Was Fortuna drunter trägt...

Von Stefan Moser
Branko Jelic macht mit einem bildschönen Fallrückzieher den Cottbuser Siegtreffer gegen den KSC
© Getty

Am 13. Bundesliga-Spieltag gab es keinen einzigen Auswärtssieg. Warum? Wissen wir auch nicht, dafür haben wir herausgefunden, was die Glücksgöttin so drunter trägt. Einen Cottbuser nämlich!

Anzeige
Cookie-Einstellungen
Glauben Sie nicht? Die Beweisführung en detail in der Alternativen Liste des Wochenendes!

1. Nichts gelernt: Ermüdet von des Tages Knechtschaft kam Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann am Samstagabend ins "Aktuelle Sportstudio". Blass und hager saß er dort, selbst die gewohnt investigative Kathrin Müller-Hohenstein konnte ihm keine Neuigkeiten mehr entlocken. Erst an der Torwand regte sich sein Ehrgeiz wieder: Der erste Schuss ging knapp daneben, doch dann versenkte Klinsmann zwei Mal unten rechts. Kandidat Deniz verkrampfte daraufhin und schoss drei Fahrkarten. "Den Farbdrucker von Kyocera hab' ich sicher", rieb sich Klinsmann schon die Hände und ließ es etwas lockerer angehen - oben links: null von drei. Da regte sich das Kämpferherz in Deniz - und mit den letzten beiden Versuchen glich der Herausforderer doch glatt zum 2:2 aus. Der Farbdrucker war futsch, doch Klinsi trug's mit Fassung: Genau das gleiche war ihm immerhin schon knapp sechs Stunden zuvor passiert.

2. Mit Fortuna flirten: "Das Glück suchen! Man muss immer das Glück suchen", lautete die wöchentliche Predigt von Energie-Coach Bojan Prasnikar. Und am Samstag war es dann so weit: Mit viel Herz und noch mehr Gerhard Tremmel hielt Cottbus 75 Minuten lang das 0:0 gegen Karlsruhe, da schaute Prasnikar ganz dreist der Glücksgöttin unter den Rock und fand dort: Branko Jelic. "Den nehm' ich!", sagte sich der Coach und wechselte den Serben ein. Drei Minuten später nutzte Jelic seinen zweiten Ballkontakt zu einem phänomenalen Fallrückzieher: 1:0 für Cottbus, der erste Heimsieg der Saison, Prasnikar war glücklich - und Fortuna stand die Schamesröte im Gesicht.

3. Kaderfrage: Obwohl Schalke eine Spitzenmannschaft ist, hat die Rutten-Elf noch gegen keinen Klub gewonnen, der derzeit einen einstelligen Tabellenplatz belegt. Angeblich verantwortlich für die Misere ist die spielerisch strukturschwache Region im Zentrum. Denn, so dozierten die Experten nach der 1:2-Niederlage in Leverkusen: Kein Mittelfeld der Liga schießt weniger Tore als das königsblaue. Im Grunde völlig richtig, nur steht erstens im Portfolio von Ernst, Engelaar und Jones nicht "Torjäger" sondern "Kraftsportler". Und zweitens gibt es ja durchaus den einen oder anderen Bundesligastürmer, der etwa den Ball, den Kevin Kuranyi freistehend aus sechs Metern übers Tor semmelte, mit verbundenen Augen versenkt hätte. Es spielt halt nur keiner von denen auf Schalke...

4. Typisch Berlin: "Hey Cicero, pass auf, wir machen das folgendermaßen", sagte Hertha-Stürmer Andrej Voronin vor einem Freistoß aus 18 Metern zu seinem Kollegen: "Du legst mir schön die Kugel quer, und ich hau das Ding dann volle Lotte in den Giebel." Der Brasilianer nickte eifrig: "Logo, Andrej, kannst Dich auf mich verlassen, ich schwör'!" Dann nahm er Voronin den Ball aus den Händen, legte ihn sich zurecht - und hämmerte ihn übers Tor. "Ich nix gut Deutsch", entschuldigte sich Cicero noch händeringend beim gehörnten Ukrainer. Der allerdings schmollte für den Rest der Spielzeit. Selbst der glückliche 2:1-Sieg gegen Hamburg konnte ihn nicht recht versöhnen.

5. Hannover-Hools: Der normale deutsche Fußball-Fan schreit im Stadion "uiiihhh!" oder "buuuhhh!", differenzierte Vertreter brüllen "Schieber! Schieber!", Anhänger von Spitzenmannschaften pfeifen Kevin Kuranyi aus. Ganz bemerkenswerte Sachlichkeit demonstrierten am Freitag aber die Fans von Hannover 96. Beim Stand von 1:1 gegen Bochum wechselte Trainer Dieter Hecking nämlich Mike Hanke ein - und das Stadion grölte in der Tat: "Vier-vier-zwei! Vier-vier-zwei!". Hecking freilich blieb stur, nahm mit Mikael Forssell die bislang einzige Spitze vom Feld und spielte weiter im Vier-zwo-drei-eins.

