 zu Buche standen, lag zum einen daran, dass Schlüsselspieler wie Milivoje Novakovic, Lukas Podolski und Pedro Geromel wegen Verletzungen nicht richtig fit waren und Maniche erst spät zur Mannschaft kam und zum anderen am fürchterlichen Auftaktprogramm.

"Das ist eine Auftaktprogramm, das seinesgleichen sucht", sagt Henke. Die nächsten Gegner in der Bundesliga heißen Leverkusen und Bayern. Im Pokal ist am Mittwoch mit dem VfL Wolfsburg (ab 20.15 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) auch nicht gerade Laufkundschaft zu Gast.

Noch leidet der FC also unter dem Spielplan und muss zusehen, dass er in zwei Wochen nicht wieder in einer Situation wie vor dem Spiel gegen Stuttgart steht. Sonst könnte der Verein irgendwann die Ruhe verlieren und dann könnte es Soldo doch noch erwischen.

Zum Steckbrief: 1. FC Köln