Gewalt im Fußball wirft viele Fragen auf

SID
Immer öfter eskaliert die Lage in Deutschlands Stadien - hier Dynamo-Anhänger in Dortmund
© Getty

Eine differenzierte, versachlichte Diskussion in puncto Gewalt im Fußball - dies war der gemeinsame Nenner, auf den sich Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der Deutschen Fußball Liga (DFL), von Dynamo Dresden und Eintracht Frankfurt, Polizei sowie Fanorganisationen bei einer öffentlichen Sitzung des Sportausschusses in Berlin einigten.

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Laut der Sportausschuss-Vorsitzenden Dagmar Freitag sollte durch die Anhörung am Mittwoch zum Thema "Gewalt in und um Fußballstadien" der Dialog unter den verschiedenen Parteien gefördert werden, wobei die Lösungsansätze durchaus divergierten.

Während Vertreter des DFB und der DFL die vorhandenen Sicherheitsstrukturen lobten, sprach Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) von einem "definitiven Problem mit abweichendem Verhalten rund um Fußballspiele", für das man die richtigen Antworten finden müsse.

Zuvor hatte der stellvertretende Vorsitzende der DFL, Holger Hieronymus, erklärt, dass man in Deutschland "sehr gut aufgestellt" sei. Auch der DFB-Sicherheitsbeauftragte Henrik Große Lefert pries die Sicherheitsstrukturen als "sehr, sehr gut" an.

Thema hat seine Aktualität bewahrt

Mit der Ansetzung der Sitzung hatten die Fraktionen des Deutschen Bundestages im Dezember vergangenen Jahres, wenn man so will, ein gutes Händchen bewiesen. In der zweiten Fußball-Bundesliga war es am vergangenen Wochenende gleich am ersten Spieltag nach der Winterpause zu Ausschreitungen gekommen.

Am Rande des Spiels zwischen dem VfL Bochum und Hansa Rostock (2:1) wurden am Sonntag 42 Personen nach Krawallen leicht verletzt und 19 in Gewahrsam genommen. Auch bei der Begegnung zwischen Eintracht Frankfurt und Eintracht Braunschweig (2:1) hatte es nach Auseinandersetzungen rivalisierender Fangruppen zwei verletzte Personen und drei Festnahmen gegeben. Das Thema hatte also seine Aktualität über die Winterpause bewahrt.

Gabriel gab bei der Diskussion am Mittwoch zu Bedenken, dass man die Statistiken zu Gewalttaten im Fußball immer vor dem Hintergrund der insgesamt 17,5 Millionen Besucher der ersten und zweiten Bundesliga über eine Saison sehen müsse. "So verliert das Ganze doch etwas an Schrecken".

Bruchhagen: Chance liegt in der "permanenten Kommunikation"

Wichtig sei, dass man Fußball als Volkssport erhalte, ergänzte er. Die Einführung von Gesichtsscannern oder die Abschaffung von Stehplätzen wären dem nicht zuträglich. Zudem würde die repressive Bekämpfung der Problematik letztlich dazu führen, dass die "differenzierte Fanszene" sich zusammenschließt.

Heribert Bruchhagen warnte vor einer Jugendkultur, die es "in dieser Form noch nicht gegeben hat". Die Unterprimaner am Gymnasium in Frankfurt beispielsweise würden höchstes Ansehen genießen, "wenn sie von Eintracht Frankfurt ein Stadionverbot bekommen", sagte der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt. Er sehe die einzige Chance "in der permanenten Kommunikation". "Drastische Maßnahmen imponieren nicht", erklärte er weiter.

Doch genau an diesem Punkt gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die jüngsten Ausschreitungen waren auch Wasser auf die Mühlen derer, die Gewalt im Fußball mit repressiven Mitteln bekämpfen wollen.

Nein zu Alkohol und Pyrotechnik

So hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schon vor der öffentlichen Anhörung einen Pressemitteilung verschickt, in welcher ihr Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut die "dauerhafte Isolierung von Gewalttätern vom Fußball" forderte. Auch am späten Mittwochnachmittag untermauerte er nochmals diese Auffassung.

Zudem sprach sich Witthaut darin für einen "Alkoholbann im Öffentlichen Nahverkehr" aus. Das klare Nein des DFB zum Abbrennen von Pyrotechnik "begrüßte" er. Noch in November vergangenen Jahres war der Grundtenor bei einem Runden Tisches zur selben Thematik ein klein wenig moderater ausgefallen. "Der Dialog mit den Fans" wurde als Schlüsselfaktor zur Lösung der Problematik herausgestellt.

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