6. Zero-Tolerance: Dass Robert und Michael Kempter nicht nur Brüder im Stammbaum sondern auch Brüder im Geiste sind, zeigten die beiden deutschen Schiedsrichter-Talente am Freitagabend. Robert, der jüngere der beiden, schickte im Zweitliga-Spiel St. Pauli gegen Ahlen nämlich Rot-Weiss-Trainer Christian Wück nach Seitenlinien-Genöle auf die Tribüne. Bruder Michael schrieb keine drei Stunden später die Familientradition fort und warf Bochums Marcel Koller aus dem Innenraum. Mit freundlichen Grüßen an Rudolph Giuliani...

7. Anarcho-Lutscher: Wie man den Unparteiischen ein Schnippchen schlägt, zeigte dagegen Torsten Frings am Sonntag. Der Bremer wurde gegen Köln im Sechzehner zu Fall gebracht, doch der Schiedsrichter gab keinen Strafstoß, sondern eine schnöde Ecke. "Skandal und Sauerei!", schimpfte Frings, schnappte sich den Ball und stampfte sauertöpfisch Richtung Fahne. Noch während er den Ball zur Ecke feinjustierte, fluchte und bequatschte er den Linienrichter, der das Foul doch hätte sehen müssen. Weil der jedoch nur recht pikiert die Nase rümpfte, war Frings so stinkend sauer, dass er, zur Strafe, den Eckball derart präzise in den Strafraum schlug, dass Naldo dort nur noch den Kopf hinhalten musste. 2:0 für Werder!

8. Halb und Halb: Weil ihn das trostlose Gegurke zwischen Stuttgart und Bielefeld zu langweilen begann, schnappte sich VfB-Torhüter Jens Lehmann Anfang der zweiten Hälfte den Ball, warf ihn Christopher Katongo vor die Füße und sagte: "Hier hast Du die Murmel, jetzt zeig mal, was Du kannst!" Der Arminen-Stürmer nahm die Herausforderung an, marschierte los - und scheiterte. Lehmann parierte bärenstark und kommentierte später: "So im Nachhinein hat das richtig Spaß gemacht, das war ein echter Kick!" Manager Horst Heldt hatte für die Adrenalin-Sucht seines Schlussmanns freilich wenig übrig: "Wenn der reingeht, sind wir die Volldeppen." Mit der Nullnummer, so Heldt weiter zwischen den Zeilen, blieben die Stuttgarter wenigstens nur die Halbdeppen.

9. Schachzüge: Weil Frankfurts Aaron Galindo an seinem Gegenspieler Neven Subotic lieber ein wenig herumzappelte und - zuppelte, anstatt richtig zum Kopfball zu gehen, schoss der Dortmunder nach Eckbällen zwei Tore in den ersten 25 Minuten. "Zappeln und Zuppeln reicht nicht", merkte da Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel und stellte Subotic fortan Marco Russ bei Standards zur Seite - und der bekam die Sache in den Griff. Darauf wiederum reagierte schließlich Dortmunds Chef-Ecken-Schütze Tamas Hajnal und suchte einfach einen neuen Abnehmer für seine Flanken. Er fand ihn in der 69. Minute: Felipe Santana erzielte per Kopf das 4:0. Dessen Gegenspieler hieß übrigens, genau, Aaron Galindo.

10. Ruf mich an: Für sein erregtes Tete-a-Tete mit Schiri Dr. Jochen Drees am 12. Spieltag musste BVB-Coach Jürgen Klopp während der Woche ja nun satte 12.000 Euro berappen. 12.000 Euro! Für ein leidenschaftliches Gespräch, das nicht viel länger dauerte als 30 Sekunden! Kloppo hat daraus gelernt - lammfromm saß er gegen Frankfurt an der Linie. Und Dr. Drees? Der macht jetzt angeblich Werbung. Nach Mitternacht auf DSF...

11. Die Welle: Hoffenheims 3:2-Sieg gegen Wolfsburg bestätigte mal wieder ein Klischee: Erfolg hat eine Eigendynamik, wer oben schwimmt, schwimmt manchmal wie von selbst. Das Tor zum 1:0 nämlich macht nur jemand, der vorher schon 13 Mal getroffen hat. Denn eigentlich machte Vedad Ibisevic so ziemlich alles falsch, was er falsch machen konnte. Erstens stand er knapp im Abseits - der Schiedsrichter ließ weiterlaufen. Zweitens machte er einen völlig sinnlosen Übersteiger, den nicht einmal Ivica Olic hässlicher hingekriegt hätte - der Gegenspieler ließ weiterlaufen. Und drittens traf er den Ball so kläglich, dass sich selbst Kevin Kuranyi dafür geschämt hätte. Doch der Schuss wurde abgefälscht und fiel unhaltbar ins lange Eck...