"Ich hatte den Spaß verloren"

Von Interview: Haruka Gruber
Andreas Ivanschitz gelang in vier Bundesliga-Spielen bereits drei Scorer-Punkte
© Getty

Eine Karriere der Extreme: Anfangs als Alpen-Beckham gefeiert, wurde Andreas Ivanschitz in Österreich "verdammt und gedemütigt". Der 25-Jährige über den Neuanfang in Mainz, Al Pacino und einen knallharten Thomas Tuchel.

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SPOX: Wer Sie als Teenager in Wien spielen sah, hätte Andreas Ivanschitz im Jahre 2009 im Trikot des FC Bayern und nicht in dem des FSV Mainz erwartet, wenn beide Teams aufeinander treffen. Was sagt es über Ihre Karriere aus?

Andreas Ivanschitz: Ich finde es ziemlich abwertend, einen Wechsel zum FSV als Rückschritt zu interpretieren. Der Verein ist auf einem sehr, sehr guten Weg, sich in der Bundesliga zu etablieren - und ich möchte ein Teil dessen sein. Für einen Fußballprofi ist es eine große Herausforderung und nicht selbstverständlich, sich in der Bundesliga zu behaupten. Daher sehe ich Mainz als einen logischen nächsten Schritt in meiner Karriere.

SPOX: Ihr früherer Trainer Josef Hickersberger beschrieb Sie einst als "personifiziertes Spiegelbild des österreichischen Fußballs. Zu früh hochgelobt, später verdammt und gedemütigt". Werden Sie zu kritisch beäugt?

Ivanschitz: Das weiß ich nicht - und das interessiert mich auch nicht. Ich bin stolz auf den bisherigen Verlauf meiner Laufbahn. Es ging in der Tat alles sehr schnell. Ich war sehr schnell in der ersten Rapid-Mannschaft, habe sehr schnell mein erstes Tor erzielt und wurde sehr schnell Nationalspieler. Ich stand dementsprechend immer im Fokus. Aber darüber bin ich nicht traurig.

SPOX: Nein?

Ivanschitz: Die Leute vergessen häufig, dass ich erst 25 Jahre alt bin. Dafür habe ich so viele schöne Dinge erlebt. Ich spiele bereits in der vierten Saison im Ausland, das können nicht viele von sich behaupten. Ich gehe meinen Weg. Natürlich gab es auch Rückschläge, aber vor allem in den nicht so schönen Phasen lernt man das meiste dazu. Daher sehe ich es als normal an, wenn ich nicht immer auf der Sonnenseite stehe.

SPOX: So wie bei Ihrem letzten Verein Panathinaikos Athen, wo Sie zuletzt auf der Bank saßen.

Ivanschitz: Vom letzten halben Jahr abgesehen, war die Zeit in Athen sportlich erfolgreich. Aber es war an der Zeit, die nächste Stufe zu erklimmen - und vor allem wieder Spaß zu haben.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Ivanschitz: In Athen hatte ich den Spaß am Fußball verloren, den ich in Mainz aber wieder gefunden habe. Es war mir extrem wichtig, zu einem Verein zu wechseln, der für Furore sorgen kann und mir das Gefühl gibt, gebraucht und anerkannt zu werden.

SPOX: Lässt es sich demnach verschmerzen, erstmals in der Laufbahn bei einem Abstiegskandidaten zu spielen?

Ivanschitz: Es ist eine neue Situation, aber solange die Mannschaft, bei der ich spiele, Wert auf guten Fußball legt, ist es für mich kein großer Unterschied. Und es steht ja nicht fest, dass Mainz gegen den Abstieg spielt. Ich traue es der Mannschaft zu, sich aus dem Gröbsten herauszuhalten.

SPOX: In Mönchengladbach setzte es jedoch eine Niederlage. Vor dem Bayern-Sieg wurde die Mainzer Mannschaft in der Kabine noch mit einer Filmszene von Al Pacino aufgeputscht. War im Borussia-Park der DVD-Player kaputt?

Andreas Ivanschitz (lacht): Es wurde bewusst kein Film gezeigt, so eine Aktion sollte man ja nicht beliebig wiederholen. Ausschlaggebend für die Niederlage war vielmehr, dass wir den Ball im Spielaufbau zu leicht hergegeben haben und so keinen Druck nach vorne aufbauen konnten.

SPOX: Es lag demnach nicht an der Einstellung, weil sich das Team nach dem Erfolg über die Bayern etwas zurückgelehnt hat?

Ivanschitz: Hundertprozentig nein. Wir haben uns zuvor sehr fokussiert auf das Gladbach-Spiel vorbereitet, nur manchmal erwischt man einen Tag, an dem vieles schief läuft.

SPOX: Sie sprechen die Verletzungen der beiden Torhüter Heinz Müller und Christian Wetklo an?

Ivanschitz: Seit ich in Mainz bin, geht alles doch sehr schnell, egal ob positiv oder negativ. Als ich zur Mannschaft dazu gestoßen bin, waren viele Spieler verletzt, außerdem gab es den Trainerwechsel. Dann erwischen wir den guten Saisonstart - und plötzlich geht es wieder los mit den Ausfällen. Die Situation ist nicht einfach. Mir macht aber Hoffnung, wie gut sich die Mannschaft von solchen Rückschlägen erholt und enger zusammenrückt.

SPOX: Auch ein Verdienst vom neuen Trainer Thomas Tuchel, der mit Jürgen Klopp und Ralf Rangnick verglichen wird. Was für ein Typ ist er?

Ivanschitz: Er ist so, wie er sich gibt. Sehr authentisch, nichts ist geschauspielert. Seine emotionale, leidenschaftliche Art tut uns gut.

SPOX: Wie steht es mit seiner Autorität? Er ist selbst erst 36 Jahre alt und lässt sich von den Spielern duzen.

Ivanschitz: Ich sehe da überhaupt keine Probleme. Im Gegenteil. Er kommt sympathisch rüber, aber wenn es im Training etwas locker zugeht, haut er knallhart dazwischen. Die Balance stimmt einfach.

SPOX: Hilft Tuchel Ihnen dabei, wieder in die Nationalmannschaft berufen zu werden?

Ivanschitz: Es geht nicht um den Trainer oder sonst wen. Es hängt einzig und allein davon ab, ob ich meine Leistungen bringe. Daher ist es in der Bundesliga-Pause wichtig, dass ich meine Knieprobleme in den Griff bekomme und den Rhythmus nicht verliere. Ich spüre, dass ich noch besser spielen kann, wenn ich vollkommen fit bin.

SPOX: In Mainz sind Sie nicht nur als guter Fußballer, sondern auch als Führungsspieler gefragt. Eine Eigenschaft, die Ihnen Hickersberger oder Ihr Vorbild Andreas Herzog abspricht.

Ivanschitz: Ich weiß, dass ich Verantwortung übernehmen soll - und ich mache das auch gerne. Wenn etwas nicht passt, spreche ich das klar und deutlich an. Außerhalb des Fußball-Platzes werde ich aber immer ein ruhiger Typ sein. Wenn andere Leute von mir mehr erwarten, ist es schön und gut, aber ich bin, wie ich bin. Damit bin ich bisher gut gefahren und daran wird sich auch nichts ändern.

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