Sportstadt Leipzig nur noch "Spottstadt"

SID
Fußball, Leipzig, Zentralstadion
© Getty

Die einstige Sportstadt Leipzig entwickelt sich immer mehr zur "Spottstadt", im vor sechs Jahren noch zum deutschen Olympiabewerber gekürten DFB-Gründungsort gehen gerade Stück für Stück die Lichter aus.

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Nach dem Eishockey-Klub Blue Lions und dem als Regionalligisten höchstklassigen Fußballverein FC Sachsen muss in den nächsten Tagen auch Volleyball-Bundesligist VC Leipzig beim Amtsgericht Insolvenz anmelden.

Oberbürgermeister Burkhard Jung, der einst als kommunaler Olympiabeauftragter mit den Mächtigen des Weltsports tafelte und die Sommerspiele 2012 nach Sachsen holen wollte, wiegelt beim Thema Sport nur noch ab und setzt auf Kunst und Kultur.

Statt 30 nur zwei Millionen Euro

Für Frust bei der Basis in der 500.000-Einwohner-Stadt sorgt nun auch noch, dass aus dem Konjunkturpaket II anstelle der erhofften 30 Millionen Euro nur zwei Millionen Euro in den Sport fließen. Leipzig insgesamt stehen 79,5 Millionen Euro zur Verfügung.

"'Die Verteilung der Summen aus dem Konjunkturpaket ist unglaublich und zeigt, wie der Sport in Leipzig inzwischen bewertet wird", sagte Stadtsportbund-Präsident Uwe Gasch. Der frühere Weltklasse-Ruderer schimpft: "77.500 Mitglieder treiben in der Stadt organisiert Sport. Was für die Verbesserung ihrer Bedingungen übrig bleibt, spottet jeder Beschreibung."

Kaum hochkarätige Sportevents

Die Bestandsaufnahme fällt aber nicht nur angesichts maroder Sportanlagen traurig aus. Das für die Fußball-WM 2006 sanierte Zentralstadion und die moderne Arena, mit Steuer-Millionen erbaut, werden - wenn überhaupt - nur durch Konzerte gefüllt. Hochkarätige Sportveranstaltungen sind die Ausnahme, die Stadt bemüht sich kaum um attraktive Events.

Sportbürgermeister Heiko Rosenthal fühlt sich nicht als "Macher" und setzt entsprechend wenig Akzente. Selbst beim jüngsten Besuch einer hochrangigen DFB-Delegation in Vorbereitung des WM-Qualifikationsspiels gegen Liechtenstein am 28. März schickte er nur einen Vertreter.

Mangelnder HIlfe der Kommunen

Die "Spitzen"-Vereine mahnen immer wieder vergeblich die Hilfe der Kommune als Türöffner bei Sponsoren an. Unterm Strich bleibt ein FC Sachsen, den bis zum Saisonende 700.000 Euro kurzfristige Verbindlichkeiten drücken. Momentan betragen die Gesamtschulden 2,1 Millionen Euro. Die Verantwortlichen hoffen, bei der zweiten Insolvenz nach 2001 um die Liquidation herumzukommen.

Ein Neuanfang in der Oberliga wäre dann nach dem Zwangsabstieg möglich. In jener fünften Liga wartet bereits der nach zwei Pleiten als VfB Leipzig (erster deutscher Fußball-Meister) aus dem Vereinsregister gelöschte Ortsrivale 1. FC Lok. Beide Vereine werden in der kommenden Saison nur im Ausnahmefall in der Investruine des Michael Kölmel spielen.

Bei Volleyballern drückt der Schuh

Die Volleyballer beantragen für die kommende Saison gar nicht erst die Erstliga-Lizenz. Rund 250.000 Euro Altverbindlichkeiten drücken, rund 150.000 Euro sollen zudem kurzfristig fehlen. Der Gang zum Amtsgericht steht bevor, möglicherweise kann der Verein nicht einmal diese Spielzeit ordnungsgemäß beenden.

Die Stadt der Weltmeister von 1970 wäre so künftig nicht einmal mehr zweitklassig. Während die Handballerinnen des HC Leipzig als "letzter Mohikaner" wenigstens national in der Spitze mitmischen, scheint die Wiederbelebung der großen Tradition bei den Männern zum Scheitern verurteilt.

Der SC DHfK, Europapokalsieger der Landesmeister von 1966, kämpft in der Regionalliga um den Klassenerhalt.