Der zweite Anzug rebelliert

Von Thomas Gaber
podolski, schlaudraff, hitzfeld
© Imago

München - "Verdammte Sch...", brüllte Jan Schlaudraff. Soeben hatte er im 1-gegen-1 mit Oliver Kahn den Kürzeren gezogen. Doch es sollte Schlaudraffs einzige negative Erfahrung im Training des FC Bayern am Mittwochvormittag bleiben.

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Beim Einstudieren mehrerer Offensivvarianten spielte der ehemalige Aachener neben Miroslav Klose im Sturm, ließ sich oft zurückfallen und bereitete viele Torschüsse der Kollegen mit klugen Pässen vor. Ottmar Hitzfeld lobte Schlaudraff mehrfach deutlich hörbar.

Schlaudraff ist nach sechs Monaten endlich angekommen in München, nicht zuletzt dank seiner beiden Tore beim 3:2-Testspielsieg am Dienstag bei Fortuna Düsseldorf. 

Schlaudraff verdrängt Poldi 

Hitzfeld verzichtete zwar auf einen öffentlichen Ritterschlag ("Seine Leistung war ok"), doch Schlaudraff macht den etablierten Stürmern Klose und Luca Toni mächtig Dampf unterm Hintern.

Der 24-Jährige hat durch eine gute Vorbereitung Lukas Podolski von Stürmerposition drei verdrängt, hohe Ansprüche stellte Schlaudraff aber nicht.

"Luca und Miro haben sich ihre Position erarbeitet. Das hat nichts mit Namen oder Geld zu tun, sondern nur mit Leistung. Die zwei sind gesetzt und das völlig zu Recht. Ich freue mich, dass ich dahinter bin."

Über Podolski, den Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge am Dienstag "nach einem sehr guten Gespräch" (Rummenigge) für unverkäuflich erklärte, will Schlaudraff keine Worte verlieren: "Es steht mir nicht zu, Lukas' Situation zu bewerten."

"War sehr unglücklich" 

Schlaudraff hat genug mit sich selbst zu tun, nach dem ersten Seuchenhalbjahr soll jetzt alles besser werden.

"Es ist sehr wichtig für mich, die gesamte Vorbereitung auf die Rückrunde durchzuziehen. In der Hinrunde war ich sehr unglücklich, weil ich erst mal drei Monate verletzt war. Und am Ende war ich fit, habe aber kaum gespielt. Der Trainer hat nicht viel gewechselt, weil viele Spiele auf der Kippe standen. Ich bin sicher, dass das zweite halbe Jahr bei Bayern sehr viel positiver für mich verlaufen wird."

Unterstützung bekam Schlaudraff von Uli Hoeneß. "Ich bin auf den Manager zugegangen und wollte meine Situation erörtern. Er meinte, ich sollte die ersten Monaten einfach vergessen und mich nicht verrückt machen lassen. Hoeneß sagte, für mich gehe die Saison erst im Winter los."

Derby wohl ohne Podolski 

Am kommenden Samstag hat Schlaudraff die nächste Chance, sich für die erste Elf zu empfehlen. Um 15.30 Uhr wird das Derby gegen 1860 München angepfiffen und Hitzfeld kündigte bereits an, rotieren zu lassen. "Ich werde sicherlich wechseln, weil wir Dienstag im Pokal in Wuppertal und Freitag in Rostock zwei Pflichtspiele haben", so der Coach.

Für Podolski kommt das Derby wohl noch zu früh. Am Mittwoch konnte er wegen Rückenproblemen erneut nicht trainieren.

Immerhin bekommt Poldi aufmunternde Worte von höchster Stelle. "Der Konkurrenzkampf mit Klose und Toni macht ihn reifer. Er darf nicht aufgeben, sondern muss sich da durchbeißen. Für seine persönliche Entwicklung ist Bayern besser", sagte der Kaiser der "Bild"-Zeitung.

Löw: "Lukas soll bleiben"

Auch Bundestrainer Joachim Löw sprach sich für Poldis Verbleib in München aus. "Es war immer unsere Meinung beim DFB: Lukas will und soll bleiben. Er soll sich durchsetzen", sagte Löw der Münchner "AZ".

Eine Einsatzgarantie bei der EM 2008 wollte Löw Podolski nicht versprechen. "Er weiß aber, dass wir auf ihn zählen, wenn seine Einstellung weiter stimmt und er Teileinsätze hat", so Löw.

Dafür muss Podolski aber nicht nur an Klose und Toni vorbei, sondern seit Neuestem auch an Jan Schlaudraff.

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