Energiebündel im Wirbelsturm Bayern

Von Thomas Gaber
Thomas Müller schoss in seinem ersten Champions-League-Spiel gegen Lissabon gleich ein Tor
© Getty

Die Kritik an der Mannschaft des FC Bayern München nach der Niederlage in Mainz fiel heftig aus. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete die Lage als "besorgniserregend". Doch es gibt auch Gewinner im Team von Trainer Louis van Gaal. Zu diesem erlesenen Kreis gehört Thomas Müller. Bei SPOX spricht der 19-Jährige über seine rasante Entwicklung, die Arbeit mit van Gaal und den immensen Druck bei Bayern.

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Es war ein PR-Termin zur Unzeit. Keine 48 Stunden nach der Blamage von Mainz waren Spieler und Trainer des FC Bayern gezwungen, beim jährlichen Foto-Shooting des Bier-Sponsors gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Eine Stunde wurde eingeplant für die Aktion, nach nicht mal 20 Minuten war alles vorbei. Wer dabei war, dem blieb nicht verborgen, dass den Bayern der Termin eher lästig war.

Thomas Müller ließ sich von der angespannten Lage nicht beeinflussen. Geduldig beantwortete er die Fragen von SPOX, ehe er das Gespräch abrupt, aber keineswegs unhöflich beendete. "Entschuldigung, ich muss gehen. Unser Bus fährt."

"Darf mich nicht ausruhen"

Müller gehört zum überschaubaren Kreis jener Bayern-Spieler, die sich als Gewinner der Vorbereitung und der ersten drei Bundesligaspiele bezeichnen dürfen. "Es ist schön, wenn man gelobt wird. Aber letztendlich bringt uns das als Mannschaft nicht weiter. Wir haben in Mainz schlecht gespielt, da kann ich mich über meine eigene Leistung nicht freuen", sagte der 19-Jährige zu SPOX.

Müller ist ein bodenständiger Kerl, der das öffentliche Huldigen einzuschätzen weiß. Die Gefahr besteht bei jungen Spielern immer, dass sie zu einem frühen Zeitpunkt die Balance verlieren, wenn sie schnell in den Himmel gelobt werden. Vor allem dann, wenn sie bei Bayern München spielen.

"Ich wusste, dass ich was kann. Aber dass es so gut für mich läuft, konnte niemand ahnen. Ich darf mich jetzt nicht ausruhen, sondern muss dran bleiben und versuchen, meine Chancen zu nutzen", sagt Müller.

Verlierer im Duell Müller vs. Müller

In Mainz wurde er in der 33. Minute für Hamit Altintop eingewechselt und riss die erfahrenen Spieler in seinem erst siebten Bundesligaspiel mit. Er nötigte Nikolce Noveski zu einem Eigentor, und lieferte sich in der zweiten Halbzeit ein Privatduell mit 05-Torhüter Heinz Müller.

"Leider ist das Duell Müller gegen Müller nicht positiv für mich ausgegangen. Wir haben es einfach nicht geschafft, den Ball über die Linie zu kriegen. Jetzt müssen wir eben gegen Wolfsburg den Karren aus dem Dreck ziehen", sagte Müller.

Eigentlich ist es nicht Müllers Aufgabe, Verantwortung beim FC Bayern zu übernehmen. Er ist ein junger Spieler, der laut Co-Trainer Hermann Gerland "von Gott mit sehr viel Talent" ausgestattet wurde, der seine Entwicklung aber noch lange nicht abgeschlossen hat.

"Er hat das Zeug, es zu packen. Er weiß, wo das Tor steht. Er ist spielerisch gut, ausgeschlafen und fit in den Beinen. Er ist ein echtes Energiebündel. Aber er muss den Willen haben, tagtäglich dazuzulernen", sagt Gerland.

Defizite in der Defensivarbeit

Als Gerland noch Müllers Trainer in der zweiten Mannschaft des FC Bayern war, warf er ihm des Öfteren vor, in manchen Spielsituationen zu eigensinnig zu sein. "Ich will immer das Tor machen. Wenn ich den Ball habe, kennen ich nur einen Weg: den in Richtung Tor", sagt Müller.

Seine Zielstrebigkeit ist beeindruckend, doch dadurch leidet ab und an die Defensivarbeit. Jeder Schritt nach hinten ist schließlich einer weiter weg vom gegnerischen Tor.

Bei Louis van Gaal, dem Ordnung auf dem Platz über allem steht, hat Müller trotzdem gute Karten. "Der Trainer geht mit mir genauso um, wie mit allen anderen Spielern auch. Er ist sehr direkt, sagt seine Meinung und stellt nach Leistung auf. Er hat die Ausstrahlung, die Dinge auch durchzusetzen. Für einen lernwilligen Spieler wie mich ist das sehr gut", sagt Müller.

"Spiele am liebsten rechts"

Der 19-Jährige hat bei den Profis schon fast jede offensive Position gespielt. Mal als Stürmer, mal im rechten Mittelfeld und - wie beim Audi-Cup-Spiel gegen den AC Milan - als Zehner.

"Prinzipiell ist es mir egal, wo der Trainer mich aufstellt. Allerdings fühle ich mich auf rechts oder im Sturm wohler als auf der Zehn. Das ist eine sehr schwierige Position, die ich selten gespielt habe. Ich komme lieber von der Seite. Wenn der Trainer entscheidet, dass ich gegen Wolfsburg auf der Zehn spielen soll, dann werde ich mich aber sicherlich nicht dagegen wehren", sagt Müller.

Müller verspürt vor dem Duell mit dem deutschen Meister mehr Druck als sonst. "Bei Bayern hat man immer Druck. Aber jetzt ist er immens. Wir müssen zeigen, dass wir der FC Bayern sind. Der wahre FC Bayern."

Müller glaubt, dass er mit der für die Bayern unangenehmen Situation besser zu Recht kommt als viele seiner Kollegen: "Ich stehe noch nicht so im Fokus wie die anderen Spieler. Von mir wird nicht so viel erwartet. Deswegen habe ich es vielleicht einfacher."

Er wäre nicht nur aufgrund seiner Unbekümmertheit ein Kandidat für die Startelf gegen Wolfsburg. Stellt van Gaal nach Leistung auf, kommt er derzeit an zwei Spielern nicht vorbei: Ivica Olic und Thomas Müller.

FC Bayern München: Kader, Ergebnisse, Termine